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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §34Leitsatz
Bewilligung der Wiederaufnahme eines Verfahrens; Aufhebung des Beschlusses über die Zurückweisung einer Beschwerde wegen Versäumung der BeschwerdefristSpruch
Die Wiederaufnahme des mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 1990, B1525/89, beendeten Verfahrens wird bewilligt.
Der genannte Beschluß wird aufgehoben.
Begründung
Begründung:
1. Mit Beschluß vom 24. Oktober 1989, B1188/89-2, wies der Verfassungsgerichtshof den von G J C am 9. Oktober 1989 zur Post gegebenen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B-VG gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 24. August 1989, Z ..., als unbegründet ab.
Diese verfassungsgerichtliche Entscheidung wurde dem Einschreiter am 3. November 1989 zugestellt.
G J C brachte daraufhin durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt gegen den Bescheid des Landeshauptmannes eine zu B1525/89 protokollierte Beschwerde nach Art144 B-VG ein.
Diese Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. Februar 1990, B1525/89-3, zurückgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof führte begründend aus, die sechswöchige Frist zur Beschwerdeerhebung habe am 15. Dezember 1989 geendet, die Beschwerde sei jedoch erst am 16. Dezember, somit um einen Tag zu spät, zur Post befördert worden.
Dieser Beschluß ging dem Beschwerdeführer am 12. April 1990 zu.
Am 26. April 1990 begehrte der Antragsteller die Wiederaufnahme des verfassungsgerichtlichen Verfahrens; er machte geltend, er habe die zurückgewiesene Beschwerde bereits am 15. Dezember, also fristgerecht, der Post übergeben. Dies habe der Verfassungsgerichtshof aber nicht feststellen können, weil das Postkuvert den unrichtigen (Aufgabe-)Stempel "16.12.1989" getragen habe. Diese Umstände stellten formal den Tatbestand des §530 Abs1 Z7 ZPO her; der Antragsteller habe erst durch Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses in Erfahrung gebracht, daß das Postkuvert unrichtig mit "16.12.1989" gestempelt worden sei, diesen Umstand also ohne sein Verschulden vor Fassung des verfassungsgerichtlichen Beschlusses nicht vorbringen können.
2.1. Über die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens entscheidet gemäß §34 VerfGG 1953 der Verfassungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung. Aus dieser Regelung ergibt sich, daß die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag gesondert von der Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren zu ergehen hat (vgl. VfSlg. 6469/1971, 7079/1973).
Der vom Verfassungsgerichtshof gemäß §35 VerfGG 1953 sinngemäß anzuwendende §530 Abs1 Z7 ZPO sieht eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag einer Partei vor, "wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung in der Hauptsache herbeigeführt haben würde."
2.2. Zur Überprüfung der Antragsbehauptungen richtete der Verfassungsgerichtshof eine Anfrage an den Leiter des Postamtes Eisenstadt, der mit Schreiben vom 9. Mai 1990 bestätigte, daß die Beschwerde - der bisherigen Aktenlage zuwider - schon am 15. Dezember 1989 aufgegeben worden war. Auf Grund dieser Stellungnahme sieht es der Verfassungsgerichtshof als erwiesen an, daß die Beschwerde tatsächlich an diesem Tag zur Post gegeben und folglich rechtzeitig eingebracht wurde.
2.3. Der Verfassungsgerichtshof wertet diesen - innerhalb der Notfrist von einem Monat gemäß §534 Abs1 und Abs2 Z4 ZPO geltend gemachten - Umstand als neues Beweismittel im Sinn des §530 Abs1 Z7 ZPO, das geeignet gewesen wäre, die Zurückweisung der Beschwerde zu verhindern: Es hätte daher eine günstigere Entscheidung in der Hauptsache herbeiführen können (vgl. VfSlg. 899/1927).
3. Die beantragte Wiederaufnahme des mit Beschluß B1525/89-3 vom 26. Februar 1990 abgeschlossenen Verfahrens ist darum zulässig; sie war - nach dem bereits Gesagten - zu bewilligen und der genannte Beschluß aufzuheben.
Schlagworte
VfGH / WiederaufnahmeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B554.1990Dokumentnummer
JFT_10099075_90B00554_00