Index
21/03 GesmbH-Recht;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des A in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 14. Dezember 1992, Zl. 735.269/7-2.7/92, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 14. Dezember 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. September 1992 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ein Antrag des Beschwerdeführers vom 24. September 1991 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes bis Oktober 1995 mit Bescheid des Militärkommandos Steiermark vom 13. Jänner 1992 abgewiesen. Der Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Ihm sei im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde gelegen: Der Beschwerdeführer leite den seit 1985 bestehenden Zahntechnikerbetrieb der P Gesellschaft mbH in G, an welcher der Beschwerdeführer, sein Vater, seine Mutter und sein Bruder zu je 25 % beteiligt seien. Sein Bruder, der eine Tätigkeit außerhalb des Betriebes ausübe, fungiere als gewerberechtlicher Geschäftsführer. Der Vater sei aus familiären Gründen aus dem Betrieb ausgeschieden. Im Betrieb seien neben einem Zahntechniker und einer zahnärztlichen Assistentin drei Lehrlinge und eine Bürokraft beschäftigt. Der Beschwerdeführer beabsichtige, in nächster Zeit die Meisterprüfung abzulegen. Ein Anlernen einer Ersatzkraft wäre sehr schwer möglich. Der Beschwerdeführer lebe mit seiner Mutter und zwei Schwestern im gemeinsamen Haushalt. In rechtlicher Hinsicht habe die Behörde die geltend gemachten Interessen des Beschwerdeführers deshalb als nicht besonders rücksichtswürdig im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 erachtet, weil dem Beschwerdeführer bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen bekannt gewesen sei, daß er mit seiner Einberufung zum ordentlichen Präsenzdienst zu rechnen habe. Mit Eingabe vom 28. September 1992 habe der Beschwerdeführer neuerlich seine befristete Befreiung von der Präsenzdienstpflicht in einem nicht näher bestimmten Ausmaß beantragt und sinngemäß ausgeführt, da er Geschäftsführer der P Gesellschaft mbH sei, müßte er im Falle seiner Einberufung zum ordentlichen Präsenzdienst den Betrieb mit zur Zeit fünf Beschäftigten schließen. Um die aufgebaute Existenz nicht zu gefährden, beantrage er seine befristete Befreiung. Dieser Antrag sei mit Bescheid des Militärkommandos Steiermark vom 13. Oktober 1992 zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Dem rechtskräftigen Bescheid dieser Behörde vom 13. Jänner 1992 und dem gegenständlichen Antrag vom 28. September 1992 liege im wesentlichen derselbe Sachverhalt zugrunde. In beiden Fällen werde davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer zu 25 % an der Gesellschaft beteiligt sei und das gegenständliche Unternehmen leite. Das Vorbringen, der Beschwerdeführer müßte im Falle seiner Einberufung zum Präsenzdienst den Betrieb schließen, stelle keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes dar. Da es auf die Identität des für den Bescheid vom 13. Jänner 1992 maßgebend gewesenen und des im neuerlichen Antrag geltend gemachten Sachverhaltes ankomme, sei das sonstige Vorbringen in der Berufung des Beschwerdeführers nicht zu berücksichtigen. Schließlich stelle auch der Umstand, daß der Beschwerdeführer sein zunächst auf befristete Befreiung gerichtetes Begehren in der Berufung auf eine unbefristete Befreiung von der Präsenzdienstpflicht ausgeweitet habe, keine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes dar.
Der Beschwerdeführer bringt vor, die nunmehrige Situation sei gänzlich anders als jene, die dem rechtskräftigen Bescheid vom 13. Jänner 1992 zugrunde gelegen sei. In seinem mit diesem Bescheid abgewiesenen Antrag vom 24. September 1991 habe er ausgeführt, seine Eltern führten selbständig einen Zahntechnikerbetrieb, in dem er seit 1. Oktober 1991 als Prokurist tätig sei, und es sei sein Bestreben, diesen Betrieb aufrechtzuerhalten, zumal seine Mutter im Falle seiner Abwesenheit dazu nicht in der Lage wäre und sein Vater aus familiären Gründen aus dem Betrieb ausgeschieden sei. Nunmehr sei der Sachverhalt gänzlich anders, da der Beschwerdeführer nicht mehr Angestellter der P Gesellschaft mbH sei. Er sei zum 15. Mai 1992 zu ihrem Geschäftsführer bestellt worden und "mehr oder weniger Firmenchef". Die im gemeinsamen Haushalt lebende Mutter des Beschwerdeführers und zwei Schwestern (von denen eine ein Lehrlingsgehalt beziehe) seien auf sein Einkommen und seine Tätigkeit angewiesen; ihm obliege auch die Erhaltung des Elternhauses. Zum nunmehrigen Sachverhalt wird in der Beschwerde weiter ausgeführt, die Gesellschaftsanteile seien unverändert, der Vater des Beschwerdeführers sei im Unternehmen überhaupt nicht mehr tätig und habe zu diesem auch keinen Zugang mehr. Auch die Mutter und der Bruder des Beschwerdeführers seien im Unternehmen nicht tätig, der Bruder sei lediglich gewerberechtlicher Geschäftsführer. Somit stelle sich die P Gesellschaft mbH "mehr oder weniger" als ein vom Beschwerdeführer geführtes Einzelunternehmen dar. Der Beschwerdeführer sei die einzige Kontaktperson zu den Kunden (Zahnärzten).
Bei der Beurteilung der vorliegenden Beschwerde ist von § 68 Abs. 1 AVG auszugehen, wonach Anträge von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehen dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines Bescheides Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage) bezwecken, da diese Bestimmung in erster Linie das wiederholte Aufrollen einer bereits entschiedenen Sache verhindern soll. Identität der Sache liegt dann vor, wenn weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgebenden tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich das neue Parteibegehren im wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (siehe das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1991, Zl. 90/11/0051, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Eine Änderung der Rechtslage ist nicht eingetreten. Das Beschwerdevorbringen läßt auch keine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes erkennen. Auszugehen ist hiebei von der in der Beschwerde nicht bestrittenen Darstellung des für den rechtskräftigen Bescheid vom 13. Jänner 1992 maßgebenden Sachverhaltes. Den entscheidenden Grund für die Verneinung eines Befreiungsgrundes im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 bildete die mangelnde Bedachtnahme des Beschwerdeführers bei der Gestaltung seiner wirtschaftlichen Belange auf die zu erwartende Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes. Bei dieser Beurteilung ging die Erstbehörde davon aus, daß der Beschwerdeführer zu 25 % an der P Gesellschaft mbH beteiligt sei, er den gegenständlichen Zahntechnikerbetrieb, aus dem sein Vater aus familiären Gründen ausgeschieden sei, leite und eine Ersatzkraft für den Beschwerdeführer nur schwer angelernt werden könne. Dies entspricht dem in der Beschwerde geschilderten Sachverhalt. Der dort hervorgehobene Umstand, daß der Beschwerdeführer mit 15. Mai 1992 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt wurde, bildet bloß einen für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblichen Nebenumstand, weil dadurch nur eine andere Grundlage für die vom Beschwerdeführer ohnedies schon früher faktisch ausgeübte Leitung des Unternehmens geschaffen wurde. Eben diese Leitungsfunktion des Beschwerdeführers in Verbindung mit seiner Unabkömmlichkeit im Betrieb und die damit begründete Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz im Falle der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes hat die Erstbehörde im Bescheid vom 13. Jänner 1992 als wesentliches Element der geltend gemachten Interessen gewertet, jedoch deren besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 mit dem Hinweis auf die Verletzung der Harmonisierungspflicht durch den Beschwerdeführer verneint. Daß der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 24. September 1991 angegeben hat, SEINE ELTERN führten den gegenständlichen Betrieb, ist ohne rechtliche Bedeutung, weil die Erstbehörde in ihrem diesen Antrag abweisenden Bescheid vom 13. Jänner 1992 von der Annahme der Leitung des Betriebes durch den Beschwerdeführer ausgegangen ist. Die Richtigkeit dieser - unbestritten gebliebenen - Annahme ergibt sich auch aus dem Beschwerdevorbringen (Seite 3), wonach der Vater und die Mutter des Beschwerdeführers "vor rund 2 Jahren als Dienstnehmer aus der P Gesellschaft mbH ausgeschieden sind".
Da die belangte Behörde auf Grund ihrer Annahme, es liege res iudicata vor, mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers vom 28. September 1992 gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückgewiesen hat, war lediglich die Richtigkeit dieser Annahme zu prüfen. Es braucht daher auf das Beschwerdevorbringen, mit dem eine unrichtige Anwendung auch des § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 geltend gemacht und hiebei unterlaufene Verfahrensmängel gerügt werden, nicht eingegangen zu werden.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den mit ihr verbundenen (zu hg. Zl. AW 93/11/0006 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993110021.X00Im RIS seit
20.11.2000