Index
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1346;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des Dr. M in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 6. Dezember 1991, Zl. 139-2/91, betreffend Gewinnfeststellung 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage strittig, ob Zahlungen, die der Beschwerdeführer (ein ehemaliger Rechtsanwalt) als Bürge für Kreditschulden zweier Klienten leistete, als Betriebsausgaben anzuerkennen sind oder nicht.
Folgender Sachverhalt ist unstrittig:
Der Beschwerdeführer hatte als Mitglied einer Kanzleigemeinschaft in einer Beilage zur Steuererklärung 1987 u. a. folgendes ausgeführt:
"Im Jahre 1972 hat Herr K, Gesellschafter der Firma X-OHG, als Bauübernehmer die Wohnanlage Z in T errichten wollen und Herrn Dr. M als Rechtsanwalt die gesamte rechtliche und buchhalterische Betreuung angetragen. Da noch nicht alle Wohnungsinteressenten vorhanden waren, konnte eine Inangriffnahme des Bauvorhabens nur bei entsprechender Zusage von Zwischenfinanzierungen seitens einer Bank erfolgen. Sowohl die Sparkasse der Stadt F als auch die Volksbank Y verlangten einen tauglichen Bürgen für die zur Erreichung dieses Zweckes erforderlichen Kredite. Da das ganze Bauvorhaben mangels Zwischenfinanzierung gescheitert wäre und damit die Rechtsanwaltskanzlei Dr. M ein 3 %iges Honorar nicht hätte verdienen können, erklärte sich Dr. M bereit, diese Bürgschaft zu übernehmen. Dies um so mehr als Dr. M durch die Auskünfte des Herrn K und die Bestimmungen des Baubetreuungsvertrages kein Risiko gesehen hat. Außerdem bestand Aussicht auf weitere ähnliche Bauvorhaben. Nach Fertigstellung der Wohnanlage Z und der Endabrechnung im Sommer 1975 haben zahlreiche Wohnungseigentümer voll bezahlt, einige wenige jedoch die Restforderung bestritten, sodaß im Jahre 1978 geklagt werden mußten. Hierüber behingen bis 1988 noch mehrere Prozesse.
Durch die lange Prozeßdauer erhöhte sich der Schuldsaldo bei der Sparkasse der Stadt F, auf die auch der Kredit der Volksbank umgelegt worden war, zum 31.12.1984 auf
S 4.314.000,--. Der Sparkassenrevisionsverband stellte bei der Jahresabschlußprüfung 1984 dies fest und empfahl der Sparkasse, die Bürgschaft einzufordern, bevor sie durch Abschlußbelastungen weiter ansteigt.
In der Folge hat die Sparkasse seit 1985 mehrfach Bürgschaftsteilzahlungen bei mir eingefordert. Die im Jahre 1987 eingeforderte und von mir bezahlte Summe betrug S 600.000,--."
Des weiteren hatte der Beschwerdeführer für das Streitjahr seine Inanspruchnahme aus einer für R übernommenen Bürgschaft im Ausmaß von S 496.833,-- zuzüglich Zinsen von S 15.089,48 als Betriebsausgabe geltend gemacht und dazu folgendes vorgebracht:
"Herr R hat im Jahre 1972 und später in G Kiesabbaurechte erworben. Es war beabsichtigt und auch vereinbart, diese der liechtensteiner Firma, C AG, Vaduz, zu übertragen. In der Folge kam es aber mangels Bewilligung durch die BH nicht zu einer Übertragung.
Die Firma C AG brachte daraufhin gegen R Strafanzeige beim Fürstlich Liechtensteinischen Landgericht ein und erhob beim Landesgericht F Klage auf Zahlung jener Beträge samt Zinsen, die die Firma C AG Herrn R bzw. dem Grundeigentümer für die Kiesabbaurechte bezahlt hatte.
Da Herr R bei einem Verlust dieser Prozesse und auch im Hinblick auf die während der ganzen Dauer der Rechtsstreitigkeiten zur Deckung der Kosten aufgelaufenen Schulden nicht nur sein Wohnhaus und die Kiesabbaurechte verloren hätte und darüber hinaus noch hoch verschuldet gelieben wäre, wandte er sich im Frühjahr 1985 an mich, mit dem Auftrag, ihn sowohl bei der Genehmigung der Kiesabbauberechtigungen zu vertreten als auch hinsichtlich der Prozesse und des Strafverfahrens einen Vergleich zustande zu bringen.
Die Verhandlungen mit dem Anwalt der Firma C AG zeigten, daß ein für Herrn R anrechenbarer Vergleich möglich ist, welcher die risikoreichen Zivilprozesse und Strafuntersuchung beenden würde. Zur Erfüllung des Vergleiches waren aber Kredite erforderlich, die Herr R selbst nicht mehr beschaffen konnte. Die Erfüllung des Vergleiches ist aber Voraussetzung dafür, daß die lukrativen Kiesabbaurechte ausgewertet werden können.
Nach gründlicher überprüfung der Situation sah ich in meinen künftigen Bemühungen zur Erlangung der Kiesabbaubewilligung für mein erforderliches Bürgschaftsrisiko und überhaupt für alle meine künftigen Leistungen gute Erfolgschanchen. Diese positive Einschätzung der Lage veranlaßte mich, im Hinblick auf die zu erwartenden Einnahmen Bürgschaften einzugehen. Ich vereinbarte mit Herrn R ein Erfolgshonorar.
Im Jahre 1986 erhielt ich einen Kostenvorschuß von brutto S 220.000,-- (netto S 200.000,--; siehe Gemeinschaftserklärung 1986).
Aus den erforderlichen Bürgschaftsübernahmen wurde ich im Jahre 1987 mit insgesamt S 496.833,-- in Anspruch genommen."
Die Betriebsprüferin vertrat dazu die Auffassung, die in Rede stehenden Ausgaben seien nicht als unmittelbar berufsbedingt anzusehen, worauf sich das Finanzamt (nach Wiederaufnahme des Verfahrens) dieser Rechtsmeinung anschloß.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat dazu, gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1981, Zl. 13/2535/80, die Auffassung, die Zahlungen, die der Beschwerdeführer als Bürge habe leisten müssen, seien nicht betrieblich veranlaßt. Zwar bestünde ein gewisser Zusammenhang zwischen den Bürgschaftszahlungen des Beschwerdeführers und seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt, jedoch sei noch nicht von einer "anwaltlich veranlaßten Bürgschaftsübernahme" zu sprechen. Die erwarteten Honorareinnahmen stellten kein Entgelt für die Übernahme der Bürgschaft, sondern für die Erbringung anwaltlicher Leistungen dar und stammten teilweise von Personen, die mit der Bürgschaftsübernahme gar nichts zu tun hätten.
In der mündlichen Berufungsverhandlung hatte der Beschwerdeführer eine zusammenfassende Darstellung vorgelegt, in der es auszugsweise wörtlich hieß:
"Im Falle K war die Bürgschaft Voraussetzung für Grundankauf und Baubeginn der Wohnanlage Z und damit für die Erteilung des Mandates durch die in der Folge aufgetretenen Wohnungseigentumswerber, deren Vertretung ein Honorar von S 217.504,39 am 8.9.1978 erbrachte.
Ohne Bürgschaft kein Grundstückskauf und kein Mandat durch die künftigen Wohnungseigentümer .....
Im Falle R
..... Erst die ..... Zusage des zuständigen
Regierungsreferenten ..... bewog mich, das Mandat mit dem Ziele
weiterzuführen, die Existenz meines Mandanten durch einen
Vegleichsabschluß ..... zu retten. Dieser Vergleich kam nur bei
sofortiger Zahlung eines Teilbetrages von S 3.000.000,-- zustande, die von R nur durch einen von mir verbürgten Bankkredit aufgebracht werden konnten. Ohne diese Bürgschaft kein Kredit, kein Vergleichsabschluß, keine Rettung des Klienten und keine Fortführung des Mandates mit der Erwartung eines hohen Honorars."
Aus diesen Ausführungen ergab sich nach Ansicht der belangten Behörde, daß kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Bürgschaften und Honoraren bestehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Anerkennung der von ihm geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1972 sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind.
In seiner Rechtsrüge strebt der Beschwerdeführer vor allem gestützt auf das Erkenntnis des BFH vom 24. August 1989, BStBl. II 17, sowie das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1973, Zl. 148/72, die Anerkennung seiner Bürgschaftsleistung als betrieblich veranlaßt an, wobei er vermeint, die hg. Erkenntnisse vom 13. Mai 1981, Zl. 13/2535/80, und vom 15. Februar 1984, Zl. 83/13/0150, seien schon von den ihnen zugrundeliegenden Sachverhalten her auf seinen Fall nicht anzuwenden. Dies trifft zwar für das letztzitierte hg. Erkenntnis zu, nicht jedoch für das vom 13. Mai 1981. Darin hat nämlich der Verwaltungsgerichtshof über den dort betroffenen Sachverhalt (einer Darlehensgewährung an langjährige Klienten) hinaus grundsätzlich zu Fällen Stellung genommen, in denen ein Rechtsanwalt einem Klienten "Gelder vorstreckt". Danach kommt es entscheidend darauf an, ob dies "in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt" geschieht, oder ob die Berufsausübung dazu nur die Gelegenheit schafft. Was der Verwaltungsgerichtshof dabei unter "in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt" versteht, wird aus den im zitierten hg. Erkenntnis aufgelisteten Beispielen klar: Vorstrecken von Gerichts-, Zeugen- und Sachverständigengebühren. Das Vorstrecken eines Geldbetrages hingegen, welches dem Zweck dient, eine drohende Insolvenz des Klienten zu vermeiden und solcherart bereits bestehende Honorarforderungen zu erhalten (das heißt ihren Verlust für den Rechtsanwalt zu vermeiden), wurde vom Verwaltungsgerichtshof, was die Frage der betrieblichen Veranlassung anlangt, ausdrücklich als unbeachtlich bezeichnet.
An dieser Linie hat der Verwaltungsgerichtshof auch später festgehalten und insbesondere in seinem Erkenntnis vom 4. April 1990, Zl. 86/13/0116, betont, es gehöre nicht zu den beruflichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes, notleidende Klienten durch die Gewährung von Krediten "oder in ähnlicher Weise finanziell zu unterstützen". Daraus folgt für den jetzt zu entscheidenden Fall, daß auch das Eingehen einer Bürgschaftsverpflichtung zur Sicherung von Verbindlichkeiten des Klienten zum Kreise der "ähnlichen finanziellen Unterstützungen" gehört. Damit derartige Zuwendungen als betrieblich veranlaßt angesehen werden können, muß ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Tätigkeit des Rechtsanwaltes gefordert werden. Auch im hg. Erkenntnis vom 4. April 1990 wird am Kreise der schon vom Erkenntnis vom 13. Mai 1981 erwähnten Beispiele festgehalten. Der Verwaltungsgerichtshof befindet sich damit auch im Einklang mit der einschlägigen Literatur, die z.B. betont, daß die Durchführung von Geldgeschäften nicht zur Berufstätigkeit eines Rechtsanwaltes gehört und daß die Unterstützung bei der Beschaffung eines Kredites durch einen Rechtsanwalt für seinen Klienten nicht mehr seiner freiberuflichen Tätigkeit zuzuzählen ist (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar Tz. 41 zu § 22 EStG 1972; ebenso Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch Tz. 23 zu § 22 EStG 1972).
Von dieser Rechtsprechung abzugehen, bietet der vorliegende Beschwerdefall keinen Anlaß, zumal auch die deutsche Literatur und Judikatur an sich die Anerkennung von Verlusten aus der Übernahme von Darlehen durch Freiberufler sehr restriktiv beurteilt und ablehnt, wenn derartige Geldgeschäfte außerhalb der beruflichen Aufgaben liegen (vgl. z.B. Herrmann-Heuer-Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftssteuergesetz20, Anm. 8 k und 62 zu § 4 EStG).
Da schließlich der Sachverhalt, der dem hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1973, Zl. 148/72, zugrundeliegt, mit dem vorliegenden Fall nicht zu vergleichen ist, erweist sich die Rechtsauffassung der belangten Behörde, die sich an der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und nicht an dem oben zitierten Erkenntnis des BFH vom 24. August 1989 (das im übrigen nicht die Frage der Berufstätigkeit eines Rechtsanwaltes betraf) orientierte, als frei von inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die geltend gemachten Verfahrensmängel erweisen sich, selbst wenn sie vorliegen sollten, als nicht relevant. Da die belangte Behörde ihrer Entscheidung ohnehin das Vorbringen des Beschwerdeführers vollinhaltlich zugrundelegte, hätten auch zusätzliche Begründungselemente bzw. diverse Richtigstellungen, wie sie der Beschwerdeführer jetzt verlangt, zu keinem anderen Bescheid führen können. Keiner der vom Beschwerdeführer jetzt unter dem Aspekt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgezeigten Umstände wäre nämlich geeignet, den im Beschwerdefall fehlenden unmittelbaren Zusammenhang der Bürgschaftsübernahme mit der Ausübung des Rechtsanwaltsberufes dergestalt herzustellen, daß von einem Konnex mit den beruflichen Obliegenheiten gesprochen werden könnte.
Die weiteren Ausführungen in der Beschwerde zur Praxis des Beschwerdeführers bei der Übernahme von Bürgschaften stellen im übrigen unzulässige Neuerungen dar, auf die nicht weiter eingegangen zu werden braucht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VO BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992150051.X00Im RIS seit
20.11.2000