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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §44 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Gritsch, über die Beschwerde der B in Linz, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Mai 1990, Zl. BauR - 020124/1-1990 Lg/No, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 18. Juli 1988 trug der Magistrat der Landeshauptstadt Linz-Baurechtsamt der Beschwerdeführerin die Beseitigung einer baulichen Anlage binnen acht Wochen ab Rechtskraft des Bescheides auf. Es handelt sich um ein 3 m hohes Objekt mit den Ausmaßen 10,05 x 5,25 m in Holzriegelwandkonstruktion, in welchem sich an der Ostseite ein Büro und an der Westseite eine kleine Autowerkstätte befindet. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Nachdem bei einer behördlichen Nachschau am 12. Oktober 1988 festgestellt worden war, daß das Objekt nicht beseitigt wurde, drohte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde mit Schreiben vom 17. Oktober 1988 die Ersatzvornahme an, wenn die Leistung nicht bis 30. Dezember 1988 erbracht werde. Einem Fristgesuch der Beschwerdeführerin kam der Magistrat der Landeshauptstadt Linz-Baurechtsamt insofern nach, als in einem Schreiben vom 9. Jänner 1989 erklärt wurde, daß die Frist bis 31. Juli 1989 verlängert werde. Mit Schreiben vom 25. Juli 1989 ersuchte die Beschwerdeführerin um Fristverlängerung um weitere vier Monate; eine Erledigung dieses Ersuchens ist nicht aktenkundig.
Mit Bescheid vom 21. März 1990 ordnete der Magistrat der Landeshauptstadt Linz die Ersatzvornahme an und trug eine Kostenvorauszahlung in Höhe von S 32.640,-- auf.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, das Objekt diene nicht als Büro oder Werkstätte, sondern bloß als Unterstand für Autos bzw. bei Regenwetter. Es bestehe bereits seit 18 Jahren. Der Beschwerdeführerin sei seinerzeit mündlich von Organen des Magistrates bestätigt worden, daß das Objekt solange bestehen könne, bis die Beschwerdeführerin einen Pensionsanspruch erwerbe; sie müsse bis Februar 1992 ihrer Arbeit nachgehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Gegen die bekämpfte Vollstreckungsverfügung sei eine Berufung nur aus den im § 10 Abs. 2 VVG genannten Gründen zulässig. Der Titelbescheid sei rechtskräftig; die Einwendungen der Berufungswerberin richteten sich aber nur gegen den Titelbescheid.
Mit der vorliegenden, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung abgetretenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes "oder" Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde erstattete unter Aktenvorlage eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, daß der Verwaltungsgerichtshof in einem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Zl. 84/05/0035, Slg. Nr. 12.942/A, ausgesprochen hat, daß der Kostenvorauszahlungsauftrag gemäß § 4 Abs. 2 VVG 1950 keine Vollstreckungsverfügung darstellt und daher eine dagegen erhobene Berufung nicht auf die Gründe des § 10 Abs. 2 VVG beschränkt ist. Allerdings könnte auch in einer Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung - wie sie die vorliegende Anordnung der Ersatzvornahme ja darstellt - gemäß § 10 Abs. 2 lit. b VVG geltend gemacht werden, daß die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimme.
Entgegen der Darstellung in der Gegenschrift hat die Beschwerdeführerin schon in ihrer Berufung behauptet, es sei ihr von Organen der Behörde bestätigt worden, daß die Hütte bis zur Pensionierung der Beschwerdeführerin (im Februar 1992) bestehen könne. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt, sondern diese Behauptung in der Berufung als "Ersuchen" dargestellt.
Dieses Vorbringen könnte als Behauptung verstanden werden, Organwalter der Baubehörde erster Instanz hätten in Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG den Bescheid vom 17. Oktober 1988 durch Fristverlängerung bis Februar 1992 abgeändert, sodaß es an der im § 4 Abs. 1 normierten Voraussetzung der Nichterfüllung zur gehörigen Zeit mangle.
Gemäß § 62 Abs. 1 AVG können Bescheide auch mündlich erlassen werden, wenn die Verwaltungsvorschriften nichts anderes vorsehen. Schriftform erfordert gemäß § 49 Abs. 1 O.ö. Bauordnung nur die Baubewilligung, nicht aber der Beseitigungsauftrag gemäß § 61 Abs. 1 O.ö. BO. Daher stellt sich die Frage nicht, ob eine Abänderung gemäß § 68 Abs. 2 AVG dasselbe Formerfordernis erfüllen muß, wie der Erstbescheid.
Die Erlassung eines mündlichen Bescheides gemäß § 62 Abs. 2 AVG bedarf aber einer Beurkundung sowohl des Bescheidinhaltes als auch der Tatsache seiner Verkündung in Form einer Niederschrift; ohne Beurkundung kann von einer Bescheiderlassung nicht gesprochen werden (siehe die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 470 wiedergegebene hg. Judikatur). Den gegen die hg. Judikatur vorgetragenen Bedenken (siehe Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, RZ 428) ist nicht nur mit dem Hinweis auf Beweisschwierigkeiten zu begegnen: Das zusätzlich im § 44 Abs. 1 normierte Beurkundungsgebot des § 62 Abs. 2 AVG kann - schon im Hinblick auf ein allfälliges Rechtsmittelverfahren - nicht als bloße Formvorschrift angesehen werden, deren Mißachtung ohne Folge bliebe. Die Rechte der Partei sind vor allem durch die Bestimmung des § 62 Abs. 3 AVG hinreichend gesichert, weil die Partei einen Anspruch auf Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung hat und somit auch dadurch die Einhaltung des Beurkundungsgebotes durchsetzen kann.
Die Beschwerdeführerin behauptet weder eine Beurkundung, noch, daß innerhalb von drei Tagen die Zustellung einer Ausfertigung begehrt worden wäre. Da somit keine rechtswirksame Abänderung des Titelbescheides vorliegt, wurde die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990050192.X00Im RIS seit
20.11.2000