TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/23 92/11/0148

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Veröffentlicht am 23.02.1993
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Index

L94404 Krankenanstalt Spital Oberösterreich;
L94454 Patientenanwalt Patientenentschädigung Pflegeanwaltschaft
Oberösterreich;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §148 Z2;
KAG OÖ 1976 §35 Abs1 idF 1987/059;
KAG OÖ 1976 §35 Abs2 idF 1987/059;
KAG OÖ 1976 §35 Abs3 idF 1987/059;
KAG OÖ 1976 §40 idF 1987/059;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des N in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der OÖ Landesregierung vom 13. April 1992, Zl. SanRL-50350/3-1992-Hi/D, betreffend Vorschreibung von Pflegegebühren (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich als Rechtsträger des Landeskinderkrankenhauses Linz, vertreten durch den Landeshauptmann), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der OÖ Landesregierung vom 13. April 1992 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 40 des O.ö. Krankenanstaltengesetzes 1976, LGBl. Nr. 10 in der Fassung LGBl. Nr. 59/1987 (OÖ KAG) verpflichtet, Pflegegebühren in Höhe von S 2.680,60 für den stationären Aufenthalt des F im Landeskinderkrankenhaus Linz in der Zeit vom März bis April 1990 zu bezahlen.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Die mitbeteiligte Partei hat sich nicht geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ist F außerehelicher Sohn des Beschwerdeführers; dieser habe seine Vaterschaft nie in Abrede gestellt. F gelte gemäß § 123 Abs. 2 Z. 4 ASVG als mitversicherter Angehöriger des Beschwerdeführers und er sei nur bei diesem, nicht jedoch auch bei seinem Stiefvater R mitversichert, da kein Antrag an die Gebietskrankenkasse gestellt worden sei. Den Beschwerdeführer treffe gemäß § 35 Abs. 1 OÖ KAG primär aufgrund sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen die Verpflichtung zum Ersatz der gegenständlichen Pflegegebühren. Die belangte Behörde zitierte in diesem Zusammenhang § 148 Z. 2 ASVG und § 40 OÖ KAG.

Der Beschwerdeführer bringt wie schon im Verwaltungsverfahren vor, nicht nur er, sondern auch R sei "Versicherter" im Sinne des § 148 Z. 2 ASVG und des § 40 OÖ KAG. Darauf, daß dieser keinen Antrag an die Gebietskrankenkasse betreffend Mitversicherung (gemäß § 123 Abs. 2 Z. 5 ASVG) des mit der Kindesmutter in seinem Haushalt lebenden F gestellt habe, komme es nicht an. Weiters sei die belangte Behörde auf § 35 Abs. 2 OÖ KAG, der auf die Unterhaltspflichtigen abstelle, nicht eingegangen und sie habe insbesondere keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers nicht bereits durch Gerichtsbeschlüsse voll ausgeschöpft und ob nicht auch die Kindesmutter im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zur Bezahlung der gegenständlichen Pflegegebühren heranzuziehen sei.

Gemäß § 35 Abs. 1 OÖ KAG ist zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege-(Sonder-)gebühren in erster Linie der Pflegling selbst verpflichtet, sofern nicht eine andere physische oder juristische Person auf Grund sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen, sonstiger gesetzlicher Vorschriften oder vertraglich ganz oder teilweise hiezu verpflichtet ist oder hiefür Ersatz zu leisten hat. Nach § 35 Abs. 2 erster Satz OÖ KAG sind, wenn die Pflege-(Sonder-)gebühren nicht beim Pflegling selbst oder bei den sonstigen im Abs. 1 genannten Personen hereingebracht werden können, die für ihn unterhaltspflichtigen Personen zum Ersatz heranzuziehen. Abs. 3 sieht schließlich die subsidiäre Kostentragungspflicht des zuständigen Sozialhilfeträgers vor.

Nach der Grundsatzbestimmung des § 148 ASVG gelten für die Regelung der Beziehungen der Versicherungsträger zu den öffentlichen Krankenanstalten gemäß Art. 12 Abs. 1 Z. 1 B-VG die in den Z. 1 bis 7 angeführten Grundsätze. Z. 2 erster Satz bestimmt: Die den öffentlichen Krankenanstalten gebührenden Pflegegebührenersätze sind, wenn es sich um den Versicherten selbst handelt, zur Gänze vom Versicherungsträger, wenn es sich aber um einen Angehörigen des Versicherten handelt, zu 90 v.H. vom Versicherungsträger und zu 10 v.H. vom Versicherten zu entrichten.

§ 40 erster Satz OÖ KAG enthält (mit Ausnahme der hier gebrauchten Wendung "den Rechtsträgern der öffentlichen Krankenanstalten") eine mit dieser Bestimmung wörtlich gleichlautende Regelung. Nach § 43 Abs. 3 leg. cit. gilt für die Einbringung des vom Versicherten für Angehörige gemäß § 40 zu entrichtenden Anteiles an den Pflegegebührenersätzen und allfälligen Sondergebührenersätzen § 36 (der die Einbringung von Pflege- und Sondergebühren regelt) sinngemäß.

Aus dem Zusammenhang der beiden Halbsätze des § 35 Abs. 1 OÖ KAG ergibt sich unmißverständlich ("sofern nicht"), daß eine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung Dritter zur Bezahlung aufgelaufener Pflege-(Sonder-)gebühren jener des Pfleglings vorgeht. Nur wenn eine solche nicht besteht, ist der Pflegling selbst zur Bezahlung dieser Gebühren verpflichtet, und zwar vor den unterhaltspflichtigen Personen, sofern er dazu in der Lage ist. Ist dies nicht der Fall und können die Pflege-(Sonder-)gebühren auch nicht bei einer unterhaltspflichtigen Person hereingebracht werden, trifft die Verpflichtung zur Bezahlung dieser Gebühren gemäß § 35 Abs. 3 OÖ KAG den zuständigen Sozialhilfeträger. Die Wendung "in erster Linie" bringt somit lediglich den Vorrang der Leistungspflicht des Pfleglings vor jener der für ihn unterhaltspflichtigen Personen sowie des zuständigen Sozialhilfeträgers zum Ausdruck. Aus dieser gesetzlichen "Rangordnung" folgt, daß dann, wenn die Behörde eine gesetzliche oder vertragliche Leistungspflicht eines Dritten im Sinne des zweiten Halbsatzes des § 35 Abs. 1 OÖ KAG als gegeben erachtet, nicht zu prüfen ist, ob allenfalls auch die Voraussetzungen für eine "nachrangige" Leistungspflicht vorliegen.

Da die belangte Behörde (so wie die Erstbehörde, der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz) vom Bestehen einer Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Kostentragung nach sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen (als "Versicherter") ausgegangen ist, brauchte sie die

- nachrangige - Kostentragungspflicht des Beschwerdeführers als Unterhaltspflichtiger gegenüber F nach dem Abs. 2 des § 35 OÖ KAG nicht zu prüfen. Daher geht das Beschwerdevorbringen insoweit ins Leere, als es die behauptete unrichtige rechtliche Beurteilung der Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers gegenüber F sowie darauf bezogene Verfahrensmängel zum Gegenstand hat. Mit dem damit zusammenhängenden Hinweis des Beschwerdeführers auf das "in ähnlicher Angelegenheit" ergangene hg. Erkenntnis Zl. 88/18/0088 (es betraf ein anderes außereheliches Kind des Beschwerdeführers) ist für ihn deshalb nichts zu gewinnen, weil der Beschwerdeführer im damaligen Verwaltungsverfahren - anders als im vorliegenden Fall - nie als Versicherter, sondern nur in seiner Eigenschaft als Unterhaltspflichtiger herangezogen wurde. Daher befassen sich die Ausführungen jenes Erkenntnisses nahezu ausschließlich mit der - im vorliegenden Fall nicht relevanten - Frage der Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers.

Nicht geteilt werden kann die Ansicht der belangten Behörde, die Leistungspflicht des Beschwerdeführers beruhe auf einer "sozialversicherungsrechtlichen" Bestimmung (im Sinne des Kompetenztatbestandes "Sozialversicherungswesen" - Art. 10 Abs. 1 Z. 11 B-VG). Richtig ist, daß der im Beschwerdefall herangezogene erste Satz des § 40 OÖ KAG mit dem ersten Satz der Grundsatzbestimmung des § 148 Z. 2 ASVG übereinstimmt. Die in Rede stehende Leistungspflicht des Beschwerdeführers beruht aber nicht auf einer "sozialversicherungsrechtlichen Bestimmung". Denn § 148 ASVG, als dessen Ausführung sich u.a. der § 40 OÖ KAG erweist, ist keine "sozialversicherungsrechtliche Bestimmung", sondern eine krankenanstaltenrechtliche Grundsatzbestimmung.

Ungeachtet dieser unrichtigen Qualifizierung trifft die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei im Sinne des § 35 Abs. 1 OÖ KAG leistungspflichtig, im Ergebnis zu, weil es sich bei der Regelung des § 40 erster Satz OÖ KAG über die Leistungspflicht des Versicherten um eine "sonstige gesetzliche Vorschrift" im Sinne der erstgenannten Gesetzesstelle handelt. § 40 OÖ KAG normiert nach seinem klaren Wortlaut eine Leistungspflicht DES VERSICHERTEN in Ansehung des Pflegegebührenersatzes für einen mitversicherten Angehörigen. Diese Verpflichtung besteht unabhängig von einer Unterhaltspflicht und geht der an die Eigenschaft einer Person als Unterhaltspflichtigen geknüpften Leistungspflicht nach § 35 Abs. 2 OÖ KAG vor.

Der Einwand des Beschwerdeführers, auch der Stiefvater des F sei Versicherter im Sinne des § 40 Abs. 1 OÖ KAG, da F mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebe und daher gemäß § 123 Abs. 2 Z. 5 ASVG als sein Angehöriger gelte, was die belangte Behörde allerdings nicht näher geprüft habe, ist nicht zielführend. Es kann dahinstehen, ob F auch bei seinem Stiefvater mitversichert ist und von welchem Kriterium es abhängt, wer von zwei oder mehr "Versicherten" für einen gemeinsamen Angehörigen gemäß § 40 OÖ KAG leistungspflichtig ist (davon, wer zuerst in Anspruch genommen wird, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift unter Hinweis auf § 123 Abs. 6 ASVG meint, oder davon, wer von den Versicherten für den Angehörigen unterhaltspflichtig ist, was im gegebenen Zusammenhang als das sachlich näherliegende Kriterium angesehen werden könnte). Denn auf den Beschwerdeführer treffen beide Kriterien zu: Er allein wurde zur Zahlung herangezogen und er ist unbestritten für F unterhaltspflichtig. Im Hinblick darauf ist das gerügte Fehlen von Ermittlungen in der Frage der Mitversicherung des F bei seinem Stiefvater ohne Relevanz.

Aus diesen Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992110148.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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