TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/4 92/18/0486

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Veröffentlicht am 04.02.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z2;
AVG §45 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs2;
PaßG 1969 §40 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des O in B, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 14. Oktober 1992, Zl. 11-F-46410-1992, betreffend Sichtvermerk, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer, einem türkischen Staatsangehörigen, die Erteilung des mit Eingabe vom 22. (richtig: 21.) Oktober 1991 beantragten Sichtvermerkes für die mehrmalige Wiedereinreise gemäß § 25 Abs. 1 Paßgesetz 1969 versagt. Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer am 29. Mai 1991 ohne den erforderlichen Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist. Diese Einreise stelle einen Verstoß gegen § 40 Abs. 1 Paßgesetz 1969 dar. Am 2. September 1991 habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Am 3. September 1991 sei ihm über seinen Antrag vom Arbeitsamt B ein Befreiungsschein mit fünfjähriger Gültigkeit ausgestellt worden. Seither stehe er in einem Beschäftigungsverhältnis. Die belangte Behörde sei der Auffassung, daß der Beschwerdeführer die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin in der Absicht geschlossen habe, um den Befreiungsschein, der ihm die Arbeitsaufnahme gestatte, zu erhalten. Er sei daher unter Umgehung der österreichischen Rechtsvorschriften als Tourist eingereist, obwohl sein Ziel eine Arbeitsaufnahme gewesen sei. Dieses Ziel habe er durch eine Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin erreicht. Diese "Ehe" sei wohl eine solche im Rechtssinn, "nicht aber im tatsächlichen Sinne einer Lebensgemeinschaft". Der Sichtvermerksantrag sei daher aus dem im Rahmen des behördlichen Ermessens wahrzunehmenden öffentlichen Interesse der Arbeitsmarktverwaltung abzuweisen gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 Paßgesetz 1969 kann ein Sichtvermerk einem Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt. Bei der Ausübung des ihr in dieser Bestimmung eingeräumten freien Ermessens hat die Behörde gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers und auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die wirtschaftlichen und kulturellen Belange, auf die Lage des Arbeitsmarktes und auf die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, ohne gültigen Sichtvermerk in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein. Er weist jedoch darauf hin, daß er eine Arbeitserlaubnis erst beantragt habe, als er bereits verheiratet gewesen sei. Die Hochzeit mit seiner Ehegattin habe erst vier Monate nach seiner Einreise stattgefunden. Bereits daraus erhelle, daß er tatsächlich als Tourist nach Österreich eingereist und das Beschäftigungsverhältnis eingegangen sei, um die ihm gegenüber seiner Gattin obliegende Sorge- und Unterhaltspflicht erfüllen zu können. Die eheliche Lebensgemeinschaft und die damit verbundenen Beistandspflichten wögen jedenfalls schwerer als der Monate vor der Eheschließung erfolgte Verstoß gegen das Paßgesetz. Aufgrund des Umstandes, daß er jedenfalls nicht gleich nach der Einreise eine Ehe geschlossen habe, ergebe sich weiters, daß er keinesfalls die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin in der Absicht geschlossen habe, um den Befreiungsschein und damit eine Arbeitserlaubnis zu erhalten.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer eine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen. Er räumte im Verwaltungsverfahren (Niederschrift vom 17. Jänner 1992) ein, mit seiner Ehefrau nicht im gemeinsamen Haushalt zu leben; in der Niederschrift vom 7. August 1992 gab er an, kaum der deutschen Sprache mächtig zu sein. Am Wochenende gehe er mit seiner Ehefrau einkaufen, wenn sie Geld brauche, helfe er ihr. Die Ehefrau des Beschwerdeführers kann laut ihren Angaben in der Niederschrift vom 7. August 1992 nicht Türkisch. Wenn die belangte Behörde aufgrund dieser Umstände das Bestehen einer Lebensgemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Gattin verneinte und im Hinblick auf die Kürze der zwischen der Einreise und der Verehelichung des Beschwerdeführers gelegenen Zeit zum Ergebnis kam, daß der Beschwerdeführer die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin in der Absicht geschlossen habe, sich einen Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz zu verschaffen, kann ihr der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung der Beweiswürdigung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht entgegentreten.

Bei dem von der belangten Behörde somit ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften angenommenen und der verwaltungsgerichtlichen Prüfung gemäß § 41 Abs. 1 VwGG zugrundezulegenden Sachverhalt vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde mit der Versagung des Sichtvermerkes das ihr eingeräumte Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt hätte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992180486.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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