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L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des MM in S, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. November 1992, Zl. I-2-12/1992, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. G in B, 2. Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:
Der Erstmitbeteiligte hat bei der gleichfalls mitbeteiligten Gemeinde mit Eingabe vom 10. Februar 1992 die Erteilung der Baubewilligung für die Aufstockung des Hauses Nr. n/1 auf der GP nn/1, KG X beantragt. Über dieses Ansuchen fand am 9. März 1992 eine mündliche Verhandlung statt, an der auch der Beschwerdeführer als Anrainer teilgenommen hat. Hinsichtlich des Beschwerdeführers wurde in der Niederschrift festgehalten, und im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegeben: "Der Anrainer MM verlangt ein ortsbildliches Gutachten wegen der Kreuzgiebel." Unter Punkt 5 der Niederschrift (Erklärungen der Beteiligten) findet sich die Bemerkung: "MM - er lehnt das Bauvorhaben ab."
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. April 1992 wurde dem Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt. Gleichzeitig wurde ihm gemäß § 6 Abs. 9 des Vorarlberger Baugesetzes die Ausnahme von den gesetzlichen Abständen gegenüber den im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstückes erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unzulässig zurückgewiesen. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung gab die Berufungskommission der Gemeinde X mit Bescheid vom 20. August 1992 keine Folge. Die Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 12. November 1992 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, aus dem im Bescheid zitierten, niederschriftlich festgehaltenen Vorbringen des Beschwerdeführers anläßlich der mündlichen Verhandlung lasse sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen sich der Nachbar gegen das Bauvorhaben des Bauwerbers wende. Bestenfalls könne geschlossen werden, daß er aus Gründen des Ortsbildschutzes gegen das Projekt sei. Diesbezüglich würde es sich aber um eine unzulässige Einwendung handeln, da hinsichtlich des Ortsbildschutzes dem Nachbarn kein subjketiv-öffentliches Recht zustehe. Das über das Vorbringen bei der Bauverhandlung hinausgehende Vorbringen in der Berufung bzw. in der Vorstellung sei von der Präklusionswirkung des § 42 AVG erfaßt und könne daher von der Vorstellungsbehörde nicht berücksichtigt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die im angeführten Bescheid wiedergegebene Erklärung während der mündlichen Verhandlung vom 9. März 1992 abgegeben zu haben, er erklärt auch nicht, weitere Einwendungen erhoben zu haben. Er behauptet auch nicht einmal, nicht unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG zur mündlichen Bauverhandlung vom 9. März 1992 geladen worden zu sein. Das Beschwerdevorbringen läßt sich vielmehr dahingehend zusammenfassen, daß der Beschwerdeführer, der in der Bauverhandlung nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, in der Bauverhandlung über keinerlei Kenntnisse bezüglich der Erhebung von Einwendungen gegen das Bauvorhaben verfügte, es hätte ihn daher der Verhandlungsleiter infolge seiner Manuduktionspflicht über die ihm zustehenden subjektiven Rechte und diesbezüglichen Einwendungen informieren und belehren müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. NF Nr. 10.317/A, ausgesprochen, daß die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie es für den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch ist, auf jenen Themenkreis eingeschränkt ist, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist. Sowohl die Berufungsbehörde als auch die Aufsichtsbehörde sowie die Gerichtshöhe des öffentlichen Rechts sind durch eine gemäß § 42 AVG eingetretene Präklusion auf die Prüfung rechtzeitig erhobener Einwendungen beschränkt. Daß er nicht gemäß § 42 AVG unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen zur Verhandlung vom 9. März 1992 geladen worden sei, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Es ist daher davon auszugehen, daß die Überprüfungsbefugnis der Gemeindeaufsichtsbehörde auf jenen Themenkreis eingeschränkt war, den der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen während der Bauverhandlung vom 9. März 1992 umschrieben hat. Dieses Vorbringen läßt jedoch, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, abgesehen von Belangen des Ortsbildes, in welchen einem Nachbarn jedoch kein Mitspracherecht zusteht, nicht erkennen, in welchem subjektiv-öffentlichen Recht sich der Beschwerdeführer durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtete. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seinen Erkenntnissen vom 11. November 1974, Slg. NF Nr. 8.700/A, sowie vom 23. April 1991, Zlen. 91/05/0060, AW 91/05/0015, ausgeführt, daß eine Einwendung im Sinne des Gesetzes nur dann vorliegt, wenn aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen ist, in welchem Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet. Da die Erklärung des Beschwerdeführers während der Verhandlung vom 9. März 1992 nicht einmal andeutungsweise die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers erkennen ließ, hat schon zu Recht die Berufungskommission der Gemeinde X mit Bescheid vom 20. August 1992 der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers geht auch die Anleitungspflicht nach § 13a AVG nicht soweit, daß eine Person, die unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG zu einer mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen worden ist, vom Verhandlungsleiter ausdrücklich zur Erhebung von Einwendungen und deren inhaltlicher Ausgestaltung angeleitet werden müßte (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Oktober 1987, Zl. 87/06/0025, BauSlg. Nr. 984, sowie vom 27. November 1990, Zl. 90/05/0122). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage hat die Gemeindeaufsichtsbehörde zu Recht der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Damit ist der Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992060271.X00Im RIS seit
03.05.2001