TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/11 90/06/0165

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Veröffentlicht am 11.02.1993
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
BauO Tir 1989 §25 litd;
BauO Tir 1989 §31 Abs1;
BauO Tir 1989 §43 Abs3;
BauO Tir 1989 §44 Abs3 lita;
BauO Tir 1989 §44 Abs5;
BauO Tir 1989 §7 Abs1;
BauO Tir 1989 §7 Abs2;
BauO Tir 1989 §7 Abs6 lita;
BauO Tir 1989 §7 Abs9;
BauRallg;
ROG Tir 1984 §24 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 1. August 1990, Zl. Ve-550-790/8, betreffend baupolizeiliche Aufträge (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde H, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf Punkt 1. des baupolizeilichen Auftrages vom 20. Juni 1989 bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. Februar 1981 hatte der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung eines Anbaues an das Objekt R-Straße 11 (in welchem der Beschwerdeführer eine Arztordination betreibt), Gp. 226/1, KG H, nach Maßgabe der genehmigten Pläne erteilt, u.a. mit der Auflage (1): "Die Wand zur Gp. 226/9 darf, gemessen vom obersten Punkt bis zur mittleren Höhenlage des anschließenden GEBÄUDES, nicht höher als 2,80 m sein". In der Baubeschreibung war die Höhe zwar auch mit 2,80 m angegeben worden, jedoch "entsprechend § 24 TRO" (gemeint wohl: TROG); in dem mit Bewilligungsvermerk versehenen Plan wurden die 2,80 m von einer Unterkante ausgewiesen, die 0,40 m unter Niveau (offensichtlich des Grundstückes des Beschwerdeführers) lag. In der Baubeschreibung war als Verwendungszweck die Nutzung als "Abstellraum (Karteiarchiv)" angegeben worden; im Einreichplan ist der Raum als "Abstellraum" ausgewiesen, wobei er vom Anmelderaum der Ordination durch eine Wand (mit Türöffnung getrennt) ist. Die Dachdeckung ist als Foliendach mit Kiesschüttung angegeben.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 1982 war vom Bürgermeister der Stadtgemeinde H dem Beschwerdeführer eine weitere Baubewilligung für zwei "Pflanzräume (Glashäuser)" erteilt worden. Dieses Bauvorhaben sollte direkt an der Grundgrenze zwischen dem auf Grund der Baubewilligung vom 17. Februar 1981 errichteten Anbau und der Einfriedung errichtet werden, wobei die Abgrenzung zur Gp. 226/9, KG H, mit einer 2,80 m hohen Mauer erfolgen sollte. Die Baubewilligung wurde, nach Maßgabe der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne, unter Einhaltung unter anderem der Auflage erteilt, daß die Eindeckung der Räume nur mit lichtdurchlässigem Material erfolgen dürfe. Die diesem Bauvorhaben beiliegende Baubeschreibung gibt für die Höhe der geplanten baulichen Anlage 2,78 m, als Höhe der maßgebenden Außenwände 2,78 m, an, wobei die Wände in Holzkonstruktion mit kittloser Verglasung und Anschluß an den Altbau und die Decke als Holzkonstruktion mit kittloser Verglasung ausgeführt werden sollten. Von den bewilligten Pflanzräumen wurde von dem Bauwerber nur jenes Bauvorhaben ausgeführt, welches sich südlich an den als Abstellraum bewilligten Anbau anschließt.

Am 20. Juni 1989 erließ der Bürgermeister der Stadtgemeinde

H gegenüber dem Beschwerdeführer folgende, auf §§ 43 Abs. 3 und 44 Abs. 5 der Tiroler Bauordnung (TBO) gestützte, baupolizeiliche Aufträge:

"1. Die östliche Außenwand des mit Bescheid des Stadtrates vom 17. Februar 1981 genehmigten Anbaues an das Objekt R-Straße 11 ist einschließlich der erforderlichen Abtragung der Dachkonstruktion soweit abzutragen, daß die Höhe vom obersten Punkt bis zur mittleren Höhenlage des anschließenden Geländes der Nachbarparzelle Gp. 226/9 nicht mehr als 2,80 m beträgt. Die auf dem Dach errichtete Lichtkuppel ist zu entfernen.

Dieser als Abstellraum genehmigte Anbau darf künftig ausschließlich nur zum Schutz von Sachen verwendet werden. Die Verwendung als Empfangs- bzw. Kanzleiraum oder eine Verwendung dieses Raumes, die einen häufigen, wiederholten oder ständigen Aufenthalt von Personen bedingt, wird untersagt.

2. Der südlich an diesen Abstellraum anschließende, mit Bescheid vom 25. Oktober 1982, Zl. III-206/1-82 als kleines Glashaus bewilligte Anbau ist abzutragen und der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen.

3. Die unter Punkt 1 und 2 angeordneten Maßnahmen sind innerhalb einer Frist von vier Monaten, gerechnet vom Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides, durchzuführen und abzuschließen."

Zur Begründung wurde im wesentlichen dargelegt, daß eine Abweichung von den bewilligten Bauvorhaben und der tatsächlich errichteten Bauobjekte vorliege. Nach Messungen des städtischen Bauamtes wurden unter anderem folgende, diesem Bescheid vom 20. Juni 1989 zugrundeliegende, Feststellungen getroffen:

1) Die östliche Begrenzungswand entlang des Innenhofes zum nördlich als Abstellraum bewilligten Anbau sei in der Höhe der Begrenzungswand weitergeführt worden, ohne daß für die Begrenzungsmauer in dieser Höhe eine Baubewilligung vorliege.

2) Der als Abstellraum bewilligte Anbau sei in einer tatsächlichen Höhe von ca. 3,50 m gegenüber dem östlichen Nachbargrundstück errichtet worden. Die Dacheindeckung bestehe aus einer Lichtkuppel. Die räumliche Ausgestaltung des als Abstellraum genehmigten Anbaues sei als Anmelderaum mit der Möglichkeit erfolgt, den regelmäßigen Parteienverkehr abzuwickeln.

3) Der als Pflanzraum (Glashaus) südlich des als Abstellraum genehmigten Anbaues errichtete Zubau sei nach Süden ausgedehnt worden. Entgegen dem Einreichplan, der nur eine Berührung des Glashauses mit der Garage auf dem Nachbargrundstück vorsehe, sei das "Glashaus" in einer Länge von 1,70 m mit dem an der Grundgrenze befindlichen Garagengebäude zusammengebaut worden. Der Anbau "Glashaus" sei überwiegend fest umwandet. Nur die südliche Außenwand sei als unterteiltes Glasfenster ausgebildet. Die Höhe des Anbaues "Glashaus" betrage mehr als 3,60 m an der den Nachbarn zugekehrten Außenwand. Die Dacheindeckung sei als Holzkonstruktion mit Kieseindeckung und einer Glaskuppel erfolgt. Das nunmehr errichtete "Glashaus" sei durch die bauliche Ausgestaltung allenfalls als Wintergarten mit Grünpflanzen als Raumdekoration einzustufen.

Eine Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes anstelle der Beseitigung bzw. des Abbruches sei hinsichtlich des Glashauses technisch und wirtschaftlich nicht vertretbar, da bautechnische Veränderungen in einem umfangreichen Ausmaß erforderlich seien, während hinsichtlich des Abstellraumes (nur) die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes und die Unterlassung einer konsenswidrigen Verwendung aufzutragen gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid vom 20. Juni 1989 erhob der Beschwerdeführer Berufung, worin er im wesentlichen vorbrachte, daß er ein Glashaus errichtet habe, das gärtnerischen Zwecken diene und im übrigen die Baubewilligung rechtskräftig sei. Hinsichtlich der Höhe des Anbaues "Abstellraum" sei das Niveau seines Grundstückes maßgebend, welches um mehr als 1 m höher als das Nachbargrundstücksniveau sei. Die Baubehörde habe es im übrigen unterlassen, das natürliche Niveau seines Grundstückes festzustellen. Der Anbau "Abstellraum" werde nur im Rahmen des durch die Baubewilligung gedeckten Nutzungsumfanges benutzt, wobei sich vor dem "Abstellraum" nur eine optische Abgrenzung und kein Rezeptionspult befinde.

Mit Bescheid vom 7. Mai 1990 wies der Gemeindevorstand die Berufung im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die Erstbehörde eine ausreichende Interpretation des Begriffes "Glashaus" im Sinne der TBO vorgenommen habe. Der als Abstellraum genehmigte Anbau werde tatsächlich wie ein Anmeldezimmer bzw. Ordinationszubau genutzt, wovon sich die Baubehörde unter anderem bei einer Augenscheinsverhandlung am 28. Jänner 1988 überzeugen habe können. Diese Augenscheinsverhandlung habe im Rahmen eines Ansuchens vom 9. Dezember 1987 um nachträgliche Bewilligung zur Errichtung eines kleinen Glashauses am bestehenden Abstellraum sowie der Sanierung des Daches am Abstellraum stattgefunden. Die Erstbehörde habe auch zu Recht, entsprechend dem rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid, das Niveau des Nachbargrundstückes als Grundlage herangezogen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Berufungsbescheid vom 7. Mai 1990 ab. Dabei führte sie nach Wiedergabe der Verfahrens- und Rechtslage unter anderem aus, daß der Anbau "Abstellraum (Karteiarchiv)" durch die tatsächliche Nutzung entgegen dem bewilligten Verwendungszweck genutzt werde. Die vom Vorstellungswerber selbst eingeräumte vorhandene Einrichtung im Zusammenhalt mit den beiliegenden Fotos lasse eindeutig den Schluß zu, daß der Abstellraum zumindest auch dem Aufenthalt von Menschen diene; dies stehe im Widerspruch zu dem bewilligten Verwendungszweck.

Die bauliche Ausführung des südlich an dem "Abstellraum" gebauten "Glashauses" entspreche in keiner Weise dem mit Bescheid vom 25. Oktober 1982 bewilligten Glashaus. Die Herstellung des bescheidmäßigen Zustandes sei bei derart schwerwiegenden Abweichungen nur durch sehr kostenintensive Maßnahmen zu erreichen, sodaß eine wirtschaftliche Vertretbarkeit ausscheide und der Abbruch zu Recht angeordnet worden sei.

Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Nichtüberschreitung der zulässigen Höhe durch die Zubauten führte die belangte Behörde aus, daß gemäß § 7 Abs. 2 TBO das anschließende Gelände des östlichen Nachbargrundstückes maßgebend sei. Daß letzteres Niveau geändert worden sei, werde vom Beschwerdeführer nicht behauptet, sondern nur eine Absenkung des eigenen Geländes. Ein anderer Schnitt für die Beurteilung der Höhe der abzutragenden Objekte sei im Sinne von § 7 Abs. 2 erster Satz nicht möglich gewesen. Ein Fehlen von Feststellungen im Hinblick auf das Geländeniveau begründe keine wesentliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens, da der festgestellte Schnitt der Außenwand mit dem anschließenden Gelände des Nachbargrundstückes rechtmäßig gewesen sei. Bei Änderung der Höhenlage für die Beurteilung der zulässigen Höhe der baulichen Anlage sei die Höhenlage vor dieser Veränderung maßgebend.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 10. Oktober 1990, B 1100/90-4, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte

Partei erstatteten Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 7 Abs. 6 lit. a und Abs. 9 der Tiroler Bauordnung (TBO)

lauten:

"§ 7

(6) In den Abstandsflächen, die sich aus den Mindestabständen von drei oder vier Metern nach Abs. 1 ergeben, dürfen folgende bauliche Anlagen errichtet werden:

a) oberirdische bauliche Anlagen, wenn die Höhe der der Grundstücksgrenze zugekehrten Wand 2,80 Meter, bei baulichen Anlagen im Gewerbe- und Industriegebiet sowie bei Glashäusern für gärtnerische Zwecke 3,50 Meter nicht übersteigt.

(9) Die nach Abs. 6 lit. a zulässigen baulichen Anlagen dürfen weder Rauchfang- oder Abgasfangmündungen enthalten noch mit begehbaren Dächern ausgestattet sei, außer der betroffene Nachbar stimmt einem solchen Dach ausdrücklich zu. Die nach Abs. 6 lit. a und c zulässigen baulichen Anlagen dürfen nur dem Schutz von Sachen dienen. Dem Schutz von Tieren dürfen die nach Abs. 6 lit. a und c zulässigen baulichen Anlagen nur dienen, wenn sie im Bereich der Abstandsflächen, die sich aus den Mindestabständen von drei oder vier Metern nach Abs. 1 ergeben, keine Öffnungen ins Freie habe. Dem Aufenhalt von Menschen dürfen die nach Abs. 6 lit. c zulässigen baulichen Anlagen nur dienen, wenn sie im Bereich der Abstandsflächen, die sich aus den Mindestabständen von drei oder vier Metern nach Abs. 1 ergeben, keine Öffnungen ins Freie haben."

§ 25 lit. d TBO bestimmt:

"§ 25

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

Einer Bewilligung der Behörde bedarf:

a)

der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;

b)

die sonstige Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, soweit sie die Festigkeit, die Feuersicherheit, die sanitären Verhältnisse oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflußt;

c)

der Abbruch von Gebäuden und Gebäudeteilen;

d)

Die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, sofern diese Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben kann."

§ 43 Abs. 3 TBO lautet:

"§ 43

(3) Wird eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt oder wird eine bauliche Anlage zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck, bei baulichen Anlagen, die nach früheren baurechtlichen Vorschriften errichtet wurden, zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benützt, ohne daß die Bewilligung nach § 25 lit. d bzw. § 56 Abs. 7 vorliegt, oder wird ein bisher anderweitig verwendetes Gebäude als Apartmenthaus oder als Einkaufszentrum verwendet, ohne daß die Bewilligung nach § 16a Abs. 2 bzw. § 16b Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 vorliegt, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage oder, wenn er sie nicht selbst benützt, dem Benützer die weitere Benützung der baulichen Anlage zu untersagen. Bei Gefahr im Verzug kann die Behörde die bauliche Anlage durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ohne vorausgegangenes Verfahren räumen."

§ 44 Abs. 3 lit. a, Abs. 5 TBO bestimmt:

"§ 44

(3) Die Behörde hat den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessenen festzusetzenden Frist aufzutragen,

a) wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt.

(5) Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. a sind sinngemäß anzuwenden, wenn ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt wurde und diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens darstellt, zu deren Vornahme auch dann, wenn das Bauvorhaben bereits ausgeführt wäre, eine Baubewilligung erforderlich wäre. Sofern dies wirtschaftlich vertretbar ist, hat die Behörde anstelle des Abbruches der baulichen Anlage bzw. der Beseitigung des Bauvorhabens die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufzutragen."

§ 24 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 76/1986, lautet:

"(3) Die Wandhöhe ist, wenn im Bebauungsplan die Höhenlage festgelegt ist, von dieser, sonst von der Oberfläche des an die Außenwand anschließenden Geländes, oder soweit an die Außenwand eine Verkehrsfläche anschließt, von der endgültigen Höhe dieser Verkehrsfläche bis zum Schnitt der äußeren Wandfläche mit der Dachhaut oder, falls dies eine größere Höhe ergibt, bis zur Oberkante der Außenwand zu messen. Soweit die Höhenlage des Geländes durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung durch Aufschüttung oder Abgrabung verändert wurde, ist von jener Höhenlage auszugehen, die vor dieser Veränderung bestanden hat. Schließt eine Außenwand nicht an das Gelände an, so ist die Wandhöhe von der Schnittlinie zwischen der lotrecht verlängerten äußeren Wandflucht dieser Wand und dem Gelände zu messen. ..."

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich in seinem Vorbringen gegen den Spruch 1) des Bescheides vom 20. Juni 1989 zunächst gegen die ausgesprochene Abtragung der östlichen Außenwand einschließlich der erforderlichen Abtragung der Dachkonstruktion und gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß die Höhe vom obersten Punkt bis zur mittleren Höhenlage anschließenden Geländes der Nachbarparzelle nicht mehr als 2,80 m betragen dürfe, sowie gegen den Auftrag, die sich auf dem Dach des "Abstellraumes" befindliche Lichtkuppel zu entfernen.

Während hinsichtlich der Lichtkuppel der baupolizeiliche Auftrag unzweifelhaft die Beseitigung des durch den Baukonsens des Baubewilligungsbescheides vom 17. Februar 1981 nicht gedeckten Zustandes verfügt, ist die Frage, wie weit auch hinsichtlich der Höhe vom Baukonsens abgewichen wurde, nicht hinreichend geklärt. Wäre im Sinne des - mit dem seit der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 geltenden § 7 Abs. 2 TBO inhaltsgleichen - in der Baubeschreibung genannten § 24 TROG vom verglichenen Gelände des Nachbarn auszugehen, hätte die Baubehörde zutreffend (wenn auch nicht glücklich formuliert), verfügt, daß das konsenslos erhöhte und konsenswidrig ausgeführte Bauwerk entsprechend abzutragen (= niedriger zu gestalten) sei. Auf diese Weise konnte durchaus im Interesse des Beschwerdeführers ein nach § 44 Abs. 5 iVm Abs. 3 lit. a TBO in Betracht kommender Abbruch der baulichen Anlage "Abstellraum" in seiner Gesamtheit vermieden werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/06/0207, vom 1. Oktober 1980, Zlen. 403, 405/80, Slg. Nr. 10.247/A). Wenn der Beschwerdeführer aber die Möglichkeit der Vornahme der Änderung bezweifelt, stünde es ihm frei, den gesamten (konsenswidrigen) Anbau abzutragen.

Die Verwaltungsbehörden haben es jedoch unterlassen, die Widersprüche zwischen dem Wortlaut der "Auflage" des Bescheides vom 17. Februar 1981 ("Gebäude" statt "Gelände"), dem Plan und der Baubeschreibung zu klären, und so den Inhalt der Baubewilligung festzustellen. Da dies aber wesentliche Voraussetzung der Beurteilung der Gebäudehöhe als konsenswidrig ist, und die Vorstellungsbehörde diesen Feststellungsmangel nicht erkannte (die Einfügung des Klammerausdruckes "(gemeint Gelände)" nach "Gebäude" in der Wiedergabe des Sachverhaltes reicht hiezu nicht aus), belastete sie insofern ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes; er war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Aus verfahrensökonomischen Gründen sei jedoch darauf verwiesen, daß der Auftrag hinsichtlich der Verwendung des Abstellraumes, falls nicht dessen Beseitigung angeordnet wird, der Rechtslage entspricht, und nur klarer formuliert werden sollte.

Wie die Vorstellungsbehörde in ihrer Gegenschrift richtig ausführt, besteht eine Privilegierung für Bauvorhaben im Hinblick auf die Abstandsvorschriften nur für solche baulichen Anlagen, die ausdrücklich von den Vorschriften des § 7 Abs. 1 TBO ausgenommen sind. Nach § 7 Abs. 9 TBO in Verbindung mit dem in der Baubewilligung in Anspruch genommenen § 7 Abs. 6 lit. a TBO ist die Zweckbestimmung der privilegierten Vorhaben auf solche eingeengt, die "NUR den Schutz von Sachen" dienen dürfen. Nur bei diesen privilegierten Vorhaben kommt ein geringerer Abstand als der in § 7 Abs. 1 TBO vorgeschriebene Mindestabstand in Betracht. Die Notwendigkeit, einen derartigen Raum doch gelegentlich betreten zu müssen, führt zu keiner anderen Beurteilung der maßgebenden Zweckbestimmung, sodaß jegliche Änderung oder Erweiterung der gesetzlich zugelassenen Zweckbestimmung als solcher dem Privilegierungstatbestand widerspricht. Nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt steht fest, daß der Beschwerdeführer die Zweckbestimmung des "Abstellraumes" über den Schutz von Sachen hinaus erweitert hat, und die tatsächliche Verwendung der baulichen Anlage wenigstens auch der Abwicklung des Parteienverkehrs dient, wozu offensichtlich kommt, daß die Trennwand zwischen Anmelderaum und Anbau konsenswidrig nicht besteht, weil sonst nicht ein bloßes Pult (nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers) der Trennung dienen könnte.

Unverständlich ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Baubewilligung enthalte gar keine Einschränkung auf Abstellraum. Übersieht er dabei doch, daß mangels projektsändernder Auflagen die Baubewilligung stets nur die Polizeierlaubnis zur Errichtung des in Baubeschreibung und Plänen konkretisierten Projekts darstellt.

Die ausgesprochene Nutzungsbeschränkung steht demnach im Einklang mit dem Gesetz. In diesem Zusammenhang haben sich die Behörden daher zu Recht auf § 25 lit. d TBO berufen, wonach die Änderung des Verwendungszweckes, "soweit die Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach der TBO einen Einfluß haben kann", bewilligungspflichtig ist.

II.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers gegen den Spruch 2) des Bescheides vom 20. Juni 1989 stützt sich im wesentlichen darauf, daß der Auftrag, die Abtragung der tatsächlich, südlich zum Anbau "Abstellraum (Karteiarchiv)" errichteten baulichen Anlage und der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes vorzunehmen, fehlerhaft sei und in seine wirtschaftliche Dispositionsfreiheit eingreife.

Der Beschwerdeführer verkennt hiebei, daß die Baubehörde bei der Beurteilung, ob dem Beschwerdeführer die Verwirklichung des bescheidmäßigen Zustandes wirtschaftlich vertretbar ist (§ 44 Abs. 5 Satz 2 TBO), zunächst zu Recht darauf abgestellt hat, daß in der tatsächlichen abgeschlossenen Bauausführung ein im Verhältnis zu dem mit Bescheid vom 25. Oktober 1982 bewilligten Objekt gänzlich anderes Bauwerk vorliegt (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/06/0207, zu den §§ 40 Abs. 2 und 3, 44 Abs. 3 lit. a TBO, sowie das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1980, Zlen. 403, 405/80 Slg. Nr. 10.247/A). Es kann nicht bezweifelt werden, daß bei der wirtschaftlichen Beurteilung, ob anstelle des Abbruches der baulichen Anlage die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes vertretbar ist, berücksichtigt werden muß, daß in Wahrheit eine völlige Substanzveränderung oder eine Erneuerung des Gebäudes als Folge der Notwendigkeit des Ersetzens wesentlicher raumbildender Bauelemente durch neue Bauteile erforderlich ist. Wie aus den Sachverhaltsdarstellungen ersichtlich, hat die tatsächlich abgeschlossene Bauführung des Beschwerdeführers bei der in Frage stehenden baulichen Anlage solche Abweichungen von der Baubewilligung zur Folge, daß sie das Gebäude als ein gänzlich anderes erscheinen läßt. Die Baubehörde durfte daher hier davon ausgehen, daß die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes bei der abgeschlossenen tatsächlichen Bauausführung des "Glashauses" wirtschaftlich nicht vertretbar ist.

Auch soweit sich der Beschwerdeführer gegen die seiner Meinung nach zu kurze 4-monatige Frist für die Befolgung der baupolizeilichen Aufträge wendet, hat das Beschwerdebegehren keinen Erfolg. Der Bescheid vom 20. Juni 1989 ließ dem Beschwerdeführer hinreichend Zeit, vor den Wintermonaten den baupolizeilich geforderten, ausreichend bestimmten Maßnahmen nachzukommen.

Die Beschwerde war demnach, soweit sie sich auf Punkt 2. des baupolizeilichen Auftrages bezog, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärter Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990060165.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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