TE Vfgh Erkenntnis 1990/9/28 B221/90

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Veröffentlicht am 28.09.1990
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Index

L3 Finanzrecht
L3703 Lustbarkeitsabgabe, Vergnügungssteuer

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit von §19 Wr VergnügungssteuerG 1987, LGBl. 43, mit E v 28.09.90, G126/90.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden des Beschwerdevertreters die mit 15.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Magistrat Wien befand den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 13. Dezember 1988 einer Verwaltungsübertretung nach §19 Abs1 des Vergnügungssteuergesetzes 1987, LGBl. f Wien 43, iVm §9 Abs1 VStG 1950 schuldig und verhängte über ihn eine Geldstrafe von 960.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Tagen), weil er es als vertretungsbefugtes Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft in näher beschriebener Weise unterlassen habe, Vergnügungssteuer im Betrag von 480.000 S einzubekennen und zu entrichten, und dadurch die Vergnügungssteuer mit diesem Betrag verkürzt habe. Der dagegen erhobenen Berufung gab die Wiener Landesregierung mit Bescheid vom 8. Jänner 1990 keine Folge. In der Begründung dieser Rechtsmittelentscheidung führte die Berufungsbehörde zur Strafbemessung im wesentlichen aus, im Hinblick darauf, daß §19 Abs1 VGSG für Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Steuer verkürzt wird, Strafen bis zum Dreißigfachen des Verkürzungsbetrages vorsehe, erscheine die verhängte Strafe von 960.000 S, die dem zweifachen verkürzten Steuerbetrag entspreche, nicht hoch und nehme auf die bisherige Unbescholtenheit als mildernden Umstand Bedacht. Allerdings sei die Verkürzungsabsicht (Hinterziehung) als erschwerend zu werten. Immerhin sei das Interesse, dem die Strafdrohung diene (ordnungsgemäße Steuergebarung), erheblich gefährdet gewesen und sei doch das strafbare Verhalten erst durch die Tätigkeit der Behörde beendet worden. Selbst im Falle der Vermögenslosigkeit, ungünstiger Einkommensverhältnisse und erheblicher Sorgepflichten sei daher eine Strafherabsetzung nicht zu vertreten.

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde.

2. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §19 des Vergnügungssteuergesetzes 1987, LGBl. für Wien 43, ein und sprach mit dem heute gefällten Erkenntnis G126/90 aus, daß diese (zufolge ArtXVI Z1 und 3 des Gesetzes LGBl. 44/1990 bereits außer Kraft getretene) Gesetzesstelle verfassungswidrig war sowie daß sie nicht mehr anzuwenden ist.

II. 1. Nach der Lage dieses Falles ist es offenkundig, daß die Anwendung der verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Verfassungsgerichtshof hat daher auszusprechen, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde sowie daß der Bescheid aufgehoben wird.

2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 2.500 S auf die Umsatzsteuer.

III. Dieses Erkenntnis wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B221.1990

Dokumentnummer

JFT_10099072_90B00221_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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