TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/3 92/13/0070

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Veröffentlicht am 03.02.1993
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §1346;
ABGB §983;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §5;
EStG 1972 §6 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Z und des K in W, beide vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 19. Dezember 1991, Zl 6/3-3026/89-05, betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1983 bis 1987, die Gewerbesteuer für die Jahre 1983 und 1985 bis 1987 und die Einheitswerte des Betriebsvermögens zum jeweils 1. Jänner 1985 bis 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer waren Gesellschafter der M-L GmbH & Co KG und sind nach Löschung dieser Gesellschaft im Handelsregister Gesellschafter der "M-L" Gesellschaft nach bürgerlichem Recht.

Nach den unbestrittenen Feststellungen einer bei der KG zunächst für die Jahre 1982 bis 1984, in der Folge auch für die Jahre 1985 bis 1987 durchgeführten Betriebsprüfung handelte es sich bei der ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelnden Personengesellschaft um ein Leasing-Unternehmen, welches mittels Bankkredit finanzierte Anlagegüter verleaste. Buchhalterisch wäre dabei folgende Vorgangsweise gewählt worden: Die monatlichen Leasingraten wären am Monatsbeginn - also bei Fälligwerden - als Forderungen (Erlösbuchung) in Rechnung gestellt worden. Mit der erfolgten Zahlung wäre die Forderung ausgebucht und die Bankverbindlichkeit aus dem Kredit reduziert worden. Bei Zahlungseinstellung durch einen Leasingnehmer wäre - bis auf wenige Ausnahmen - auch die Forderungs- bzw Erlösbuchung eingestellt worden. Für die noch aushaftenden Kreditrückzahlungen wäre vom Leasinggeber eine "Haftungsrückstellung" gebildet und diese damit begründet worden, daß der Leasinggeber bzw die Gesellschafter im Fall eines Zahlungsausfalles des Leasingnehmers für die noch aushaftenden Kreditrückzahlungen haften und entsprechend dem kaufmännischen Vorsichtsgebot für zukünftige Verluste Rückstellungen zu bilden hätten.

Von der Prüferin wurden die diesbezüglichen, in den Bilanzen 1983, 1984 und 1985 gebildeten und ausgewiesenen Rückstellungen zunächst teilweise, anläßlich der Prüfung der Jahre 1985 bis 1987 in insgesamt gebildeter Höhe nicht anerkannt. Bei der Rückzahlung eines in Anspruch genommenen Kredites handle es sich nicht um einen Aufwand, sondern um einen neutralen Buchungsvorgang. Nach Ansicht der Prüferin werde ein zusätzlicher, nicht existenter Aufwand geltend gemacht. Der Mindereingang an Mieten führe in Form von Forderungswertberichtigungen und Abschreibungen ohnehin zu einem Aufwand, der sich in zugewiesenen Verlusten oder geringeren Gewinnen niederschlage. Sollten die Leasingeinnahmen nicht ausreichen, um die Kreditraten zur Gänze abzudecken, falle dies unter das Unternehmerrisiko und könne nicht nochmals zu einem Aufwand führen.

Das Finanzamt folgte dieser Ansicht und erließ ua entsprechende Bescheide betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1983, 1984 und 1985, die Gewerbesteuer 1983 und 1985 sowie betreffend die Einheitswerte des Betriebsvermögens zum jeweils 1. Jänner 1985 bis 1. Jänner 1988. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die ua gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen abgewiesen.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihrem nach § 6 Z 3 EStG zustehenden Recht auf Bildung von Rückstellungen für Schadensfälle und Haftungen verletzt und beantragen dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die (offenbar unvollständigen) Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer halten zu Beginn der Beschwerdegründe fest, daß die "Kredite und Darlehen", welche zur Finanzierung der Anschaffungskosten der Leasinggüter notwendig gewesen wären, von der Mitunternehmerschaft aufgenommen worden wären, wobei es sich um Rahmen-Kontokorrentkredite gehandelt habe. Die Ansicht der belangten Behörde, daß eine Rückstellung nicht anerkannt werden könne, wenn es sich, wie im gegenständlichen Fall, um Rückzahlungen eines in Anspruch genommenen Kredites handle, sei unrichtig. Die belangte Behörde unterliege hier einem Denkfehler. Die Rückstellungen wären nicht deshalb gebildet worden, weil die Mitunternehmerschaft der Ansicht gewesen wäre, der Schaden liege in der Rückzahlung eines "Kredites oder Darlehens", sondern deshalb, da der Schaden im Nichteingang der vertraglich vereinbarten Leasingentgelte gelegen wäre. Daß mit den vereinbarten Leasingraten auch Kredite zurückgezahlt hätten werden sollen, habe bei der Frage, ob Rückstellungen berechtigt gebildet worden wären oder nicht, unberücksichtigt zu bleiben. Es sei zwar richtig, daß sich der Rückstellungsbedarf und die tatsächlichen Rückstellungen aus der Differenz zwischen den entgangenen Leasingeinnahmen und den jeweiligen Bankschulden errechnet hätten. Dies ändere aber nichts daran, daß der Schaden qualitativ nicht darin bestehe, daß eben jene Bankschulden zurückgezahlt werden mußten, sondern einzig und allein darin, daß vertraglich vereinbarte Leasingraten durch Insolvenzen, Untergang von Leasingobjekten, Entwendungen etc. ausgefallen seien. Um derartige Ausfälle abdecken zu können, hätten neuerlich Darlehen (sei es auch von Gesellschaftern) aufgenommen werden müssen. Es sei daher durch die Ausfälle ein Aufwand entstanden bzw zum Zeitpunkt der Rückstellungen drohe ein derartiger konkreter, wenn auch ziffernmäßig noch nicht bestimmter Aufwand.

Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der Nichtanerkennung der "Haftungsrückstellungen" aufzuzeigen, weil bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich die Aufnahme von Darlehen, zu welchem Zweck auch immer, dh etwa auch zur Abdeckung des Schadens aus erwarteten, weil vertraglich vereinbarten, aber tatsächlich nicht eingegangenen Einnahmen, keinen Aufwand darstellt, sondern eine erfolgsneutrale Vermögensumschichtung. Auch der Nichteingang derartiger, nicht als Forderungen verbuchter Einnahmen selbst ist nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung kein Aufwand, weil der "Erfolg" dadurch nur insofern berührt wird, als ein Ertrag nicht auszuweisen ist. Daß die Mitunternehmerschaft fällige, aber nicht eingegangene Leasingraten nicht erfolgswirksam als gegebenenfalls in der Folge wegen Uneinbringlichkeit abzuschreibende Forderung gebucht hat, blieb unbestritten. Im übrigen findet aber auch die Behauptung, daß die Gesellschafter der Mitunternehmerschaft Darlehen zur Abdeckung der jeweils fälligen Bankverbindlichkeiten gewährt hätten, in der Aktenlage keine Deckung.

Das Beschwerdevorbringen läuft vielmehr darauf hinaus, daß - wie schon die Betriebsprüferin richtig erkannt hat - die aufwandswirksam dotierten Rückstellungen für letztlich "teilweise bereits geleistete und künftige Einlagen" gebucht wurden. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus den Ausführungen der Beschwerdeführer, wonach durch die Ausfälle an vertraglich vereinbarten Leasingeinnahmen ein "Aufwand" dafür drohte, um den Geschäftsbetrieb weiter aufrecht erhalten zu können. Bei diesem "Aufwand" handelt es sich aber - wie erwähnt - weder um die diesbezüglich behauptete Darlehensaufnahme bei Gesellschaftern (Darlehen wurden von diesen, wie ausgeführt, nicht gewährt), noch um einen Aufwand der Mitunternehmerschaft selbst, sondern um einen "Aufwand" der Gesellschafter, nämlich die als Einlagen zu beurteilenden Zahlungen der Gesellschafter zur "Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes", zu welchen zumindest auch die Abdeckung fälliger Bankverbindlichkeiten zu zählen ist. Insofern ist die Bezeichnung "Rückstellung für Haftungsverpflichtungen" zutreffend; zu ergänzen ist aber "... der Gesellschafter", weil die Gesellschafter gegenüber dem Bankinstitut entsprechende Haftungen übernommen hatten. Da jedoch solche Einlagen (ebenso wie Entnahmen) der Gesellschafter beim Betriebsvermögensvergleich erfolgsneutral zu bleiben haben, weil nach § 4 Abs 1 EStG 1972 Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und VERMINDERT UM DEN WERT DER EINLAGEN, ist, findet auch eine aufwandswirksam gebuchte Rückstellung letztlich für Einlagen, mögen sie möglicherweise auch erst in Folgejahren erforderlich sein, im Gesetz keine Deckung.

Dem Beschwerdevorbringen, daß der "Schaden" der Mitunternehmerschaft durch den Ausfall der Leasingraten durch die von der belangten Behörde nicht anerkannten Rückstellungen "nur ein einziges Mal steuerwirksam geltend gemacht werden sollte", ist entgegenzuhalten, daß eine auch nur einmalige "steuerwirksame Geltendmachung" eines "Schadens", der darauf beruht, daß Einnahmen erwartet, aber aus welchen Gründen immer nicht erzielt werden, überhaupt nicht möglich ist, weil Gegenstand der Besteuerung nur der nach den entsprechenden Vorschriften ermittelte Gewinn, nicht aber ein vom Unternehmer auf Grund abgeschlossener Verträge erwarteter Gewinn ist.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird darauf hingewiesen, daß die Abschreibung von (erfolgswirksam) gebuchten Forderungen bei Uneinbringlichkeit durchaus einen Aufwand darzustellen vermag. Daß aber derartige Forderungen gegenständlich gebucht bzw in der Folge abgeschrieben worden wären (bzw die strittigen Rückstellungen mit derartigen erfolgswirksam gebuchten Forderungen im Zusammenhang stünden), haben die Beschwerdeführer weder vorgebracht, noch ist solches der Aktenlage zu entnehmen.

Der belangten Behörde ist daher im Ergebnis zuzustimmen, wenn sie die strittigen Rückstellungen nicht anerkannt hat, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992130070.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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