TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/17 89/12/0227

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Veröffentlicht am 17.02.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/06 Dienstrechtsverfahren;
64/03 Landeslehrer;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §63 Abs3;
DVG 1984 §8;
LDG 1962 §42;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des B in O, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. Oktober 1989, Zl. SchA-68721/34/1989, betreffend Entfall der Bezüge und Nichtanrechnung als ruhegenußfähige Dienstzeit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Hauptschullehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten. Er ist der Hauptschule n in Villach zur Dienstleistung zugewiesen.

Mit Eingabe vom 4. September 1989 ersuchte der Beschwerdeführer auf dem Formblatt "Antrag auf außerordentliche Beurlaubung", ihn für die Zeit vom 12. bis 16. September 1989 zu beurlauben, um an einer Studienreise in Kreta teilnehmen zu können. Er habe auf Grund einer Einladung die einmalige Gelegenheit bekommen, die Kunstdenkmäler der minoischen Kunst wie die Paläste von Knossos und Phaestos, das Museum von Iraklion usw. kennenzulernen. Für seine Tätigkeit als Lehrer und Bildhauer und Leiter der "ARGE-WE" von Villach-Stadt und als "LLAG"-Leiter der Werkerzieher Kärntens diene diese Studienreise seiner persönlichen Fortbildung und Wissenserweiterung, um letztendlich den Unterricht in der Schule zu bereichern.

Dieser Antrag wurde auf dem im Formblatt vorgesehenen Punkt 2) "Stellungnahme des Schulleiters" vom Schulleiter des Beschwerdeführers im wesentlichen damit befürwortet, der Beschwerdeführer habe keinerlei Funktionen oder Aufgaben, die seine Anwesenheit in der Schule unbedingt erforderlich machten.

In ihrer am Formblatt unter Punkt 3) "Stellungnahme der Schulaufsichtsbehörde" abgegebenen Äußerung vom 4. September 1989 teilte die Schulaufsichtsbehörde (Bezirksschulinspektor) mit, mit Befremden nehme sie die Aussage des Schulleiters zur Kenntnis, der Beschwerdeführer habe in der ersten Schulwoche keine schulischen Aufgaben zu erfüllen. Sie sei vielmehr der Auffassung, daß die Anwesenheit aller Lehrkräfte gerade in der ersten Schulwoche unumgänglich erforderlich sei, besonders dann, wenn eine Lehrkraft ein zusätzliches Referat (WE) zu betreuen habe. Aus rein pädagogischen Gründen werde die Dienstfreistellung seitens der Schulaufsichtsbehörde nicht befürwortet.

Nach einer in den Akten aufliegenden Ablichtung des Formblattes ist unter Punkt 4) folgende Erledigung getroffen worden:

"4) Entscheidung des Schulamtes:

a)

der beantragte Sonderurlaub wird genehmigt

b)

der beantragte Sonderurlaub vom 12.9.1989 bis 16.9.1989 wird gem. § 42 LDG 1962 abgewiesen.

........

(es folgt leserliche Unterschrift des Schulamtsleiters)

Begründung:

gem. § 42 LDG 1962 liegt die Beurlaubung vom Landeslehrer grundsätzlich im freien Ermessen der Dienstbehörde. Ihrem Ansuchen stehen keine zwingende dienstliche und pädagogische Gründe entgegen, weshalb wie oben ersichtlich entschieden wurde. (Anmerkung: Diese Textierung ist im maschinellen Vordruck enthalten; der nachfolgende Text ist maschinschriftlich eingefügt).

Wie aus der Stellungnahme der Schulaufsichtsbehörde zu entnehmen ist, ist eine Dienstfreistellung in der Zeit v. 12.9.-16.9.1989 aus pädagogischen Gründen nicht möglich. Nach der Rücksprache mit dem Amt d. Kärntner Landesregierung Abt 6., wurde auch von dieser mitgeteilt, daß eine Dienstfreistellung

              i.              diesem Ausmaß nicht genehmigt werden kann."

Punkt 4)b) ist abgehakt.

Mit Schreiben vom 13. September 1989 setzte der Magistrat der Stadt Villach-Schulamt die belangte Behörde davon in Kenntnis, daß der Schulamtsleiter dem Beschwerdeführer bei der Antragstellung erklärt habe, das Schulamt werde ihm unter der Bedingung die Genehmigung erteilen, daß auch eine Zustimmung der Schulaufsichtsbehörde für die außerordentliche Beurlaubung vorliege. Diese sei jedoch von der Schulaufsichtsbehörde abgelehnt worden. Das sei auch Anlaß gewesen, daß das Schulamt mit einer ausführlichen Begründung den Urlaub nicht genehmigt habe (§ 42 LDG 1962). Daraufhin sei der Beschwerdeführer am Freitag, dem 8. September 1989, nochmals im Schulamt erschienen und habe sich in ungestümer Weise bei Frau S. und Frau Mag. L. über die Ablehnung seines Urlaubsansuchens beschwert. Der Amtsleiter habe sich an diesem Tag auf Urlaub befunden. An diesem Tag sei der Beschwerdeführer auch vom Bezirksschulinspektor aufgefordert worden, die Ablehnung zur Kenntnis zu nehmen. Trotz Ablehnung seines Ansuchens sowohl durch das Schulamt als auch durch die Schulaufsichtsbehörde habe der Beschwerdeführer seinen außerordentlichen Urlaub (vom 12. bis 16. September 1989) angetreten.

Mit Schreiben vom 19. September 1989 forderte hierauf die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, umgehend schriftlich Stellung zu nehmen, warum er den außerordentlichen Urlaub trotz Ablehnung seines Urlaubsantrages durch das Schulamt des Magistrates Villach angetreten habe.

Hiezu teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24. September 1989 mit, seinem Urlaubsantrag sei vom Leiter des Schulamtes stattgegeben worden. Er sei daher nicht unentschuldigt vom Dienst ferngeblieben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Oktober 1989 stellte die belangte Behörde fest, daß die Bezüge des Beschwerdeführers für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 GG entfielen, da er in der Zeit vom 12. bis 16. September 1989 vom Dienst an der Hauptschule n in Villach eigenmächtig ferngeblieben sei, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen. Ferner stellte die Dienstbehörde fest, daß diese Zeit gemäß § 6 Abs. 2 des Pensionsgesetzes nicht als ruhegenußfähige Dienstzeit angerechnet werde.

Begründend führte die belangte Behörde (nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen) aus, dem Antrag des Beschwerdeführers vom 4. September 1989 sei vom Magistrat Villach - Schulamt nicht entsprochen worden, sodaß der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, seinen Dienst in der Hauptschule n in Villach zu versehen. Trotz Ablehnung seines Antrages auf Sonderurlaub sei der Beschwerdeführer in der genannten Zeit nicht zum Dienst erschienen und habe seinen Urlaub angetreten. Für die belangte Behörde stehe zweifelsfrei fest, daß der Beschwerdeführer aus diesem Grund im fraglichen Zeitraum ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei. Seine anderslautende Erklärung, ihm sei ein Urlaubsantrag genehmigt worden, erscheine keineswegs glaubhaft, zumal er keinerlei Beweise für diese Aussage zu erbringen vermocht habe. Die Nichtanerkennung der Zeit vom 12. September bis 16. September 1989 als ruhegenußfähige Dienstzeit beruhe auf § 6 Abs. 2 des Pensionsgesetzes 1965.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 GG - dieses Gesetz ist nach § 106 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984 mit hier nicht interessierenden Abweichungen auch auf Landeslehrer anzuwenden - entfallen die Bezüge für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst, wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst fernbleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen.

Nach § 6 Abs. 2 des Pensionsgesetzes 1965 (PG) erster Satz - dieses Gesetz ist nach § 106 Abs. 1 Z. 2 LDG 1984 auf Landeslehrer anzuwenden - gilt als ruhegenußfähige Bundesdienstzeit (nach § 106 Abs. 2 Z. 1 Landesdienstzeit) die Zeit, die der Beamte im bestehenden öffentlich-rechtlichen Bundes-(hier: Landes)dienstverhältnis vom Tag des Dienstantrittes bis zum Tag des Ausscheidens aus dem Dienststand zurückgelegt hat. Nach dem dritten Satz des § 6 Abs. 2 PG ist von der Regelung des ersten (und zweiten) Satzes die Zeit des eigenmächtigen und unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst in der Dauer von mehr als drei Tagen ausgenommen.

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, der Schulamtsleiter habe ihm vorweg mündlich die Genehmigung des Sonderurlaubes wie beantragt erteilt. Zwei Tage vor Beginn des beantragten Urlaubes sei dem Beschwerdeführer das in Fotokopie beiliegende Antragsformular mit der Entscheidung des Schulamtes unter Punkt 4) übergeben worden (Anmerkung: Punkt 4) der vorgelegten Fotokopie entspricht der im Sachverhalt oben wiedergegebenen Darstellung, allerdings ist sowohl Punkt a) als auch Punkt b) abgehakt). Der Erledigung könne nicht entnommen werden, welche Entscheidung der Schulamtsleiter getroffen habe. In der Begründung werde angeführt, daß dem Ansuchen keine zwingenden dienstlichen und pädagogischen Gründe entgegenstünden; in der weiteren hinzugefügten Begründung werde jedoch ausgeführt, daß sowohl dienstliche wie auch pädagogische Gründe dem Ansuchen entgegenstünden. Die Begründung der belangten Behörde, das Schulamt habe seinen Antrag abgelehnt, sei aktenwidrig, weil sie mit dem Original und der unter Punkt 4) enthaltenen Entscheidung des Schulamtes in Widerspruch stehe. Da im Beschwerdefall zumindest eine mündliche ausdrückliche Gestattung vorgelegen sei und auch keine schriftliche Entscheidung vorliege, aus der die Versagung hervorgehe, sei die getroffene Entscheidung auch inhaltlich rechtswidrig. Außerdem habe die Behörde zu seinem Vorbringen, ihm sei der Sonderurlaub genehmigt worden, keine Erhebungen zu dessen "Verifizierung" getroffen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich die Frage, ob eine mündliche ausdrückliche Genehmigung des Schulamtsleiters betreffend Erteilung eines vom Beschwerdeführer beantragten Sonderurlaubes vorlag, der auch der Inhalt der später ergangenen, dem Beschwerdeführer noch vor dem 12. September 1989 zugegangenen schriftlichen Erledigung des Schulamtsleiters des Magistrates der Stadt Villach nicht entgegenstand.

Ungeachtet des im Dienstrechtsverfahren herrschenden Grundsatzes der Amtswegigkeit reicht es nicht aus, wenn der Beamte bloß das Vorliegen des Gegenteils des ihm von der Dienstbehörde vorgehaltenen Sachverhaltes behauptet. Er ist vielmehr verpflichtet, seine gegenteiligen Behauptungen näher zu konkretisieren und für deren Zutreffen entsprechende Beweise anzubieten.

Dies hat der Beschwerdeführer aber im Beschwerdefall nicht getan: Unbestritten ist ihm die schriftliche Erledigung des Schulamtes der Magistrates der Stadt Villach vor dem 12. September 1989 zugekommen, die selbst nach seinem Vorbringen in der Beschwerde jedenfalls keine Bewilligung seines Antrages auf Erteilung eines Sonderurlaubes enthalten hat. In seiner im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 24. September 1989 hat der Beschwerdeführer jedoch - anders als nunmehr erstmals in seiner Beschwerde - bloß erklärt, ihm sei Sonderurlaub genehmigt worden, ohne von einer mündlichen Vorabgenehmigung durch den Schulamtsleiter vor dessen (unklarer) schriftlichen Erledigung zu sprechen. Da sich nach der Aktenlage für diese Möglichkeit auch kein hinreichender Anhaltspunkt ergab, konnte die belangte Behörde zutreffend davon ausgehen, der Beschwerdeführer habe lediglich zu ihrem Vorhalt (Ablehnung des Urlaubsantrages) eine gegenteilige Behauptung aufgestellt, ohne deren Zutreffen näher darzulegen. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde ohne weitere Ermittlungen anzustellen im Rahmen der freien Beweiswürdigung den maßgebenden Sachverhalt auf Grund der Aktenlage feststellte und mangels einer entsprechenden Behauptung der Erteilung einer mündlichen Vorabentscheidung diese Möglichkeit nicht in ihre Überlegungen miteinbezog.

Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, wie die allein maßgebliche schriftliche Erledigung des Schulamtsleiters im Punkt 4) des Formblattes erfolgte: Denn selbst bei Zutreffen des Vorbringens des Beschwerdeführers, es seien dort beide vorgesehenen Entscheidungsmöglichkeiten abgehakt und jeweils entsprechend begründet vorhanden gewesen, ließe sich doch einer derartigen Erledigung weder die (ausdrückliche oder stillschweigende) Bewilligung seines Antrages noch dessen Versagung entnehmen. Bei der vom Beschwerdeführer behaupteten Zweifelssituation hätte er jedenfalls bei der für die Erledigung seines Antrages zuständigen Behörde klären müssen, wie sein Antrag erledigt worden ist. Keinesfalls konnte aber daraus allein eine Bewilligung seines Antrages auf Erteilung von Sonderurlaub abgeleitet werden, sodaß die daraus von der belangten Behörde gezogene Schlußfolgerung, das Fernbleiben des Beschwerdeführers sei in der Zeit vom 12. bis 16. September 1989 eigenmächtig erfolgt, nicht rechtswidrig ist. Der vom Beschwerdeführer behaupteten Aktenwidrigkeit mangelt es schon an der erforderlichen Rechtserheblichkeit (ARG.: "in einem wesentlichen Punkt"), sodaß auf die Frage, ob sie überhaupt vorliegt, nicht weiter eingegangen zu werden braucht.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1989120227.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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