Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Müller und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt, W, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 17. März 1992, Zl. IV b/7022/7100 B, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, daß dem Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 und 2 sowie § 21 Abs. 1 und 3 AlVG das Arbeitslosengeld für die Dauer von 20 Wochen nach Lohnklasse 32 in der Höhe von täglich S 165,40 gebühre.
Nach der Bescheidbegründung habe der Beschwerdeführer am 24. Juni 1991 einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Im Zuge dieser Antragstellung habe er nachgewiesen, daß er in der Zeit vom 14. Mai 1968 bis 27 Juli 1990 selbständig erwerbstätig gewesen sei. Auf Grund seiner weiteren Angaben sei durch Erhebung bei der Wiener Gebietskrankenkasse festgestellt worden, daß er zuletzt vom 1. September 1966 bis 31. Dezember 1967 als Geschäftsführer der Firma K. GmbH beschäftigt gewesen sei. Arbeitsbescheinigungen seien vom Beschwerdeführer zwar nicht vorgelegt worden; es seien aber auf Grund seiner Angaben Ersatzarbeitsbescheinigungen ausgestellt worden. So habe er u.a. angegeben, bei der K. GmbH in der Zeit vom 1. September 1966 bis 31. Dezember 1967 als Geschäftsführer mit einem Gehalt von S 7.555,-- beschäftigt gewesen zu sein. Dieses Dienstverhältnis sei auch sein letztes vor dem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 24. Juni 1991 gewesen. Zu dieser Ersatzarbeitsbescheinigung sei seitens der Wiener Gebietskrankenkasse bestätigt worden, daß der Beschwerdeführer tatsächlich vom 15. Oktober 1966 bis 31. Dezember 1967 in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis gestanden sei. Das Entgelt habe in den letzten voll entlohnten Monaten vom 1. Juli 1967 bis 31. Dezember 1967 umgerechnet (inklusive Sonderzahlungen) S 3.001,42 pro Monat betragen; Unterbrechungen wegen Erkrankung seien nicht vorgelegen. Dieses Entgelt sei von der erstinstanzlichen Behörde mit dem hier anzuwendenden Aufwertungsfaktor gemäß § 108 c ASVG (3,541) vervielfacht worden. Danach habe sich ein für die Bemessung des Arbeitslosengeldes maßgebliches Entgelt von S 10.628,03 ergeben. Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes sei daher gemäß § 21 Abs. 3 AlVG nach Lohnklasse 32 mit täglich S 165,40 festgesetzt worden. Dies sei auch das gebührende Arbeitslosengeld. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes sei mit 20 Wochen festgesetzt worden, weil die letzte arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung am 31. Dezember 1967 geendet habe.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid eingebrachten Berufung habe der Beschwerdeführer einerseits eingewendet, es sei ihm das Arbeitslosengeld für 52 Wochen zu gewähren, weil er in den letzten 15 Jahren vor der Geltendmachung des Anspruches eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung von über 468 Wochen nachgewiesen habe; dies deshalb, weil er meine, der im § 18 Abs. 2 lit b AlVG angeführte Zeitraum sei um die Zeit seiner selbständigen Erwerbstätigkeit zu erstrecken. Andererseits habe er ausgeführt, es sei auch die Höhe des Arbeitslosengeldes unrichtig berechnet worden. Er sei nämlich von der K. GmbH am 7. April 1967 entlassen worden, habe bis zum Abschluß eines Vergleiches (am 9. Oktober 1968) keine Bezüge gehabt und sei ohne Beschäftigung gewesen. Zur Berechnung der Lohnklasse seien nur die Entgelte der aktiven Beschäftigungszeiten heranzuziehen, die am "7.6.67" (gemeint: 7. April 1967) geendet hätten. Zuvor habe er bis 31. Jänner 1967 S 7.000,-- pro Monat, ab 1. Februar 1967 S 10.000,-- pro Monat, jeweils vierzehnmal im Jahr, bezogen. Von der erstinstanzlichen Behörde seien offenbar Zeiten und Beträge zur Berechnung herangezogen worden, in denen der Beschwerdeführer arbeitslos gewesen sei. Dies führe jedoch zu einem falschen Ergebnis, weil offenbar das Arbeitslosengeld auf Grundlage der geringfügigen "Nachzahlung", die in Form einer Nachtragsmeldung erfolgt sei, berechnet worden sei. Diese Angaben habe er in einer niederschriftlichen Vernehmung wiederholt.
Nach Auffassung der belangten Behörde sei der Beschwerdeführer mit seinem Berufungsvorbingen aus nachstehenden Gründen nicht im Recht: Die Bezugsdauer sei zugleich mit der Zuerkennung des Arbeitslosengeldes in der gebührenden Gesamthöhe festzusetzen. Die Zeiträume, innerhalb derer die versicherungspflichtigen Beschäftigungen liegen müßten, seien jeweils vom Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld zurückzurechnen; sie seien nicht erstreckbar. Die Möglichkeit einer Verlängerung um Zeiträume, die eine Verlängerung der Rahmenfrist für die Erfüllung der Anwartschaft bewirkten, bestehe diesbezüglich mangels einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung nicht. Der Beschwerdeführer habe den Anspruch auf Arbeitslosengeld am 24. Juni 1991 geltend gemacht. Da innerhalb der letzten 15 Jahre vor dieser Geltendmachung kein Tag arbeitslosversicherungspflichtiger Beschäftigung liege, gebühre das Arbeitslosengeld nicht für 52, sondern lediglich für 20 Wochen. Zur Frage des maßgeblichen Lohnklassenbemessungszeitraumes sei festzustellen, daß unter Ende der Versicherungspflicht (im Sinne des § 21 Abs. 1 ASVG) das Ende der Arbeitslosenversicherung zu verstehen sei. Als erster Tag der Arbeitslosigkeit sei der der arbeitsrechtlichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses folgende Tag zu verstehen. Fielen das Ende der Arbeitslosenversicherungspflicht und der Tag vor Beginn der Arbeitslosigkeit auseinander, so sei für die Festsetzung des Bemessungszeitraumes das Ende der Arbeitslosenversicherungspflicht maßgeblich. Laut der bei der Wiener Gebietskrankenkasse aufliegenden Unterlagen, die im übrigen vom Beschwerdeführer in Kopie beigebracht worden seien, habe seine Versicherungspflicht am 31. Dezember 1967 geendet. Auch habe der Beschwerdeführer in der anläßlich der Beantragung des Arbeitslosengeldes vorgelegten und von ihm unterfertigten Ersatzarbeitsbescheinigung selbst angegeben, daß das Dienstverhältnis mit der K. GmbH am 31. Dezember 1967 geendet habe. Es sei daher der Bemessungszeitraum mit 1. Juli 1967 bis 31. Dezember 1967 festzusetzen gewesen. In diesem Zeitraum lägen keine Zeiten, in denen der Beschwerdeführer infolge Kurzarbeit oder Erkrankung nicht das volle Entgelt oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen habe. Zur Beurteilung der Höhe des im Lohnklassenbemessungszeitraum erzielten Entgeltes seien der belangten Behörde Kopien von Geschäftsbriefen, eine vom Beschwerdeführer erbrachte Kopie der seinerzeitigen Anmeldung bei der Wiener Gebietskrankenkasse sowie die aktuell von der Wiener Gebietskrankenkasse auf der Ersatzarbeitsbescheinigung ermittelten Daten vorgelegen. Die belangte Behörde habe unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei oder nicht, wobei als Beweismittel alles in Betracht komme, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich sei. Unter Anwendung dieses Grundsatzes sei die belangte Behörde zur Ansicht gelangt, daß zur Festsetzung der Lohnklasse das in der Ersatzarbeitsbescheinigung durch die Wiener Gebietskrankenkasse bestätigte Entgelt heranzuziehen sei; dies deshalb, weil die K. GmbH nicht mehr existiere, daher die Originalität der vom Beschwerdeführer in Kopie vorgelegten Unterlagen "dort nicht mehr abgeprüft werden" könne und den Angaben der Wiener Gebietskrankenkasse, der die Erhebung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge sowie die Überprüfung der in den Anmeldungen gemachten Angaben obliege, mehr Glauben geschenkt werden könne. Demgemäß sei die Höhe des dem Beschwerdeführer gebührenden Arbeitslosengeldes von der erstinstanzlichen Behörde richtig festgesetzt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des AlVG in
der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 412/1990 lauten:
"Beginn des Bezuges
§ 17. (1) Sofern sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind und der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16 ruht, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung.
...
Dauer des Bezuges
§ 18. (1) Das Arbeitslosengeld wird für 20 Wochen gewährt. Es wird für 30 Wochen gewährt, wenn in den letzten fünf Jahren vor Geltendmachung des Anspruches arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungen in der Dauer von 156 Wochen nachgewiesen werden.
(2) Die Bezugsdauer erhöht sich
a)
auf 39 Wochen, wenn in den letzten zehn Jahren vor Geltendmachung des Anspruches arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungen von 312 Wochen nachgewiesen werden und der Arbeitslose bei Geltendmachung des Anspruches das 40. Lebensjahr vollendet hat,
b)
auf 52 Wochen, wenn in den letzten 15 Jahren vor der Geltendmachung des Anspruches arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungen von 468 Wochen nachgewiesen werden und der Arbeitslose bei Geltendmachung des Anspruches das 50. Lebensjahr vollendet hat, ...
Ausmaß des Arbeitslosengeldes
...
§ 21. (1) Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes wird nach Lohnklassen bemessen. Für die Festsetzung der Lohnklasse ist das Entgelt im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) der letzten 26 Kalenderwochen (182 Kalendertage) bzw. bei monatlicher Auszahlung das Entgelt der letzten 6 Kalendermonate vor dem ersten Tag der zuletzt eingetretenen Arbeitslosigkeit bzw. vor dem Ende der Versicherungspflicht maßgebend. Sonderzahlungen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) sind anteilsmäßig zu berücksichtigen. Zeiten, in denen der Arbeitslose infolge Kurzarbeit oder Erkrankung (Schwangerschaft) nicht das volle Entgelt oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen hat, sowie Zeiten einer Lehrlingsentschädigung, wenn das Lehrverhältnis während des Berechnungszeitraumes geendet hat und es für den Arbeitslosen günstiger ist, bleiben bei der Berechnung des für die Festsetzung der Lohnklasse maßgebenden Entgeltes außer Betracht. In diesem Fall ist das Entgelt durch die Zahl der Versicherungstage zu teilen und mit 30 zu multiplizieren. Dies stellt das Monatsentgelt dar.
(2) Werden bei der Ermittlung des maßgeblichen Entgeltes im Sinne des Abs. 1 bzw. 8 Verdienste herangezogen, die weiter als drei Jahre vor dem Tag der Geltendmachung zurückliegen, so ist das Entgelt mit dem seiner zeitlichen Lagerung entsprechenden, am Tag der Geltendmachung in Geltung stehenden Aufwertungsfaktor gemäß § 108c ASVG zu vervielfachen."
Der Beschwerdeführer vertritt zunächst - so wie im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, es gebühre ihm das Arbeitslosengeld für die Dauer von 52 Wochen nach § 18 Abs. 2 lit. b AlVG. Die Voraussetzungen dieser gesetzlichen Bestimmung erfülle der Beschwerdeführer deshalb, weil sich die gemäß § 14 Abs. 1 AlVG vorgesehene Zeit zur Erfüllung der Anwartschaft (Rahmenfrist) gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. d leg. cit. um die Zeit seiner selbständigen Erwerbstätigkeit verlängere und daher der entsprechende Zeitrahmen (nach § 18 Abs. 2 lit. b AlVG) so zu wählen sei, daß "am Ende der versicherungspflichtigen Tätigkeit im Jahre 1968" (aus dem Zusammenhang der Beschwerde gemeint: vom Beginn der selbständigen Erwerbstätigkeit an) zurückzurechnen sei. Dann aber ergebe sich auf Grund der vorgelegten Unterlagen, daß über 468 Wochen arbeitslosenpflichtige Tätigkeit vorgelegen sei. Da der Beschwerdeführer zudem bei der Geltendmachung des Anspruches das 50. Lebensjahr bereits überschritten gehabt habe, stehe ihm Arbeitslosengeld für die Dauer von 52 Wochen zu.
Diesem Einwand kommt keine Berechtigung zu. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, "in den letzten 15 Jahren vor der Geltendmachung des Anspruches" im Sinne des § 46 Abs. 1 AlVG am 24. Juni 1991 keine
arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungen oder andere der im § 14 Abs. 4 AlVG genannte, nach § 18 Abs. 3 bei der Festsetzung der Bezugsdauer zu berücksichtigende Zeiten aufzuweisen. Seine selbständige Erwerbstätigkeit im Zeitraum vom 14. Mai 1968 bis 27. Juli 1990 verlängerte zwar nach § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. d AlVG die für die Anwartschaft nach § 14 Abs. 1 AlVG festgesetzte Rahmenfrist, mangels einer gesetzlichen Grundlage aber, wie die belangte Behörde zutreffend betonte, nicht die Frist des § 18 Abs. 2 lit. b AlVG (ebensowenig wie jene der diesbezüglichen Fristen des § 18 Abs. 1 und 2 lit. a AlVG).
Gegen die Festsetzung der Höhe des ihm gebührenden Arbeitslosengeldes wendet der Beschwerdeführer Nachstehendes ein: Er sei in der eben genannten Zeit selbständig erwerbstätig gewesen, sodaß zur Feststellung der anzuwendenden Lohnklasse seine Bezüge aus unselbständiger Tätigkeit vor diesem Zeitraum heranzuziehen gewesen seien. Vom 1. September 1966 bis 7. April 1967 sei er als Geschäftsführer der K. GmbH beschäftigt gewesen und habe unbestrittenermaßen bis zum 31. Jänner 1967 ein Monatsgehalt von S 7.000,-- und ab 1. Februar 1967 ein solches von S 10.000,-- bezogen. Am 7. April 1967 sei er von der K. GmbH fristlos entlassen worden, sodaß sein Dienstverhältnis mit diesem Tag geendet habe. Hätte er dies widerspruchslos zur Kenntnis genommen und sich gegen seine fristlose Entlassung nicht mit gerichtlichen Schritten gewehrt, so wäre heute auch nach der Rechtsmeinung der belangten Behörde das vor dem Zeitpunkt der Entlassung bezogene Gehalt zur Gänze der Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrunde zu legen gewesen. Tatsächlich sei der Beschwerdeführer jedoch gegen die Entlassung auf dem Klagsweg vorgegangen. Da zudem weitere zivilrechtliche Auseinandersetzungen zwischen ihm und seiner ehemaligen Dienstgeberin bzw. einzelnen Geschäftsführern anhängig gewesen seien, sei es schließlich am 9. Oktober 1968 vor einem Notar zu einer Regelung gekommen, die u.a. eine teilweise Abgeltung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Entschädigungsbeträge aus seinem früheren Dienstverhältnis (Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung, anteilige Sonderzahlungen etc.) enthalten habe. Dabei habe es sich tatsächlich und auch nach dem Willen sämtlicher Beteiligter um verglichene Beträge gehandelt. Richtig sei zwar, daß der Beschwerdeführer mit den verglichenen Beträgen zur Sozialversicherung angemeldet worden sei, er habe jedoch hiefür tatsächlich keine Tätigkeit zu erbringen gehabt. Jedenfalls hätten die verglichenen Beträge nicht jenen Bezügen entsprochen, die er im Zeitraum seiner Vollbeschäftigung bei der K. GmbH erhalten habe. Wende man § 21 Abs. 1 AlVG auf den vorliegenden Sachverhalt an, so ergebe sich zwingend, daß nur die vor dem 7. April 1967 bezogenen Beträge Berücksichtigung finden könnten. Die genannte Gesetzesbestimmung besage nämlich ausdrücklich, daß Zeiten, in denen der Arbeitslose infolge Kurzarbeit nicht das volle oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen habe, bei der Berechnung des für die Festsetzung der Lohnklasse maßgebenden Entgeltes außer Betracht zu bleiben hätten. Das bedeute, daß grundsätzlich zugunsten des Arbeitslosen nur jener Zeitraum berücksichtigt werden könne, in dem er voll gearbeitet und daher das zuletzt vereinbarte volle Entgelt bezogen habe. Sinngemäß bedeute dies für den vorliegenden Fall, daß jene Minderbeträge, die dem Beschwerdeführer auf Grund einer langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzung als Nachzahlung geleistet worden seien, nicht mit dem von der genannten Gesetzesstelle gemeinten Entgelt für die volle Arbeitstätigkeit gleichgesetzt werden könne. Diesbezüglich lägen aber auch relevante Verfahrensmängel vor. Der Beschwerdeführer habe nämlich vorgebracht und unter Beweis gestellt, daß er in jenem Zeitraum, den die belangte Behörde als Bemessungszeitraum festgesetzt habe (1. Juli bis 31. Dezember 1967), überhaupt keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe. Den Ausführungen der belangten Behörde, es hätten die von ihm vorgelegten insgesamt 11 Urkunden keine Beweiskraft, könne nicht beigetreten werden. Täte man dies nämlich, so müßte der Beschwerdeführer offenbar sämtliche vorgelegten Urkunden gefälscht haben, was nicht ernsthaft behauptet werden könne. Gehe man aber von der Echtheit der Urkunden aus, so ergebe sich die Richtigkeit seiner Sachverhaltsdarstellung, nämlich, daß er im maßgeblichen Zeitraum überhaupt nicht gearbeitet und daher kein Entgelt im Sinne des § 21 AlVG bezogen habe.
Diesem Einwand kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist nicht strittig, daß dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom 24. Juni 1991 dem Grunde nach ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zustand; strittig ist lediglich das Ausmaß dieser Leistung. Hiefür ist nach § 21 Abs. 1 AlVG sachverhaltsbezogen entscheidend, wann die durch das Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers mit der K. GmbH begründete "Versicherungspflicht" (entsprechend dem Regelungszusammenhang: nach dem AlVG) geendet hat. Dies ist - wegen der Zeitraumbezogenheit der Beurteilung der Versicherungspflicht - nach der im Zeitpunkt dieser Beendigung maßgebenden Rechtslage zu prüfen.
Endete, wie die belangte Behörde annimmt, die Arbeitslosenversicherungspflicht des Beschwerdeführers am 31. Dezember 1967 und überstieg das Entgelt aus dem auch im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 1967 bestandenen arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis nicht den von der belangten Behörde angenommenen Betrag (d.h. erhielt der Beschwerdeführer nicht mehr als diesen Betrag und hatte er auch keinen darüber hinausgehenden Anspruch), so ist der angefochtene Bescheid auch dann nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet, wenn der Beschwerdeführer, wie er behauptet, in diesem Zeitraum trotz des voraussetzungsgemäß aufrechten arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht (mehr) tatsächlich beschäftigt worden sein sollte. Denn dann läge kein Fall vor,
in dem "der Arbeitslose infolge Kurzarbeit ... nicht das volle
Entgelt oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen hat".
Wäre hingegen, wie der Beschwerdeführer behauptet, sein Beschäftigungsverhältnis mit der K. GmbH bereits am 7. April 1967 durch seine Entlassung beendet worden und wäre es erst im Zuge eines Streites zwischen ihm und der K. GmbH um die Berechtigung der Entlassung zur vergleichsweisen Regelung vom 9. Oktober 1968 über eine teilweise Abgeltung der von ihm geltend gemachten Entschädigungsbeträge aus dem seinerzeitigen Beschäftigungsverhältnis (u.a. der Kündigungsentschädigung) gekommen, so hätte seine Arbeitslosenversicherungspflicht entsprechend der damals geltenden Rechtslage am 7. April 1967 geendet, weil nach dieser Rechtslage (vor der Einfügung des § 1 Abs. 6 AlVG durch die Novelle BGBl. Nr. 615/1987) die Gewährung einer Kündigungsentschädigung nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zwar eine Versicherungspflicht nach dem ASVG, nicht aber nach dem AlVG begründete (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 31. Jänner 1985, Zl. 84/08/0159, und vom 26. Mai 1986, Zl. 84/08/0165, unter Hinweis auf das grundlegende Erkenntnis vom 29. November 1984, Slg. Nr. 11.600/A). An dieser Beurteilung vermöchte die nicht bescheidmäßige Anerkennung der Arbeitslosenversicherungspflicht im relevanten Zeitraum durch die Wiener Gebietskrankenkasse auf Grund der erfolgten "Nachtragsmeldung" nichts zu ändern. Denn einerseits brächte nicht schon die bloße nicht bescheidmäßige "Anerkennung", sondern erst der bescheidmäßige Abspruch durch die zur Entscheidung dieser Frage als Hauptfrage berufene Wiener Gebietskrankenkasse eine Bindung der belangten Behörde im Rahmen der ihr zunächst selbst obliegenden Prüfung der Vorfrage mit sich (vgl. Erkenntnis vom 20. Mai 1987, Zl. 86/08/0179); andererseits wäre zu beachten, daß die Arbeitslosenversicherungspflicht sowohl unabhängig von der Erstattung von Meldungen als auch von deren Richtigkeit und Vollständigkeit nur bei Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen eintritt und auch nur dann endet (vgl. Erkenntnis vom 25. April 1989, Zl. 88/08/0157).
Eine Arbeitslosenversicherungspflicht des Beschwerdeführers nach dem 7. April 1967, insbesondere im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 1967, hätte aber auch dann nicht bestanden, wenn sein Beschäftigungsverhältnis mit der K. GmbH zunächst durch seine Entlassung am 7. April 1967 geendet hätte, am 9. Oktober 1968 aber mit zivilrechtlicher (arbeitsrechtlicher) Rückwirkung vereinbart worden wäre, daß das Beschäftigungsverhältnis auch über den 7. April 1967 hinaus fortbestehe und erst am 31. Dezember 1967 ende, der Beschwerdeführer aber nach dem 7. April 1967 tatsächlich nicht beschäftigt gewesen sein sollte. Denn, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 1985, Zl. 82/08/0186, ausgeführt hat, beginnt im Fall einer einverständlichen Rücknahme einer zunächst wirksamen Auflösungserklärung und fehlender Beschäftigung danach bis zur Rücknahmevereinbarung das Beschäftigungsverhältnis unter Bedachtnahme auf die Judikatur über den Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl. dazu zuletzt ausführlich das Erkenntnis vom 24. Oktober 1989, Zl. 88/08/0281) erst wieder ab der neuen Aufnahme der Beschäftigung nach der Rücknahmeerklärung. Zufolge der Anknüpfung der Arbeitslosenversicherungspflicht u.a. an den Bestand eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom 29. November 1984, Slg. Nr. 11.600/A) tritt demgemäß die Arbeitslosenversicherungspflicht ebenfalls erst mit der neuen Aufnahme der Beschäftigung ein. Auch diesbezüglich änderte die nicht bescheidmäßige "Anerkennung" durch die Wiener Gebietskrankenkasse bzw. die "Nachtragsmeldung" für die Zeit ab 8. April 1967 nichts.
Die belangte Behörde stützte ihre Auffassung über die Beendigung der Versicherungspflicht am 31. Dezember 1967 auf die in der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides genannten, vom Beschwerdeführer selbst beigebrachten Unterlagen sowie auf Angaben der Wiener Gebietskrankenkasse, denen sie mehr Glauben schenkte als anderen vom Beschwerdeführer in Kopie vorgelegten Unterlagen, weil die "Originalität" dieser Unterlagen wegen der fehlenden Existenz der K. GmbH "dort nicht mehr abgeprüft" werden könne und den Angaben der Wiener Gebietskrankenkasse, der die Erhebung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge sowie die Überprüfung der in den Anmeldungen gemachten Angaben obliege, mehr Glauben geschenkt werden könne.
Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Der in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommende Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Diese Bestimmung hat nur zur Folge, daß - sofern in besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere auch nicht gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber keineswegs eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Der Verwaltungsgerichtshof ist an den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt auch insoweit nicht gebunden, als dieser in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde, der Ergänzung bedarf oder bei seiner Ermittlung Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Ermittlung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A, und die seither ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze ist der angefochtene Bescheid - vor dem Hintergrund der obigen materiellrechtlichen Darlegungen - mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet.
Der Beschwerdeführer hat nämlich zwar in seinem Antrag auf Arbeitslosengeld unter der Rubrik "Dienstverhältnisse" ein solches mit der K. GmbH als Geschäftsführer in der Zeit vom "1. 9. 1966 bis 31. 12. 1967" angeführt, die Kopie eines mit 31. Dezember 1967 datierten Dienstzeugnisses der K. GmbH vorgelegt, wonach er in der eben genannten Zeit ihr Geschäftsführer gewesen sei, und auch eine von ihm unterschriebene "Ersatzarbeitsbescheinigung" vom 5. Juli 1991 vorgelegt, wonach er bei der K. GmbH im eben genannten Zeitraum Geschäftsführer gewesen und das Dienstverhältnis "einvernehmlich gelöst" worden sei. Er hat aber schon in seinem Antrag auf Erlassung eines Bescheides und dann in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid behauptet, er sei von der
K. GmbH am 7. April 1967 entlassen worden, habe keinerlei Bezüge mehr bis zum Abschluß eines Vergleiches in Form einer notariellen Vereinbarung vom 9. Oktober 1968 erhalten und sei ohne Beschäftigung gewesen. Erst dann habe er eine "Nachzahlung" als Entschädigung für die ungerechtfertigte fristlose Entlassung vom 7. April 1967 bekommen. Zum Beweis dieser Behauptung legte er unter anderem die fünf nachstehenden Urkunden in Fotokopie vor, die die Richtigkeit dieses Vorbringens indizieren, möglicherweise aber auch als nachträgliche Vereinbarung einer Rücknahme der Entlassung mit Vergleich vom 9. Oktober 1968 interpretiert werden könnten:
1) Die mit 30. Oktober 1968 datierte Anmeldung des Beschwerdeführers zur Sozialversicherung durch die K. GmbH, die als "Nachtragsmeldung" für die Zeit vom 8. April bis 31. Dezember 1967 bezeichnet ist und in der sich der (unklar von wem hinzugefügte) Vermerk "Entlassung 7. 4. 1967" findet.
2) Ein Schreiben der K. GmbH an den Beschwerdeführer vom 31. Oktober 1968, in der es heißt, es werde "im Sinne des
Notariatsaktes vom 9. 10. 1968 ... in der Anlage
Nachtragsanmeldung für 1967 betreffend Krankenkasse (Nachzahlung für 1967) übermittelt, welche Verrechnung dieser Tage durch einen Beamten der Krankenkasse in unserem Büro überprüft wurde. Die entsprechenden Beträge werden durch die Krankenkasse erst errechnet und uns innerhalb der nächsten Tage bekanntgegeben, worauf wir diese sofort zur Einzahlung bringen werden. Weiters übermitteln wir in der Anlage noch Lohnsteuerverrechnung betreffend die Nachzahlung von
S 18.000,--, aufgeteilt auf die Monate Oktober, November und Dezember, im Sinne der getroffenen Abmachungen."
3) Eine Bestätigung der K. GmbH vom 31. Oktober 1968 über die "Nachzahlung insgesamt S 18.000,-- netto" mit der genannten Aufteilung auf die Monate Oktober bis Dezember 1968.
4) Eine Bestätigung der K. GmbH vom 15. November 1968, wonach "am 15. 10. 1968 (für den Beschwerdeführer) bei der Wiener Gebietskrankenkasse eine Meldung gemacht wurde
betreffend "Nachzahlung ... für die Monate April bis
Dezember 1967", welche Nachmeldung durch die Wiener Gebietskrankenkasse am 30. 10. 1968 bestätigt wurde. Die Krankenkassenbeiträge werden sofort nach Übersendung der Beitragsabrechnung überwiesen. Weiters bestätigt die (K. GmbH), daß die Lohnsteuer für (den Beschwerdeführer) für den obgenannten Zeitraum auf zwei Teile einbezahlt wurde, und zwar am 23. 10. 1968 ein Betrag von S 842,60 und am 15. 11. 1968 ein Betrag von S 1.685,20 (November- und Dezember-Verrechnung)."
Schon die Nachtragsmeldung des Beschwerdeführers zur Sozialversicherung vom 30. Oktober 1968 in Verbindung mit den übrigen eben genannten Urkunden hätte die belangte Behörde veranlassen müssen, sich nicht mit den für eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung bis 31. Dezember 1967 sprechenden Urkunden und Erklärungen des Beschwerdeführers und anderen nicht näher genannten Angaben der Wiener Gebietskrankenkasse zu begnügen, sondern unter anderem zu ermitteln, aus welchen Gründen die Wiener Gebietskrankenkasse bei "Überprüfung der in den Anmeldungen gemachten Angaben" zur Auffassung gelangte, es habe das arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis bis 31. Dezember 1967 gedauert, und den vom Beschwerdeführer in seiner Berufung beantragten Zeugen, den nunmehrigen Rechtsvertreter, der nach Behauptung des Beschwerdeführers "seinerzeit meine Vertretung innehatte und diesen erwähnten notariellen Vergleich aushandelte", zu vernehmen.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Durchführung dieser unterlassenen Ermittlungen zum Ergebnis gelangt wäre, daß nach dem 7. April 1967, insbesondere im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 1967, keine Arbeitslosenversicherungspflicht des Beschwerdeführers mehr bestanden habe und daher bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes im Sinne des § 21 Abs. 1 AlVG das Entgelt des Beschwerdeführers aus den letzten sechs Monaten vor seiner Entlassung heranzuziehen sei, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992080103.X00Im RIS seit
18.10.2001Zuletzt aktualisiert am
27.07.2012