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L78004 Elektrizität Oberösterreich;Norm
AVG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Marktgemeinde Lambach, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. Mai 1992, Zl. EnRo-1210/104-1992/Ach/Sch, betreffend die Erteilung der energiewirtschaftlichen Bewilligung für die Errichtung eines Wasserkraftwerkes (mitbeteiligte Partei:
Oberösterreichische Kraftwerke AG in Linz, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.782,50 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 20. Mai 1992 wurde der mitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Berufung auf die §§ 21 ff. des
O.ö. Elektrizitätsgesetzes, LGBl. Nr. 41/1982, unter Vorschreibung von Auflagen die energiewirtschaftliche Bewilligung zur Errichtung des Wasserkraftwerkes Lambach an der Traun bei Flußkilometer 45,530 mit einer Nennleistung von 13,7 MW erteilt.
In der Begründung dieses Bescheides wurde darauf hingewiesen, daß sich die beschwerdeführende Gemeinde nicht gegen das Kraftwerk, sondern den Schwellbetrieb und auch gegen einen probeweisen Schwellbetrieb aus Gründen der Geruchsbelästigung und Verschmutzung von Uferböschungen ausgesprochen und vorgeschlagen habe, den Schwellbetrieb erst nach der Inbetriebsetzung dieses Kraftwerkes zu bewilligen.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des O.ö. Elektrizitätsgesetzes haben nachstehenden Wortlaut:
"§ 22
Bewilligungspflicht;
Anzeigepflicht
(1) Die Errichtung, die Erweiterung und die wesentliche Änderung einer Stromerzeugungsanlage bedarf, soweit im Abs. 3 nichts anderes bestimmt ist, unabhängig von Bewilligungen und Genehmigungen, die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich sind, einer elektrizitätswirtschaftlichen Bewilligung.
.....
§ 24
Verfahren
(1) Entspricht das Ansuchen den Voraussetzungen des § 23, so hat die Landesregierung eine mündliche Verhandlung gemäß §§ 40 ff AVG. 1950 durchzuführen. Der Verhandlung sind insbesondere auch die Nachbarn (§ 25 Abs. 1) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG. 1950) und in den benachbarten Häusern beizuziehen; die Eigentümer dieser Häuser haben derartige Anschläge zu dulden. Der Landesregierung bekannt gewordene Nachbarn sind persönlich zu laden.
(2) Im Verfahren über ein Ansuchen um die Erteilung der elektrizitätswirtschaftlichen Bewilligung haben neben dem Bewilligungswerber, dem Grundeigentümer und den Eigentümern und dinglich Berechtigten der Anlagen und Grundstücke, die für die Anlage (das Vorhaben) in Anspruch genommen werden, jene Nachbarn Parteistellung, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen gegen die Errichtung, Erweiterung oder wesentliche Änderung der Anlage erheben. Ferner kommt dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das eine Konzession zur unmittelbaren Versorgung des Gebietes besitzt, in dem die Stromerzeugungsanlage errichtet, erweitert oder wesentlich geändert werden soll, sowie der Oberösterreichischen Kraftwerke AG (OKA) als Landesgesellschaft Parteistellung im Verfahren zu.
(3) Vor der Erteilung der elektrizitätswirtschaftlichen Bewilligung ist eine Abstimmung mit anderen geplanten oder bereits bewilligten Energieversorgungseinrichtungen sowie mit den Erfordernissen der Landeskultur und des Umweltschutzes, des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der örtlichen und überörtlichen Raumordnung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes, des Bergbaues, des öffentlichen Verkehrs, des Fremdenverkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Luftraumes und des Arbeitnehmerschutzes anzustreben. Die zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden bzw. Dienststellen und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind, soweit sie betroffen werden, im Ermittlungsverfahren zu hören.
(4) Vor der Erteilung der elektrizitätswirtschaftlichen Bewilligung sind ferner zu hören
a)
die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich,
b)
die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich,
c)
die Landwirtschaftskammer für Oberösterreich,
d)
die Landarbeiterkammer für Oberösterreich,
e)
die Gemeinden, in denen sich der Standort der Anlage befindet oder auf deren Gebiet mit von der Anlage ausgehenden Immissionen zu rechnen ist.
§ 25
Nachbarrecht
(1) Nachbarn im Sinne dieses Gesetzes sind alle Personen, die wegen ihres räumlichen Naheverhältnisses durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb der Anlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte auf Grund dieses Naheverhältnisses gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich nur vorübergehend in der Nähe der Anlage aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch auch die Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden (wie Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten, Heimen und Schulen), auf bzw. in denen sich regelmäßig Personen aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen. Ein räumliches Naheverhältnis ist höchstens bis zu einer Entfernung von 500 m vom äußersten Rand der zur Stromerzeugungsanlage gehörenden baulichen Anlagen im Kraftwerksbereich anzunehmen.
(2) Die Nachbarn haben das Recht, insoferne Einwendungen gegen das Vorhaben zu erheben, als sie sich in ihren subjektiven Rechten durch Beeinträchtigungen im Kraftwerksbereich im Sinne des § 26 Abs. 2 lit. e als verletzt erachten.
.....
(4) Wird die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet, das im öffentlichen Recht begründet ist, so hat die Landesregierung über diese Einwendungen abzusprechen, indem sie nach den jeweiligen Ergebnissen des Verfahrens die Einwendungen als unbegründet abweist oder die Bewilligung unter Bedingungen oder Auflagen erteilt oder die Bewilligung versagt.
.....
§ 26
Bewilligung
(1) Die Landesregierung hat über ein Ansuchen um die Erteilung der elektrizitätswirtschaftlichen Bewilligung mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden.
(2) Die elektrizitätswirtschaftliche Bewilligung ist zu erteilen, wenn
....
e) das Vorhaben so ausgeführt werden kann, daß von der Anlage keine Emissionen (wie Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen, Lichteinwirkungen, Wärme oder Schwingungen) ausgehen, durch die das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder deren Eigentum gefährdet oder Nachbarn in unzumutbarer Weise belästigt werden. Ob Belästigungen zumutbar sind, ist nach den Maßstäben eines gesunden, normal empfindenden Menschen sowie auf Grund der jeweiligen örtlichen Verhältnisse zu beurteilen, wobei auch die für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen sind.
....."
Die Beschwerdeführerin behauptet, Eigentümerin von Grundstücken zu sein, welche sich innerhalb des 500 m-Bereiches des § 25 Abs. 1 leg. cit. befinden, und wirft der belangten Behörde eine Verletzung der Manuduktionspflicht im Sinne des § 13a AVG vor, weil die beschwerdeführende Marktgemeinde zwar gemäß § 24 Abs. 4 lit. e leg. cit. zur Verhandlung "geladen und angehört" worden sei, aber "der Verhandlungsleiter der belangten Behörde mit dem Bürgermeister der Beschwerdeführerin die an sich auf der Hand liegende Frage hätte erörtern müssen, ob die Beschwerdeführerin nicht auch als Nachbar/Partei anzusehen ist ... Hiezu hätte die Frage nach einem im Bereich des § 25 Abs. 1 leg. cit. befindlichen Liegenschaftsbesitz ausgereicht. Nach einer diesbezüglichen positiven Antwort wäre der Bürgermeister über seine Rechte als Partei zu belehren gewesen. In diesem Falle hätte die Marktgemeinde Lambach ihre Rechte als Partei wahrnehmen können, um ihre Einwendungen unter Berufung auf § 25 Abs. 2 leg. cit. vorzubringen."
Zu diesem Vorbringen ist nachstehendes zu bemerken:
Wurde eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekanntgemacht, so hat dies gemäß § 42 Abs. 1 AVG zur Folge, daß Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung finden und angenommen wird, daß die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen.
Gemäß § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.
Die beschwerdeführende Gemeinde wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 15. September 1989 von der für 5. Oktober 1989 erfolgten "Anberaumung einer mündlichen Verhandlung" über das in Rede stehende Ansuchen der Mitbeteiligten verständigt, wobei in dieser Verständigung nicht nur auf die "§§ 5 und 21 ff." des O.ö. Elektrizitätsgesetzes, sondern auch auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG hingewiesen worden ist.
Entsprechend der über diese Verhandlung aufgenommenen Niederschrift war die beschwerdeführende Gemeinde dabei durch den Bürgermeister und zwei weitere Personen vertreten, und hat "eingangs auf die Stellungnahme der unmittelbar betroffenen Grundeigentümer und Grundstücksanrainer", also auf die im Sinne des § 25 Abs. 1 des O.ö. Elektrizitätsgesetzes abgegebenen - befürchtete Immissionen geltend machenden - Äußerungen von betroffenen Grundeigentümern verwiesen, ohne zu erwähnen, daß auch die beschwerdeführende Gemeinde Grundeigentümerin sei, welche durch Beeinträchtigungen im Kraftwerksbereich nach Maßgabe des § 26 Abs. 2 lit. e leg. cit. in ihren subjektiven Rechten verletzt werde. Eine gleichartige Einwendung wurde von der beschwerdeführenden Gemeinde in der Folge auch bei der am 6. November 1989 und 30. April 1992 erfolgten Fortsetzung dieser Verhandlung nicht erhoben, sodaß der erwähnte Vorwurf einer Verletzung der Manuduktionspflicht unbegründet ist, weil nicht nur in der Ladung zur Verhandlung vom 5. Oktober 1989, sondern auch in den beiden Verständigungen über die Fortsetzung dieser Verhandlung ausdrücklich auf die einschlägigen, bereits wörtlich wiedergegebenen Bestimmungen des
O.ö. Elektrizitätsgesetzes hingewiesen worden ist, was auch die - nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertretenen - beteiligten Nachbarn zum Anlaß von Einwendungen genommen haben, sondern auch auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG aufmerksam gemacht worden ist. Die Manuduktionspflicht im Sinne des § 13a AVG geht nicht so weit, daß eine Partei, die unter Hinweis auf die erwähnten Präklusionsfolgen zu einer mündlichen Verhandlung geladen worden ist, vom Verhandlungsleiter ausdrücklich zur Erhebung von Einwendungen und zu deren inhaltlicher Ausgestaltung angeleitet werden müßte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1984, Zl. 84/07/0057). In diesem Sinne kann der belangten Behörde daher auch insofern keine Verletzung der Manuduktionspflicht angelastet werden, als der Verhandlungsleiter der belangten Behörde im Sinne der der beschwerdeführenden Gemeinde vorschwebenden Vorstellung nicht gehalten war, deren Vertreter bei der mündlichen Verhandlung "die Frage nach einem im Bereiche des § 25 Abs. 1 leg. cit. befindlichen Liegenschaftsbesitze" zu stellen und in der Folge Unterweisungen im Sinne einer Geltendmachung subjektiver Rechtsverletzungen im Sinne des § 26 Abs. 2 lit. e des O.ö. Elektrizitätsgesetzes zu erteilen. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, daß die beschwerdeführende Gemeinde selbst nach der Aktenlage mit einem "Verständigungsnachweis" vom 21. April 1992 die "Nachbarn und Interessenten" von der am 30. April 1992 fortgesetzten und abgeschlossenen mündlichen Verhandlung in Kenntnis gesetzt hat, nachdem sie von der belangten Behörde aufgefordert worden war, "die tatsächlich berührten Grundeigentümer nachweisbar ... zu verständigen". Die beschwerdeführende Gemeinde war daher über die Rechte der betroffenen Grundeigentümer in dem in Rede stehenden Bewilligungsverfahren schon vor Abschluß der in Rede stehenden mündlichen Verhandlung informiert.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die beschwerdeführende Gemeinde hinsichtlich des auf ihre - erstmals in der Beschwerde behauptete - Stellung als Nachbar im Sinne des § 25 Abs. 1 des O.ö. Elektrizitätsgesetzes gestützten Vorbringens als präkludiert anzusehen ist, weshalb der Gerichtshof darauf sowie auf die im Zusammenhang damit behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht einzugehen hat.
Im übrigen ist festzuhalten, daß der beschwerdeführenden Gemeinde im Rahmen des Bewilligungsverfahrens die im § 24 Abs. 3 letzter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit eingeräumt worden ist, die zur Wahrung ihrer Interessen erforderlich scheinende Stellungnahme abzugeben, wovon sie anläßlich der erwähnten mündlichen Verhandlung auch Gebrauch gemacht hat, weshalb sie durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihrem aus der letztgenannten Regelung erfließenden Anhörungsrecht verletzt worden ist. Aus diesem Anhörungsrecht resultiert jedoch nicht ein darüber hinausgehender Anspruch darauf, in dem abgeführten Bewilligungsverfahren als Partei im Sinne des § 8 AVG teilzunehmen (siehe dazu den zum vergleichbaren Tiroler Starkstromwegegesetz 1969 ergangenen hg. Beschluß vom 17. März 1992, Zl. 92/05/0019), weshalb die beschwerdeführende Gemeinde auch in dieser Hinsicht nicht in ihren Rechten verletzt worden ist.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der Abhaltung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil für die lediglich in zweifacher Ausfertigung vorzulegende Gegenschrift nur S 240,-- an Stempelgebühr zu entrichten waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992050206.X00Im RIS seit
20.11.2000