TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/4 91/19/0001

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Veröffentlicht am 04.02.1993
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Index

60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

AAV §16 Abs2;
ASchG 1972 §24;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 15. November 1990, Zl. 14-SV-3253/4/90, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten (der belangten Behörde) vom 15. November 1990 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung des § 16 Abs. 2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) schuldig erkannt, weil er es als zur Vertretung nach außen Berufener einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. zu verantworten habe, daß - wie durch Messungen am 16. August 1989 in näher bezeichneten Teilen des Betriebes der Gesellschaft festgestellt worden sei - die durch gesundheitsgefährdende SO2-Konzentrationen verunreinigte Luft nicht durch geräuscharm arbeitende Absaugeanlagen möglichst an der Entstehungs- oder Austrittsstelle abgeführt worden sei. Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Begründend wurde ausgeführt, die vom Beschwerdeführer behauptete Bestellung einer näher bezeichneten Arbeitnehmerin der Gesellschaft als verantwortliche Beauftragte sei nicht durch aus der Zeit vor der Übertretung stammende Beweisergebnisse nachgewiesen worden, weshalb nicht von einer wirksamen Bestellung einer verantwortlichen Beauftragten auszugehen gewesen sei. Unbestritten sei, daß am 16. August 1989 von einem Organ des Arbeitsinspektorates an einer näher bezeichneten Stelle im Betrieb SO2-Konzentrationen zwischen 20 und 25 ppm und an anderen Stellen Konzentrationen über 25 ppm gemessen worden seien und daß die verunreinigte Luft nicht durch Absaugeanlagen abgeführt worden sei. Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß die erhöhte SO2-Konzentration auf Grund einer unvorhersehbaren technischen Panne eingetreten sei, überzeuge nicht, da bereits anläßlich einer Überprüfung am 2. Mai 1989 Korrosionen der Baukonstruktion festgestellt worden seien und anläßlich einer Erhebung am 3. Juli 1989 Regelschwierigkeiten als Ursache für die SO2-Ausbrüche angegeben worden seien; zudem sei damals versichert worden, daß es SO2-Ausbrüche wie in der Vergangenheit nicht mehr geben könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Der Beschwerdeführer beruft sich auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf die Bestellung der Dipl. Ing. P zur verantwortlichen Beauftragten und führt aus, daß diese Bestellung der Behörde seit Jahren bekannt und "in unzähligen Verwaltungsrechts- und Gewerberechtssachen aktenkundig" sei.

Bei diesem Hinweis handelte es sich um im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerungen. Darauf, daß der Verwaltungsstrafbehörde die Zustimmung der genannten Person zu ihrer Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten aus einem anderen Verfahren bekannt sei, hat sich der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren nicht berufen. Im übrigen lassen auch die Beschwerdeausführungen nicht erkennen, in welchem konkreten Verfahren der Behörde die Zustimmung der genannten Person zu ihrer Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten nachgewiesen worden sein soll.

Unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren erstatteten Vorbringens und der von ihm dort gestellten Beweisanträge war die Abstandnahme von den beantragten Zeugenvernehmungen nicht rechtswidrig, ist doch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis aus der Zeit vor der Begehung der strafbaren Handlung zur Erbringung des Nachweises im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG geeignet (siehe dazu unter anderem das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/18/0531, mit zahlreichen weiteren Judikaturhinweisen).

2. Der Beschwerdeführer rügt, daß der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides nicht die gemäß § 44a Z. 1 VStG erforderliche genaue Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat enthalten habe. Es seien dort zwar die SO2-Konzentrationen genannt worden, es sei jedoch nicht ausgeführt worden, durch welche Maßnahmen der Beschwerdeführer diese hätte verhindern sollen. Die Berufungsbehörde dürfe den Spruch des Straferkenntnisses zwar präzisieren, dabei aber die Tat nicht ausweiten oder austauschen. Da im erstinstanzlichen Bescheid die vom Gesetz geforderte genaue Umschreibung der Straftat fehle, hätte die belangte Behörde das Strafverfahren einstellen müssen.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß die belangte Behörde durch die von ihr vorgenommene Umformulierung des Spruches die dem Beschwerdeführer angelastete Tat nicht ausgetauscht oder erweitert hat, sondern damit ihrer Verpflichtung im Sinne des § 44a Z. 1 VStG, die als erwiesen angenommene Tat im Spruch zu umschreiben, nachgekommen ist. Dazu war sie im Hinblick auf die von ihr übernommenen Sachverhaltsfeststellungen der Behörde erster Instanz, die sich wiederum auf den Inhalt der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 21. August 1989 gestützt hatte, berechtigt (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, unter E. Nr. 190 zu § 66 Abs. 4 AVG zitierte hg. Rechtsprechung). Durch den Hinweis auf die fehlenden Absaugeanlagen hat die belangte Behörde die Tat nicht ausgetauscht (oder erweitert), sondern die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Unterlassung im Spruch konkretisiert. An der Identität der Tat hat sich dadurch nichts geändert. Auf das Erfordernis von Absaugeanlagen im Sinne des § 16 Abs. 2 AAV hatte die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz bereits in ihrer Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20. September 1989 durch den Vorhalt der im Strafantrag des Arbeitsinspektorates vom 21. August 1989 umschriebenen Tat hingewiesen, in welchem die Notwendigkeit von Absaugeanlagen im Sinne der zitierten Verordnungsstelle betont worden war.

3. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Verletzung des § 16 Abs. 2 AAV angenommen und die Strafe nach § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz verhängt. Die von ihm dafür gegebene Begründung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Eine Subsumtion unter § 31 Abs. 2 lit. a Arbeitnehmerschutzgesetz kam deshalb nicht in Betracht, weil dem Beschwerdeführer nicht angelastet wurde, daß trotz Untersagung bestimmte Arbeitsstoffe verwendet oder bestimmte Arbeitsverfahren angewendet worden seien. In gleicher Weise ist die Rüge des Beschwerdeführers verfehlt, dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, welchen konkreten Bedingungen und Auflagen oder erteilten Aufträgen er zuwidergehandelt habe. Dem Beschwerdeführer wurde nämlich nicht das Zuwiderhandeln gegen auf Grund des § 27 leg. cit. vorgeschriebene Bedingungen und Auflagen oder erteilte Aufträge angelastet, sondern der Verstoß gegen § 16 Abs. 2 AAV. Diese Verordnung wurde auf Grund des § 24 Arbeitnehmerschutzgesetz erlassen und enthält somit Bestimmungen, deren Verletzung gemäß § 31 Abs. 2 lit. p leg. cit. Verwaltungsübertetungen darstellen und nach dieser Gesetzesstelle zu bestrafen sind.

4. Auch in der Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer, die am 16. August 1989 festgestellten erhöhten SO2-Werte seien auf Grund eines nicht vorhersehbaren Störfalles - sohin einer technischen Panne - eingetreten, ohne sich allerdings mit den diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde (Seite 8 und 9 der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides), die dieser Behauptung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren keinen Glauben geschenkt hat, auseinanderzusetzen. Da diese Erwägungen nicht gegen die Denkgesetze verstoßen und mit dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht im Widerspruch stehen, vermag der Beschwerdeführer mit dem - auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur ganz allgemein gehaltenen - Hinweis auf eine unvorhersehbare technische Panne keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Auf die nach der Feststellung des inkriminierten Sachverhaltes gesetzten Maßnahmen des Beschwerdeführers kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

5. Da sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991190001.X00

Im RIS seit

01.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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