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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §367 Z60;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des M in T, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 17. Februar 1992, Zl. Gew-1711/2/91, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.050,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 15. Oktober 1991 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Sie haben als der gemäß § 9 VStG 1950 nach außen verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführer der X-Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in L, Herrn P beauftragt, Glückwunschkarten zum Preis von S 198,--/10 Stück-Packung von Haus zu Haus zum Kauf anzubieten, wobei diese Person am 9.4.1990 gegen 11.30 Uhr im Wohnhaus A 446 betreten wurde und war Herr P nicht im Besitz einer entsprechenden behördlichen Gewerbeberechtigung.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 367 Zf. 60 GewO 1973 i.d.g.F."
Hiefür wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 367 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden) verhängt.
Über eine dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers sprach der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom 17. Februar 1992 dahin ab, daß dieser keine Folge gegeben und das erstbehördliche Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) bestätigt werde. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, im vorliegenden Fall sei - wie von der Behörde erster Instanz bereits ausgeführt - unbestritten geblieben, daß P zu dem im Spruch genannten Zeitpunkt Glückwunschkarten zum Verkauf angeboten habe. Auf Grund der gendarmeriedienstlichen Einvernahme des Genannten im Zusammenhalt mit der im Akt erliegenden Ablichtung des Ausweises, aus dem hervorgehe, daß er für die Firma X tätig gewesen sei, handle es sich bei der Verantwortung des Beschwerdeführers, daß der genannte Werber nicht im Auftrag der X tätig gewesen sei, um eine Schutzbehauptung. Daraus ergebe sich, daß die Voraussetzungen für eine Bestrafung des Beschwerdeführers gemäß § 367 Z. 60 GewO 1973 vorlägen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 15. Juni 1992, B 508/92-3, nach Ablehnung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden.
Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche nicht den Voraussetzungen des § 44a Z. 1 VStG. So fehle insbesondere eine Anführung der von der Behörde ins Auge gefaßten Tatzeit hinsichtlich der Veranlassung (Beauftragung des P), was aber im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 367 Z. 60 GewO 1973 erforderlich gewesen wäre. Im Hinblick darauf liege aber auch eine geeignete Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG nicht vor, da insbesondere aus dem gesamten Inhalt der Verwaltungsakten keine Angabe über den Zeitpunkt der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Veranlassung des P hervorgehe.
Die Beschwerde ist berechtigt.
Gemäß § 367 Z. 60 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung - die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist -, wer ohne sein Verhalten durch triftige Gründe rechtfertigen zu können, sich durch einen anderen eine Tätigkeit besorgen läßt oder einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt, obwohl er wissen mußte, daß der andere durch die Ausübung dieser Tätigkeit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 oder 2 begeht, oder dies nach seinem Beruf oder seiner Beschäftigung bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit wissen konnte, und zwar auch dann, wenn der andere nicht strafbar ist.
Im § 367 Z. 60 GewO 1973 wird das Tatverhalten durch zwei Alternativtatbestände umschrieben, von denen der eine darauf abstellt, daß "sich" eine Person "durch einen anderen eine Tätigkeit besorgen läßt", während die andere Tatbestandsalternative darauf abstellt, daß eine Person "einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt". Hiebei handelt es sich beim zweiten Tatbestand "... einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt ...", um eine lex specialis zur entsprechenden Bestimmung des § 7 VStG 1950 (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1992, Zl. 91/04/0258, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).
Nach § 44a Z. 1 VStG hat ein Schuldspruch "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten. Im Hinblick auf diese Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß nicht nur die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht, sondern daß insbesondere auch die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Es sind somit entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A).
In dem - nach dem Abspruch des angefochtenen Bescheides - zur Gänze übernommenen Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer nach dem objektiv zu beurteilenden Wortlaut inhaltlich vorgeworfen, P beauftragt zu haben, Glückwunschkarten von Haus zu Haus zum Verkauf anzubieten, wobei dieser "am 9.4.1990 gegen 11.30 Uhr im Wohnhaus A 466 betreten" worden sei, und ohne daß dieser im Besitz "einer entsprechenden behördlichen Gewerbeberechtigung" gewesen sei.
Ausgehend davon enthält aber der Spruch des hier in Rede stehenden Straferkenntnisses - abgesehen vom Fehlen weiterer, die Zuordnung des Tatverhaltens zum vorbezeichneten Straftatbestand ermöglichenden Tatumstände im Sinne des letzten Halbsatzes des § 367 Z. 60 GewO 1973 sowie der näheren Bezeichnung der dem P vorgeworfenen unberechtigten Gewerbeausübung - im Sinne des Beschwerdevorbringens keine Bezeichnung des für die Auftragserteilung durch den Beschwerdeführer in Betracht kommenden Tatzeitpunktes. Auf diesen - und nicht aber etwa, wie die belangte Behörde in ihren Ausführungen in der Gegenschrift vermeint, auf den der bezeichneten Handlungsweise des P - wäre aber auf Grund der Tatbestandsmerkmale des hier in Rede stehenden Straftatbestandes abzustellen gewesen.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon im Hinblick darauf mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher - ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurft hätte - schon im Hinblick darauf gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft einen durch die Aktenlage nicht gedeckten, vom Beschwerdeführer angesprochenen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatzeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992040195.X00Im RIS seit
20.11.2000