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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GewO 1973 §360 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des G gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. September 1992, Zl. Ge-7844/17-1992/Sch/Th, betreffend Anordnung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde vom Bürgermeister der Stadt W mit Bescheid vom 20. Mai 1992 gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 die Stillegung des Lebensmittelerzeugungsbetriebes (Verarbeitung von Sojabohnen) des Beschwerdeführers im Standort W, P-Straße, verfügt. Eine gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 30. September 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG im Grunde des § 360 Abs. 1 GewO 1973 keine Folge. Zur Begründung wurde u.a. in der Sache ausgeführt, im bezeichneten Standort sei im Jahre 1983 ein Lebensmittelerzeugungsbetrieb begonnen worden, der 1986 vom Beschwerdeführer käuflich erworben worden sei. Wie schon sein Vorgänger sei dieser Betrieb auch vom Beschwerdeführer als Tofurei (Verarbeitung von Sojabohnen) betrieben worden. Die Gewerbeanmeldung sei mit 13. März 1987 erfolgt. Von der Gewerbebehörde sei der Gewerbeschein für das Gewerbe der Herstellung von Lebensmittelprodukten auf pflanzlicher Grundlage, eingeschränkt auf Tofu und ähnliche Produkte mit dem Standort P-Straße, ausgestellt worden. Bei diesem Haus handle es sich um ein Wohnhaus, das in eine Betriebsumlage umgebaut worden sei. Der Betrieb werde nicht ständig durchgeführt, sondern laufe nur an zwei bis drei Tagen pro Woche. Im Betrieb arbeiteten zwei Familienangehörige und zwei Aushilfskräfte mit. Auf Grund der Umbaumaßnahmen sei am 22. Dezember 1989 bei der Gewerbebehörde erster Instanz die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung beantragt worden. Dieses Verfahren sei seither bei dieser Behörde anhängig. Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 14. November 1991 sei über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 eine Geldstrafe verhängt worden. Die dagegen gerichtete Berufung habe der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Erkenntnis vom 7. Mai 1992 hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen. Somit liege eine formell rechtskräftige Bestrafung wegen gesetzwidriger Gewerbeausübung vor. Der Beschwerdeführer sei seiner im § 360 Abs. 1 GewO 1973 begründeten Verpflichtung, ungesäumt den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen (Einstellung des Betriebes oder Erlangung der Genehmigung), nicht nachgekommen. Der weitere unbefugte Betrieb sei auch einzelnen Nachbarbeschwerden über Lärmbelästigungen zu entnehmen. Am 14. Juli 1992 sei von Polizeibeamten eine Kontrolle durchgeführt worden; laut Bericht sei aus dem Keller Maschinenlärm zu vernehmen gewesen, der Zutritt zu den Betriebsräumen sei nicht gestattet worden. Ebenso sei am 18. Juli 1992 von Polizeibeamten anläßlich einer Kontrolle Maschinenlärm aus dem Keller wahrgenommen worden. Der Zutritt sei nicht gestattet worden. Von G, der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, sei angegeben worden, heute würde seit 07.30 Uhr produziert, allerdings nur für den eigenen Bedarf. Schließlich sei die Fortsetzung der unbefugten Tätigkeit auch dem Berufungsvorbringen zu entnehmen. Mit der Behauptung, die vorliegenden Produktionstätigkeit unterliege nicht der Gewerbeordnung, werde die rechtskräftige Feststellung einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung nicht widerlegt. Die nunmehrige Behauptung, die Produktionstätigkeit unterliege nicht der Gewerbeordnung, stehe auch im Widerspruch zur vorliegenden Gewerbeanmeldung und zum Antrag auf Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung sowie zur Tatsache, daß seit etwa fünf Jahren im angeführten Standort Produktionstätigkeiten tatsächlich ausgeübt worden seien. Daß diese Tätigkeiten ausschließlich einer technologischen Weiterentwicklung der Produktionsverfahren dienten, sei bisher nicht behauptet worden, wobei aber auch versuchsweise ausgeführte Tätigkeiten eine Gewerbsmäßigkeit nicht ausschließen würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zur hg. Zl. 92/04/0266 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung hiezu wird ausgeführt, der sofortige Vollzug des angefochtenen Bescheides würde dem Beschwerdeführer entgegen der Intention des § 360 Abs. 1 GewO 1973 die Möglichkeit nehmen, zur Ausreifung der Technologie seiner gewerblichen Tätigkeit Versuche auf dem Standort W, P-Straße, durchzuführen, ohne daß dabei eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 1 GewO 1973 ausgeübt würde. Ihm würden somit Tätigkeiten untersagt, die nicht dem Anwendungsbereich der Gewerbeordnung unterlägen. Der sofortige Vollzug des angefochtenen Bescheides wäre daher für ihn mit unverhältnismäßigen Nachteilen verbunden. Öffentliche Interessen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen, zumal eine aktuelle Gefährdung der Nachbarschaft nicht vorliege und von den Gewerbebehörden auch nicht behauptet werde.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Nach diesem sind aber die getroffenen Maßnahmen erforderlich, um den Beschwerdeführer nach vorangegangener verwaltungsbehördlicher Bestrafung vom weiteren genehmigungslosen Betrieb einer bestehenden gewerblichen Betriebsanlage abzuhalten.
Ausgehend von dieser, vom Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Provisorialverfahren zu beachtenden Sach- und Rechtslage kann aber im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der nach Annahme der belangten Behörde der getroffenen Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 zugrundeliegenden Verwaltungsübertretung die Möglichkeit einer Gefährdung oder Belästigung von Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1973 - so wird im angefochtenen Bescheid auf Nachbarbeschwerden über Lärmbelästigungen hingewiesen - nicht ausgeschlossen werden. Derartige Umstände sind aber unter das Tatbestandsmerkmal zwingender öffentlicher Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zu subsumieren (vgl. hiezu sinngemäß den hg. Beschluß vom 18. August 1989, Zl. AW 89/04/0045).
Abgesehen davon ist aber das dargestellte Vorbringen zum Aufschiebungsantrag des Beschwerdeführers auch nicht geeignet, einen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für ihn verbundenen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG darzutun (vgl. hiezu sinngemäß u.a. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. N.F. Nr. 10.381/A), und es könnte der Beschwerdeführer ferner bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch nicht etwa die Rechtsstellung erlangen, die im angefochtenen Bescheid bezogene Betriebsanlage ohne die hiefür nach der behördlichen Annahme erforderliche Genehmigung betreiben zu dürfen (vgl. hiezu sinngemäß insbesondere auch die Darlegungen im hg. Beschluß vom 24. Jänner 1991, Zl. AW 90/04/0105, u.a.).
Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war somit auf Grund dieser Erwägungen nicht stattzugeben.
Schlagworte
Zwingende öffentliche InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:AW1992040055.A00Im RIS seit
03.02.1993