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L82306 Abwasser Kanalisation Steiermark;Norm
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde der J in G, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 9. Oktober 1992, Zl. 03-12 Zi 23-92/1, betreffend Kanalanschlußverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Beschwerdevorbringen in Verbindung mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin betreibt seit vielen Jahren einen 8,55 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb mit Nutzviehhaltung. Seit jeher werden die Hausabwässer und die tierischen Stallabwässer aus dem an das Wohnhaus angebauten Stall in eine gemeinsame Sammelgrube mit ca. 40 m3 Nutzinhalt geleitet und die vermischten Abwässer auf den eigenen landwirtschaftlich genutzten Flächen zu deren Düngung aufgebracht.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligte Gemeinde vom 7. Oktober 1991 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 1 des Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79 verpflichtet, die Schmutzwässer des Bauwerkes auf der Liegenschaft nn/1, KG X, bis 31. Juli 1992 über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten. Zur Begründung wurde ausgeführt, die im Trennsystem errichtete Kanalisiationsanlage der mitbeteiligten Gemeinde, die mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. September 1986 wasserrechtlich bewilligt sei, sei seit Dezember 1988 in Betrieb. Das im Eigentum der Beschwerdeführerin stehende Wohnobjekt liege im Anschlußbereich. Am 3. September 1991 sei eine Verhandlung an Ort und Stelle unter Beiziehung eines ärztlichen und eines technischen Sachverständigen durchgeführt worden. In dieser Verhandlung habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, daß in dem alten Haus eine Verlegung der Leitungen in Richtung Kanal kaum möglich sei, da im Keller das Gewölbe zu durchbrechen sei und sowieso kaum Waschmittel verwendet würden. Es seien die Feststellungen getroffen worden, daß das Wohnobjekt nn/1 derzeit von acht Personen bewohnt werde. Dieses Wohnobjekt sei u. a. mit Dusche, WC und Waschmaschine ausgestattet. Es würden Waschmittel, Reinigungsmittel, Geschirrspülmittel im üblichen Ausmaß verwendet, wobei laut Angabe der Beschwerdeführerin schadstoffarme Waschmittel bevorzugt eingesetzt würden. Da Tenside enthaltende Mittel auch im Haushalt des Hauses nn/1 verwendet würden, sei eine Kontamination der Schmutzwässer nicht auszuschließen, auch wenn schadstoffarme Haushaltsmittel Verwendung fänden. Eine Aufbringung von häuslichen Schmutzwässern auf landwirtschaftlichen Flächen sei keinesfalls als die übliche land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung anzusehen und widerspreche den Intentionen des steiermärkischen Grundwasserschutzprogrammes und des steiermärkischen landwirtschaftlichen Bodenschutzgesetzes und sei daher im öffentlichen Interesse abzulehnen. Eine gemeinsame Aufbringung von Schmutz- und Stallabwässern auf landwirtschaftlichen Flächen könne aus umwelttechnischer Sicht nicht positiv begutachtet werden. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergebe sich in schlüssiger Weise, daß eine Entsorgung häuslicher Abwässer bei gemeinsamer Sammlung mit Stallabwässern und Aufbringung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht als eine den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechende Vorgangsweise einzustufen sei. Bei entsprechender Sorgfalt und fachgerechter Ausführung sei die Leitungsverlegung im Kellergewölbe technisch durchführbar. Eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 könne daher im öffentlichen Interesse nicht gewährt werden.
Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 23. April 1992 abgewiesen. Begründet wurde dies damit, daß die von der Beschwerdeführerin angegebenen bautechnischen Gründe keinen Ausnahmetatbestand nach § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes darstellen würden. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Vorstellung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 9. Oktober 1992 abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen ausgeführt, daß unbestritten sei, daß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 des Kanalgesetzes 1988 über den grundsätzlichen Anschlußzwang hinsichtlich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin zutreffen (Hundertmeterbereich). Es sei daher lediglich zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand gegeben sei. Schwierigkeiten bautechnischer Art beim Anschluß an den öffentlichen Kanal, beispielsweise bedingt durch altes Mauerwerk, stellten aber keinen Ausnahmetatbestand gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes dar. Zu den Ausführungen in der Beschwerde, wonach die Schmutzwässer als Dünger auf den landwirtschaftlichen Betriebsflächen aufgebracht werden könnten, sei festzustellen, daß eine Aufbringung von häuslichen Schmutzabwässern keinesfalls als übliche land- und forstwirtschafliche Bodennutzung anzusehen sei und dies auch den Intentionen des steiermärkischen Grundwasserschutzprogrammes und dem steiermärkischen landwirtschaftlichen Bodenschutzgesetz widerspreche. Nach dem Kanalgesetz 1988 komme es darauf an, ob die anderen Schmutzwässer in einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Weise vom Grundstückseigentümer abgeleitet oder sonst entsorgt werden könnten. Diesbezüglich müsse ein Nachweis vom Grundstückseigentümer vorgelegt werden. Ein derartiger Nachweis sei aber von der Beschwerdeführerin nicht erbracht worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach dem Beschwerdevorbringen ist unbestritten, daß die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 des Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79, über den grundsätzlichen Anschlußzwang hinsichtlich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin gegeben ist (Hundertmeterbereich). Die Gemeindebehörden und damit auch die Vorstellungsbehörde hatten daher lediglich zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand vorliegt.
Während § 5 des steiermärkischen Kanalgesetzes 1955, LGBl. Nr. 70, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 165/1968, nach seinem Abs. 4 noch Ausnahmen von der Anschlußverpflichtung bei Schmutzwässern vorsah, wenn diese nachweisbar zu Dungzwecken benötigt wurden, ist diese, ausdrücklich Dungzwecke betreffende Ausnahmebestimmung im § 4 des Kanalgesetzes 1988 nicht mehr vorgesehen. Vielmehr ist in Abs. 5 eine allgemeine Ausnahmebestimmung für den Fall der schadlosen Entsorgung der Abwässer normiert. Aus dem Fehlen einer Ausnahmebestimmung des Kanalgesetzes 1955 im nunmehr anzuwendenden Kanalgesetz 1988 ist die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, nicht grundsätzlich schon deshalb eine Ausnahme von der Einleitungsverpflichtung zuzulassen, weil Schmutzwässer nachweisbar zu Düngezwecken benötigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. April 1992, Zl. 92/06/0046).
Gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber.
Die Beschwerdeführerin hat nicht behauptet, während des Verwaltungsverfahrens den gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 von ihr zu erbringenden Nachweis der schadlosen Entsorgung der Abwässer erbracht zu haben. Sie hat jedoch ausgeführt, beim Verfahren vor den Verwaltungsbehörden nicht rechtsfreundlich vertreten gewesen zu sein, die Gemeindebehörde hätten es aber unterlassen, bei der Verhandlung oder vor Erlassung ihrer Bescheide die rechtsunkundige, ältliche Beschwerdeführerin zur Beibringung von (weiteren) Beweisen konkret anzuleiten, obwohl nach § 13a AVG eine Anleitungspflicht der Behörde, insbesondere hinsichtlich nicht rechtsfreundlich vertretener Parteien, bestehe. Die Behörden hätten insbesondere deshalb ihrer Anleitungspflicht nachkommen müssen, als ja die Beschwerdeführerin sich von allem Anfang an auf das Vorliegen des § 4 Abs. 5 des steiermärkischen Kanalgesetzes berufen habe und ihr die Beweislast dafür gesetzlich obliege. Wäre die Behörde aber ihrer Anleitungspflicht betreffend die Beibringung entsprechender Beweise nachgekommen, hätte die Beschwerdeführerin - zumal sie ja über eine positive Expertise einer fachkundigen Persönlichkeit verfüge - diese als fachkundigen Zeugen oder Sachverständigen im Verfahren namhaft machen können, oder dessen schriftliche Expertise vorlegen können. Zum Beweis für dieses Vorbringen wurde gleichzeitig mit der Beschwerde eine fachliche Stellungnahme des Prof. Ing. A vom 26. Oktober 1988 vorgelegt, in der der Verfasser die Ansicht vertritt, daß in landwirtschaftlichen Betrieben prinzipiell die Ausbringung der im Betrieb anfallenden häuslichen Abwässer möglich sein solle, wenn die vorhandenen Gruben dicht sind und der vorhandene Grubenraum ausreiche, die Ausbringung während der Wachstumszeit der Pflanzen zu gewährleisten, soweit keine hygienischen Bedenken gegeben seien und nicht die Gewinnung eines einwandfreien Trinkwassers durch diese Maßnahme gefährdet sei und zwar auch dann, wenn ein Landwirtschaftsbetrieb viehlos oder vieharm bewirtschaftet werde.
Es kann nun dahingestellt bleiben, ob die Gemeindebehörden ihre aus § 13a AVG erfließende Manuduktionspflicht gegenüber der Beschwerdeführerin verletzt haben, weil auch die von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerde vorgelegte Stellungnahme des Prof. Ing. A vom 26. Oktober 1988 nicht als ein gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 vom Beschwerdeführer zu erbringender Nachweis der schadlosen Entsorgung der Abwässer anzusehen ist. Die vorgelegte Stellungnahme ist eine allgemein gehaltene Ansicht des Verfassers, die nichts darüber aussagt, ob die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Anschlußverpflichtung im konkreten Beschwerdefall gegeben sind. Sie enthält weder Ausführungen dahingehend, ob ein Fassungsraum der für Stall- und häusliche Abwässer gemeinsamen Senkgrube von nur 40 m3 ausreicht, um die Ausbringung nur während der Wachstumszeit zu gewährleisten, noch Ausführungen betreffend die Dichtheit der Senkgrube und die Situation der Trinkwassergewinnung. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem zitierten Erkenntnis vom 9. April 1992, Zl. 92/06/0046, ausgeführt, daß aufgrund des Umstandes, daß häusliche Abwässer zumeist Tenside und Haushaltschemikalien enthalten, die Aufbringung häuslicher Abwässer gemeinsam mit den anfallenden Stallabäwssern auf landwirtschaftlichen Betriebsflächen, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, nicht den im § 5 Abs. 4 des Kanalgesetzes 1988 normierten Kriterien entspreche. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Daß auch Waschmittel verwendet - wenn auch schadstoffarme - und diese ohne Vorliegen z.B. eines Seifenabscheiders in die gemeinsame Senkgrube geleitet und somit ausgebracht werden, hat die Beschwerdeführerin auch in ihrer Beschwerde noch dargelegt.
Wenn sich die Beschwerdeführerin auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 1992, Zlen. 91/06/0230, AW 91/06/0069, beruft, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, daß mangels Vorliegens eines Gutachtens im Verwaltungsakt nicht ausgeschlossen werden könne, daß darin auf die konkrete Situation der Abwasserentsorgung der (damaligen) Beschwerdeführer eingegangen wurde, und dieses Gutachten als der vom Gesetz geforderte Nachweis der schadlosen Entsorgung der Abwässer angesehen werden könnte, so ist damit für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Im damaligen Beschwerdefall konnte nur mangels Anschlusses dieses Gutachtens im vorgelegten Verwaltungsakt nicht ausgeschlossen werden, daß in dem schon während des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Gutachten auf die konkrete Situation der Abwasserentsorgung Bedacht genommen wurde. Im gegenständlichen Beschwerdefall geht aber aus dem vorgelegten Gutachten hervor, daß darin nicht die konkrete Situation der Abwasserentsorgung der Objekte der Beschwerdeführerin behandelt wurde. Das von der Beschwerdeführerin weiters zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1989, Zl. 88/05/0233, war schon deshalb nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, weil sich dieses Erkenntnis auf das burgenländische Kanalanschlußgesetz LGBl. Nr. 8/1967, bezog, das nicht einmal eine dem § 4 Abs. 5 des (steiermärkischen) Kanalgesetzes 1988 wortgleiche Bestimmung enthält.
Da sich bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, daß Rechte der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992060256.X00Im RIS seit
20.11.2000