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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §28;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des Landesarbeitsamtes Wien gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. Dezember 1992, Zl. UVS-07/01/00305/92, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: I in W; weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei (mP) wurde mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 24. April 1992 gemäß § 28 AuslBG zu einer Geldstrafe von insgesamt S 20.000,-- verurteilt, weil sie die Beschäftigung von zwei ägyptischen Staatsbürgern (K und H) zu verantworten habe, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden waren.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Dezember 1992 hat die belangte Behörde der von der mP dagegen erhobenen Berufung Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich des Tatvorwurfes der Beschäftigung des K gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG und hinsichtlich des Tatvorwurfes der Beschäftigung des H gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt. Im letzteren Fall beruhte die Einstellung darauf, daß für H im Berufungsverfahren ein gültiger Befreiungsschein vorgelegt wurde.
Gegenstand des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist der angefochtene Bescheid nur hinsichtlich der Einstellung des Verfahrens betreffend die Beschäftigung des K, welche die belangte Behörde im wesentlichen wie folgt begründete:
Erwiesen sei, daß K zumindest fallweise im März 1992 auf dem Marktstand der Gesellschaft m.b.H., deren Geschäftsführer die mP sei, alleine anwesend gewesen sei und dort in Arbeitskleidung Fleisch verkauft bzw. solches präpariert habe. Die mP habe aber vorgebracht, sie habe den Ausländer nicht beschäftigt. Nicht jede Tätigkeit eines Ausländers für einen anderen stelle ungeachtet der näheren Umstände eine Beschäftigung iS des AuslBG dar, so fielen darunter etwa nicht Tätigkeiten, die ohne jegliche Verpflichtung lediglich gefälligkeitshalber erbracht würden. Maßgebend für den Beschäftigungsbegriff nach dem AuslBG sei vielmehr, daß die Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübt werde. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß sich die mP eine Verletzung an der Hand zugezogen habe, weshalb sie etwa zwei bis drei Mal pro Woche zu einer Kontrolluntersuchung ins Krankenhaus habe gehen müssen. Deshalb habe K der mP im März 1992 fallweise unentgeltlich ausgeholfen. Die mP habe vorgebracht, sie hätte sich damals finanziell die Beschäftigung eines anderen gar nicht leisten können; K wiederum habe ausgesagt, er hätte für diese Tätigkeit kein Geld bekommen, er würde vielmehr seit Februar 1990 bei der Firma F arbeiten und dort auch verdienen. Der als Zeuge vernommene Marktamtsbeamte habe zum Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses keine verwertbare Aussage machen können. Der festgestellte Sachverhalt lasse daher nicht in ausreichendem Ausmaß für ein Abhängigkeitsverhältnis sprechende Kriterien erkennen, sodaß nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit davon habe ausgegangen werden können, daß die Tätigkeit des genannten Ägypters dem Geltungsbereich des AuslBG unterlegen sei. Es habe sich weder ein Weisungsrecht der mP noch eine wirtschaftliche Unselbständigkeit des Ausländers feststellen lassen, es hätten sich somit keine Hinweise für eine Eingliederung der ausländischen Arbeitskraft in den Betrieb der mP ergeben. K selbst habe angegeben, er sei nicht nur tatsächlich nicht entlohnt worden, sondern auch auf eine allfällige Entlohnung im Hinblick auf seine Tätigkeit bei der Firma F wirtschaftlich gar nicht angewiesen gewesen. Das Verwaltungsstrafverfahren sei daher hinsichtlich dieses Tatvorwurfes unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" einzustellen gewesen.
Ausschließlich gegen die Einstellung in diesem Punkt richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde (§ 28a AuslBG), in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG sei davon abhängig, daß nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens die wesentlichen Sachverhaltselemente nicht zweifelsfrei festgestellt werden könnten. "In dubio pro reo" dürfe nur vorgegangen werden, wenn die für und gegen den Beschuldigten sprechenden Umstände nach der Beweiswürdigung der Behörde gleiches Gewicht hätten. Erwiesen sei, daß K fallweise im März 1992 auf dem Marktstand der Gesellschaft m.b.H. alleine anwesend gewesen sei und dort in Arbeitskleidung Fleisch verkauft bzw. solches präpariert habe. Die Bekanntschaft dieses Ausländers mit der mP und das damit im Zusammenhang stehende Vorbringen der unentgeltlichen Aushilfe sei bei der Prüfung der nach dem AuslBG erforderlichen persönlichen Abhängigkeit nicht zu berücksichtigen. Es stehe aber andererseits fest, daß die ausländische Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit, nämlich die Abwesenheit der mP, im Betrieb alleine anwesend gewesen sei und Tätigkeiten ausgeübt habe, die die Entscheidungsfreiheit auf ein Minimum eingeschränkt hätten. Es könne daher am Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des AuslBG kein Zweifel bestehen; zumindest aber wäre ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis anzunehmen, weil die Arbeitsleistung fallweise erfolgt, und auch eine gewisse Regelmäßigkeit vorgelegen sei, die sich ausschließlich nach dem betrieblichen Bedarf nach einer Verkaufskraft gerichtet habe. Gegenüber der Gesellschaft m.b.H. habe dem K auch bei anderweitigem Einkommen die wirtschaftliche Selbständigkeit gefehlt. Die Beweiswürdigung sei hinsichtlich der Angaben dieses Ausländers nicht schlüssig, weil nur die zur Entlastung der mP dienlichen Umstände berücksichtigt worden seien. Hingegen fehle im angefochtenen Bescheid eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob es im Hinblick auf die übrigen Umstände, die für eine persönliche bzw. wirtschaftliche Abhängigkeit sprächen, überhaupt des Nachweises einer Entgeltlichkeit bedürfe, bzw. ob nicht auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung angenommen werden könne, daß eine Entlohnung zumindest in Naturalien erfolgt sei.
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines Unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache mit Beschluß ablehnen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegen die Voraussetzungen für eine Ablehnung im Sinne dieser Gesetzesstelle vor. Eine Strafe wurde im angefochtenen Bescheid nicht verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hinge auch nicht von der Lösung einer grundsätzlichen Rechtsfrage ab, zumal in der Beschwerde vor allem die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft wird. Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage, ob jede, also auch eine gefälligkeitshalber und unentgeltlich für einen anderen erbrachte Tätigkeit eines Ausländers eine Beschäftigung nach dem AuslBG darstellt, hat die belangte Behörde im Einklang mit der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst.
Es konnte daher spruchgemäß entschieden werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993090023.X00Im RIS seit
20.11.2000