Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Gritsch, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. Juni 1992, Zl. BauR-010815/1-1992 Oe/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorliegenden Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Dezember 1991 wurde dem Beschwerdeführer für das Grundstück Nr. 60/35, EZ 520 des Grundbuches über die Kat. Gem. X, eine Bauplatzbewilligung u.a. mit der Auflage erteilt, daß "das Objekt der bestehenden Bebauung anzugleichen ist, um das einheitliche Ortsbild zu erhalten. Weiters sind die Dächer der zu errichtenden Gebäude in einfacher, ruhiger Form als Sattel-, Schopf- oder Walmdach auszuführen".
Die gegen diese Vorschreibung gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. April 1992 als unbegründet abgewiesen, wobei die Berufungsbehörde die Meinung vertrat, daß die in Rede stehende Auflage durchaus gerechtfertigt sei, weil es sich bei einer Bauplatzbewilligung um eine mehr oder weniger "abstrakte Bewilligung" handle. Die Worte "einfache, ruhige Form" seien eindeutig so auszulegen, daß darunter ein Sattel-, Schopf- oder Walmdach zu verstehen sei. Die Auflage einer bestimmten Dachform sei im Hinblick auf die Wahrung des öffentlichen Interesses an einem ungestörten Orts- und Landschaftsbild vorzuschreiben gewesen.
Mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 24. Juni 1992 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung des Beschwerdeführers Folge gegeben, dieser Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde verwiesen.
Die Aufsichtsbehörde wies in der Begründung ihres Bescheides auf die Vorschrift des § 4 Abs. 1 der
O.ö. Bauordnung 1976 hin, wonach bei der Erteilung der Bauplatzbewilligung die öffentlichen Interessen der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs und der Wahrung eines ungestörten Orts- und Landschaftsbildes besonders zu beachten seien. Zur Sicherung dieser Interessen könne gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle die Bauplatzbewilligung unter Bedingungen oder Auflagen erteilt werden. Die allgemein gehaltene Auflage der Erhaltung des einheitlichen Ortsbildes durch eine angepaßte Bauweise finde in der Bestimmung des § 4 Abs. 1 leg. cit. ausreichend Deckung. Auch ohne die gezielte Vorschreibung dieser Auflage ginge schon aus dem Gesetz hervor, daß die Bauplatzbewilligung überhaupt nur unter dieser Prämisse habe erteilt werden können. Eine bestimmte Dachform könne dagegen entsprechend dem Gesetzestext im Zuge des Bauplatzbewilligungsverfahrens nur dann vorgeschrieben werden, wenn dies der Sicherung oder Erhaltung des konkret vorliegenden Orts- und Landschaftsbildes diene. Mangels anderer gesetzlicher Vorschriften über das gegenständliche Ortsbild (z.B. durch Bebauungsplan, Bausperre etc.) hätte die Berufungsbehörde Sachverhaltsfeststellungen über das konkrete Ortsbild zu treffen gehabt. Insbesondere wäre zu klären gewesen, welche Dachformen in der näheren Umgebung des Projektes bestehen. Auf Grund dieser Feststellungen wäre dann zu beurteilen gewesen, welche Dachformen zur Wahrung eines ungestörten Orts- und Landschaftsbildes vorzuschreiben seien. Im gesamten Verfahren fänden sich aber keine nachvollziehbaren Feststellungen darüber, welche Dachformen in der näheren Umgebung des geplanten Objektes bestehen, und warum gerade die vorgeschriebenen Dachformen zur Erhaltung eines ungestörten Ortsbildes beitragen sollten. Diese Feststellungen wären gegebenenfalls auch durch einen Sachverständigen fachlich zu belegen gewesen. Nach der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung (24. April 1992) geltenden Rechtslage seien somit ungenügende Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden, weshalb ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden sei. Nun habe die mitbeteiligte Gemeinde in ihrer Gemeinderatssitzung vom 5. Juni 1992 für das gegenständliche Gebiet, einschließlich der Bauparzelle des Beschwerdeführers, eine Bausperre verordnet. Diese werde mit 25. Juni 1992 rechtswirksam. Sie habe auf die vorliegende Entscheidung keinen Einfluß haben können, da für die Vorstellungsbehörde jene Sach- und Rechtslage entscheidend sei, die zum Zeitpunkt des gemeindebehördlichen Bescheides bestanden habe. Sollte der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde nach dem 25. Juni 1992 eine neuerliche Entscheidung treffen, so werde er die durch die Bausperreverordnung Nr. 60/35 veränderte Rechtslage zu berücksichtigen haben. Da die Bausperre mit sofortiger Wirkung, also ohne Übergangsbestimmungen, verhängt worden sei, sei diese Änderung der Rechtslage im Berufungsverfahren zu berücksichtigen, und die Rechtsmittelbehörde habe das zum Zeitpunkt der neuerlichen Entscheidung geltende Recht anzuwenden. Die Bausperre habe gemäß § 58 Abs. 3 der OÖ Bauordnung 1976 u.a. die Wirkung, daß Bauplatzbewilligungen nur dann erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen sei, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Bebauungsplanes nicht erschwere oder verhindere. In der verbalen Beschreibung der beabsichtigten Neuplanung sei festgehalten, daß die Dächer der neu zu errichtenden Gebäude in einfacher Form als Sattel-, Schopf- oder Walmdächer mit dunkler, roter, kleinflächiger Eindeckung auszuführen seien. Diese Bestimmung werde ab dem 25. Juni 1992, allenfalls aber auch schon im gegenständlichen Bauplatzbewilligungsverfahren durch Vorschreibung einer entsprechenden Auflage zu berücksichtigen sein. Da aber nach der zum Zeitpunkt der Erlassung des vorliegenden Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde geltenden Rechtslage der Sachverhalt in maßgeblichen Punkten nicht ausreichend ermittelt worden sei, habe der Vorstellung Folge gegeben werden müssen.
Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1992, Zl. B 1051/92-4, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach den Beschwerdeausführungen erblickt der Beschwerdeführer "die Verletzung sonstiger Rechte ... darin, daß die Vorstellungsbehörde dem Gemeinderat" der mitbeteiligten Gemeinde "im Rahmen ihrer Vorstellungsentscheidung die Rechtsansicht vorgibt, sie habe" dem Beschwerdeführer "im Rahmen einer neuerlichen Berufungsentscheidung im Bauplatzbewilligungsverfahren die Auflage zu erteilen, das Dach des" vom Beschwerdeführer "zu errichtenden Gebäudes in einfacher Form als Sattel-, Schopf- oder Walmdach mit dunkler, roter, kleinflächiger Eindeckung auszuführen".
Zu diesem Vorbringen ist Nachstehendes zu bemerken:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß nur die in der Begründung eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides geäußerte, die Aufhebung tragende Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde für das weitere Verfahren vor der Gemeindebehörde, der Aufsichtsbehörde selbst und vor einem Gerichtshof des öffentlichen Rechts bindende Wirkung entfaltet (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1985, Zl. 85/05/0169, BauSlg. Nr. 593, und die darin zitierte Vorjudikatur). Das bedeutet für den Beschwerdefall, daß die in der Begründung des angefochtenen Bescheides geäußerten Rechtsansichten der belangten Behörde über die im fortgesetzten Berufungsverfahren maßgebende Rechtslage für das weitere Verfahren keine Bindungswirkung nach sich ziehen, weil nur der die Aufhebung tragenden Rechtsansicht der Gemeindeaufsichtsbehörde, also den Ausführungen über den für die Aufhebung des Berufungsbescheides maßgebenden Verfahrensmangel, bindende Wirkung zukommt. Daraus folgt aber weiter, daß der Beschwerdeführer im derzeitigen Stadium des Verfahrens durch den in Beschwerde gezogenen Bescheid in keinen Rechten verletzt wird, weil ja dem Spruch des Bescheides nach ohnehin seine Vorstellung erfolgreich war und die diese Aufhebung tragende Rechtsansicht der Gemeindeaufsichtsbehörde von ihm in der Beschwerde gar nicht bekämpft worden ist. Durch den angefochtenen Bescheid entsteht demnach hinsichtlich der den wiedergegebenen Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) bildenden Frage künftiger Auflagen des Bauplatzbewilligungsbescheides keine Bindungswirkung.
Da somit schon auf Grund des Inhaltes der Beschwerde zu erkennen war, daß der Beschwerdeführer im erwähnten Beschwerdepunkt nicht in seinen Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993050021.X00Im RIS seit
20.11.2000