TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/2 92/05/0270

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Veröffentlicht am 02.02.1993
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
BauO Wr §127 Abs8 lita;
BauO Wr §127 Abs8;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. August 1992, Zl. MD-VfR-B XVIII-2/92, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshaupstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einem Aktenvermerk vom 22. Juli 1991 hielt ein Organwalter des Wiener Magistrats fest, daß auf Grund einer telefonischen Mitteilung der Magistratsabteilung 49 in der Kleingartenanlage "X", Los nn, ein Augenschein durchgeführt worden sei. Hiebei sei festgestellt worden, daß ein auf der Liegenschaft bestehender alter Schuppen abgetragen worden sei und etwa an der gleichen Stelle ein neues Objekt errichtet werde (Holzblockbauweise - Fertigteile, noch ohne Dachdeckung - im Ausmaß von ca. 5 x 10 m). Dem Anschein nach und nach Angabe eines angetroffenen "Kindermädchens" handle es sich um eine Garage mit zwei Einfahrten. Die Weiterarbeit sei untersagt worden.

Mit einem Bescheid vom selben Tage untersagte der Wiener Magistrat die Fortführung der begonnenen baulichen Herstellungen und bestätigte hiemit die mündlich verfügte Baueinstellung. Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Zur Begründung wurde lediglich ausgeführt, daß die auf der Liegenschaft begonnenen baulichen Herstellungen entgegen den Bestimmungen des § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien ohne Baubewilligung ausgeführt werden. Dieser Bescheid wurde an den Beschwerdeführer als Liegenschaftseigentümer gerichtet.

In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß im angefochtenen Bescheid nicht begründet werde, worauf die Feststellungen gestützt werden. Es habe weder eine Besichtigung stattgefunden, noch eine Begehung an Ort und Stelle. Dem Beschwerdeführer sei auch "keine Gelegenheit zu allfälligem Parteiengehör gegeben" worden. Das Verfahren sei daher mangelhaft geblieben. Es treffe auch nicht zu, daß es sich bei dem genannten Gebäude um eine Doppelgarage handle, vielmehr liege der Altbestand eines Gerätehauses vor, der entsprechend saniert worden sei. Die Untersagung der Fortführung sei auch deshalb nicht auszusprechen, weil die Sanierungsmaßnahme abgeschlossen und eine Fortsetzung daher schon begrifflich ausgeschlossen sei.

In seinem Vorlagebericht an die Bauoberbehörde für Wien führte der Magistrat aus, daß die Baueinstellung am 22. Juli 1991 an Ort und Stelle in Anwesenheit einer Angestellten des Beschwerdeführers erfolgt sei. Es liege keine Baubewilligung für ein altes Gerätehaus vor, auch sei keine Sanierung durchgeführt, sondern ein neues Objekt hergestellt worden. Zum Zeitpunkt der Baueinstellung hätten am neuen Objekt die Dacheindeckung und Türen sowie Fenster und die Innenausstattung gefehlt.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde dem Beschwerdeführer sowohl der Inhalt des Aktenvermerkes vom 22. Juli 1991 als auch der Vorlagebericht des Wiener Magistrats vorgehalten und ihm freigestellt, zu diesen Beweisergebnissen Stellung zu nehmen.

Nach einem Ansuchen um Fristerstreckung führte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 16. März 1992 aus, daß nachweislich keine Überprüfung an Ort und Stelle stattgefunden habe. Er stellte den Antrag, den angeblichen Anzeiger auszuforschen und ihn als Zeugen darüber zu vernehmen, ob er überhaupt, und bejahendenfalls, welche Liegenschaft er besichtigt habe.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen, der Spruch der erstinstanzlichen Erledigung jedoch dahingehend abgeändert, daß die begonnenen baulichen Herstellungen nunmehr mit Errichtung eines ca. 5 x 10 m großen Gebäudes in Holzblockbauweise umschrieben wurden. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der hier maßgeblichen Rechtslage nach § 127 Abs. 8 der Bauordnung für Wien führte die Berufungsbehörde begründend aus, daß vor Erlassung eines Baueinstellungsbescheides Parteiengehör nicht zu gewähren sei. Selbst wenn man gegenteiliger Auffassung wäre, ließe sich hieraus für den Beschwerdeführer nichts gewinnen, zumal ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs im Verfahren vor der Behörde erster Instanz jedenfalls durch die im Berufungsverfahren mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme und dem dem Beschwerdeführer tatsächlich eingeräumten Parteiengehör saniert worden sei. Allein die Tatsache, daß von einem Organ der Baubehörde mündlich an Ort und Stelle eine Baueinstellung verfügt worden sei, lasse erkennen, daß das verfahrensgegenständliche Objekt besichtigt worden sei. Ob es sich bei diesem Objekt tatsächlich um eine Doppelgarage handle oder nicht, sei im vorliegenden Fall rechtlich bedeutungslos, weil jedes Gebäude, unabhängig von seinem Verwendungszweck, gemäß § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien einer Baubewilligung bedürfe. Daß im vorliegenden Fall keine Sanierung des Altbestandes eines Gerätehauses vorliege, sondern ein neues Objekt hergestellt worden sei, habe der Wiener Magistrat in seinem Vorlagebericht klargestellt. Diesem Vorbringen sei der Beschwerdeführer ebensowenig entgegengetreten wie der Aussage, daß im Zeitpunkt der Baueinstellung am neuen Objekt noch die Dachdeckung sowie Türen und Fenster gefehlt hätten, sodaß keinesfalls die "Sanierungsmaßnahmen" schon abgeschlossen gewesen wären, wie der Beschwerdeführer meine. Auf Grund der Aktenlage bestehe kein Zweifel darüber, daß von einem Organ der Baubehörde erster Instanz die Liegenschaft besichtigt worden sei, sodaß auch dem Antrag, den angeblichen Anzeiger auszuforschen und ihn als Zeugen darüber zu vernehmen, ob er überhaupt und bejahendenfalls, welche Liegenschaft er besichtigt habe, nicht stattzugeben gewesen sei. Im einzelnen begründete die Berufungsbehörde noch, aus welchen Gründen einer Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen sei.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 127 Abs. 8 lit. a der Bauordnung für Wien (BO) in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 ist die Bauführung einzustellen, wenn ein Bau ohne Baubewilligung ausgeführt wird. Die Baubehörde hat nach dem letzten Satz des § 127 Abs. 8 BO hierüber binnen 24 Stunden an den Bauwerber und den Bauführer einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.

Der Beschwerdeführer bestreitet, daß an Ort und Stelle eine mündliche Baueinstellungserklärung verfügt worden sei. Dazu ist zu bemerken, daß der Aktenvermerk des Wiener Magistrats vom 22. Juli 1991 dem Beschwerdeführer im Zuge des Berufungsverfahrens ausdrücklich zur Kenntnis gebracht worden ist und er in seiner Stellungnahme vom 16. März 1992 zwar behauptet hat, daß "nachweisbar keinerlei Überprüfung" stattgefunden habe, er jedoch inhaltlich auf die Ausführungen in dem Aktenvermerk überhaupt nicht eingeht. Bei dieser Situation durfte die belangte Behörde - ungeachtet des Umstandes, daß einer schriftlichen Baueinstellung eine mündliche nicht vorangehen muß - zu Recht annehmen, daß eine Baueinstellungsverfügung an Ort und Stelle erfolgt ist. Im übrigen teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, daß im Zuge einer Baueinstellung ein Parteiengehör nicht in Betracht kommt. Stellt ein Organ der Baubehörde an Ort und Stelle fest, daß ohne Erwirkung der hiefür erforderlichen Baubewilligung eine Bauführung erfolgt, so besteht für die Baubehörde keine Veranlassung, ein Ermittlungsverfahren darüber durchzuführen, wer die Durchführung dieser Bauarbeiten bei der Behörde angezeigt hat. Nach dem Ergebnis des ergänzenden Ermittlungsverfahrens durfte die Berufungsbehörde unter Beachtung der Äußerung des Beschwerdeführers davon ausgehen, daß die beschriebene bewilligungspflichtige Baumaßnahme konsenslos ausgeführt wurde und im Zeitpunkt der Baueinstellung noch nicht abgeschlossen war. Tatsächlich hat ja der Beschwerdeführer weder auf Verwaltungsebene noch in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof näher ausgeführt, welche Baumaßnahmen er als nicht bewilligungspflichtige "Sanierungshandlungen" beurteilte. Dem Beschwerdevorbringen kommt sohin keine Berechtigung zu.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als

unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff. VwGG sowie auf der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Parteiengehör offenkundige notorische Tatsachen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992050270.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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