TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/23 90/08/0137

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.02.1993
beobachten
merken

Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §17 Abs2;
ASVG §17 Abs3;
ASVG §17 Abs4;
ASVG §17 Abs6;
ASVG §17 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 5. Juni 1990, Zl. 127.514/2-7/89, betreffend Weiterversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten (mitbeteiligte Partei: H in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 30. Mai 1988 lehnte die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Mitbeteiligten vom 26. April 1988 auf Weiterversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten gemäß § 17 ASVG ab. Nach der Begründung habe der Mitbeteiligte die freiwillige Weiterversicherung zur Schließung einer Versicherungslücke zwischen Mai 1986 und Mai 1987 beantragt. Bereits am 31. Mai 1986 sei er jedoch aus der Pflichtversicherung ausgeschieden. Eine Zeit im Sinne des § 17 Abs. 5 ASVG sei nicht nachgewiesen worden. Der Mitbeteiligte habe daher das Recht auf Weiterversicherung nicht fristgerecht geltend gemacht. Die Voraussetzung des § 17 Abs. 6 ASVG, wonach das Recht auf Weiterversicherung jederzeit geltend gemacht bzw. eine beendete Weiterversicherung erneuert werden könne, wenn mindestens 120 Versicherungsmonate nachgewiesen seien, sei im Beschwerdefall gleichfalls nicht erfüllt.

Der Mitbeteiligte erhob Einspruch, wobei er im wesentlichen die Auffassung der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt bestritt, er hätte in den 6 Monaten, die dem 31. Mai 1986 folgten, einen Antrag auf Weiterversicherung stellen müssen, um die nach dem 31. Mai 1986 entstandene Lücke in seinem Versicherungsverlauf durch eine Weiterversicherung zu schließen.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1989 gab der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Einspruch keine Folge und bestätigte den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt. Nach der Begründung habe der Mitbeteiligte bis April 1988 (Datum der Antragstellung) folgende Versicherungszeiten aufzuweisen:

                                      Versicherungsmonate

1. Sept.  1980 bis  6. Sept. 1980     1

1. Okt.   1980 bis 31. Aug.  1985    59

29. Sept.  1985 bis 15. Feb.  1986     6  Arbeitslosengeldbezug

1. April  1986 bis 31. Mai   1986     2

4. Mai    1987 bis 31. Dez.  1987     8

13. Jänner 1988 bis 30. April 1988     4  Arbeitslosengeldbezug

                                      80

    Da der Mitbeteiligte noch nicht 120 Versicherungsmonate

erworben habe, sei es ihm verwehrt, den Monatsersten zu wählen,

mit dem die Weiterversicherung beginnen solle. Aus der

Formulierung des § 17 Abs. 1 und 4 ASVG, worin vom

"ausscheiden" gesprochen werde, ergebe sich, daß die Prüfung

der Voraussetzungen für die Aufnahme der Weiterversicherung zum

Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Pflichtversicherung

vorzunehmen sei. Im Beschwerdefall werde die Weiterversicherung

für den Zeitraum zwischen Mai 1986 und Mai 1987 beantragt. Der

Beschwerdeführer sei (vor dem Zeitraum der beantragten

Weiterversicherung) zuletzt am 31. Mai 1986 aus der

Pflichtversicherung ausgeschieden. Sein Antrag auf

Weiterversicherung sei bei der Beschwerdeführerin erst am

26. April 1988 eingelangt. Zu diesem Zeitpunkt sei die

sechsmonatige Frist des § 17 Abs. 4 ASVG bereits verstrichen

gewesen. Die Beitragszeit vom 4. Mai 1987 bis 31. Dezember 1987

könne für die Prüfung der fristgerechten Antragstellung auf

Weiterversicherung für eine davor liegende Lücke nicht

berücksichtigt werden.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er im wesentlichen die Auffassung vertrat, daß § 17 Abs. 6 ASVG lediglich die Voraussetzungen für eine jederzeitige Antragstellung auf Weiterversicherung normiere. Daß eine rückwirkende Entrichtung von Beiträgen zur Weiterversicherung nur für den dort erfaßten Personenkreis (Vorhandensein von 120 Versicherungsmonaten) möglich sein solle, könne dieser Bestimmung nicht entnommen werden. Vielmehr sehe § 17 Abs. 7 ASVG ausdrücklich diese Wahlmöglichkeit vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge und sprach - in Abänderung des Bescheides des Landeshauptmannes - aus, daß dem Antrag des Mitbeteiligten auf Weiterversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten gemäß § 17 ASVG stattgegeben werde. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensgeschehens und der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen verwies die belangte Behörde auf den Umstand, daß der Mitbeteiligte zuletzt mit 31. Dezember 1987 aus der Pflichtversicherung ausgeschieden sei. Sein Antrag auf Weiterversicherung am 26. April 1988 sei deshalb innerhalb der gesetzlichen Frist von 6 Monaten gestellt worden. Dem Versicherten stehe es frei, die Monate zu bestimmen, die er durch Beitragsentrichtung als Monate der Weiterversicherung erwerben wolle. Es treffe daher nicht zu, daß der Antrag des Mitbeteiligten auf Weiterversicherung verspätet eingebracht worden sei bzw. zu seiner Einbringung eine Vorversicherungszeit von 120 Versicherungsmonaten erforderlich wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 4 ASVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 35. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 585/1980, ist das Recht auf Weiterversicherung bis zum Ende des sechsten auf das Ausscheiden aus der Pflichtversicherung folgenden Monates geltendzumachen.

Personen, die in einer oder mehreren der im Abs.1 lit. a genannten Pensions(Renten)versicherungen, in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetz oder in der Pensionsversicherung nach dem Bauern-Pensionsversicherungsgesetz 120 Versicherungsmonate erworben haben, können gemäß Abs. 6 der genannten Bestimmung das Recht auf Weiterversicherung jederzeit geltend machen oder eine beendete Weiterversicherung erneuern.

Gemäß § 17 Abs. 7 ASVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 35. ASVG-Novelle beginnt die Weiterversicherung, unbeschadet der Bestimmungen des § 225 Abs. 1 Z. 3 mit dem Zeitpunkt, den der Versicherte wählt, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.

Die 29. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 31/1973, brachte die Möglichkeit, die Weiterversicherung auch im unmittelbaren Anschluß an das Ende einer tageweisen Pflichtversicherung aufzunehmen. Durch die 35. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 585/1980, erhielt Abs. 6 des § 17 ASVG die Bezeichnung Abs. 7.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht im wesentlichen Übereinstimmung, daß das Recht auf Weiterversicherung - außer bei Vorliegen von 120 Versicherungsmonaten im Sinne des § 17 Abs. 6 ASVG - bis zum Ende des sechsten auf das Ausscheiden aus der Pflichtversicherung folgenden Monates geltend zu machen ist. Strittig ist lediglich, ob die Weiterversicherung nur im Anschluß an eben dieses Ausscheiden beginnen kann (so die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt) oder dem Versicherten auch ein Wahlrecht auf einen DAVOR liegenden Zeitpunkt (so die mitbeteiligte Partei) eingeräumt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag beide Standpunkte nicht uneingeschränkt zu teilen:

§ 17 Abs. 7 ASVG, wonach es grundsätzlich dem Versicherten innerhalb bestimmter zeitlicher Grenzen freisteht, den Zeitpunkt des Beginns der freiwilligen Weiterversicherung zu wählen, gilt sowohl für jene Weiterversicherten, die bereits über 120 Versicherungsmonate (und damit über das Recht auf jederzeitige Aufnahme der freiwilligen Weiterversicherung) verfügen, als auch für jene, die noch nicht über

120 Versicherungsmonate verfügen und (daher) die sechsmonatige Frist zur Geltendmachung der freiwilligen Weiterversicherung ab dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung wahren müssen.

In den zuletzt genannten Fällen - wie auch im Beschwerdefall - muß aber zwischen dem Umfang der Berechtigung zur freiwilligen Weiterversicherung, wie er sich aus der sechsmonatigen Frist des § 17 Abs. 4 ASVG ergibt, und der - nur im Rahmen dieser Berechtigung relevanten - Wahlmöglichkeit des § 17 Abs. 7 ASVG unterschieden werden.

Das Recht auf freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung für eine Versicherungslücke endet nach den zit. Vorschriften daher nicht schon dadurch, daß eine neue (kurzfristige) Pflichtversicherung begonnen wird, weshalb der Beginn der - nach dem neuerlichen Ausscheiden aus dieser Pflichtversicherung - beantragten Weiterversicherung - entgegen der Beschwerdeauffassung - durchaus auch dann in den Zeitraum VOR der letzten Pflichtversicherung fallen kann, wenn noch keine 120 Versicherungsmonate vorliegen. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß vom seinerzeitigen (ersten) Ausscheiden aus der Pflichtversicherung bis zur Antragstellung nach dem neuerlichen (zweiten) Ausscheiden aus der Pflichtversicherung noch nicht mehr als sechs Monate verstrichen sind.

Im Beschwerdefall ist der Mitbeteiligte mit Ablauf des 31. Mai 1986 aus der Pflichtversicherung ausgeschieden. Um die daran anschließende Lücke im Versicherungsverlauf mit Beiträgen zur freiwilligen Weiterversicherung schließen zu können, hätte der Mitbeteiligte innerhalb von sechs Monaten ab diesem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung die Bewilligung der freiwilligen Weiterversicherung beantragen müssen. Dies hat er unbestrittenermaßen nicht getan. Damit war er erst aufgrund der neuerlichen Erfüllung (neben den sonstigen Voraussetzungen) des Merkmals "Ausscheiden aus der Pflichtversicherung" (wieder) zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, jedoch (weiterhin) nicht hinsichtlich jenes Zeitraums, für den er die Antragsfrist versäumt hat, sondern nur für jenen Zeitraum, der sich an das (wieder anspruchsbegründende) Ausscheiden aus der Pflichtversicherung anschließt. Nur insoweit reicht auch der Zeitraum, für den dem Mitbeteiligten ein Wahlrecht im Sinne des § 17 Abs. 7 ASVG zustand.

Dafür spricht im übrigen auch der Umstand, daß gemäß den Abs. 2 und 3 des § 17 leg. cit. an das "zuletzt" bestandene Versicherungsverhältnis angeknüpft wird. Schließlich würde es auch einen Wertungswiderspruch zu § 17 Abs. 6 ASVG begründen, schon bei geringeren Versicherungszeiten als

120 Versicherungsmonaten die Weiterversicherung in der Pensionsversicherung über die sechsmonatige Frist hinaus rückwirkend in Anspruch nehmen zu können.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes; dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990080137.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten