TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/23 92/11/0064

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Veröffentlicht am 23.02.1993
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §76 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in A, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. Jänner 1992, Zl. VwSen-420002/12/Kl/Rd, betreffend vorläufige Abnahme eines Führerscheines (weitere Partei: Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. Jänner 1992 wurde die auf § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützte Beschwerde gegen die am 20. Oktober 1991 erfolgte vorläufige Abnahme des Führerscheines gemäß § 76 Abs. 1 KFG 1967 als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer wurde zum Ersatz von Kosten in der Höhe von S 4.297,-- an den Bund verpflichtet.

In der Begründung dieses Bescheides nahm der unabhängige Verwaltungssenat als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer am Sonntag, dem 20. Oktober 1991, gegen 12.00 Uhr seinen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf dem Güterweg Kollmannsberg in Neukirchen bei Altmünster gelenkt habe und an einer näher bezeichneten Stelle von der Fahrbahn abgekommen sei. Dabei habe der Beschwerdeführer an Gartenbeeten und an einem Gartenzaun Schäden verursacht. Er habe sein Fahrzeug verlassen und sei in einem nachkommenden Pkw weggefahren. Der auf Grund der Anzeige der Unfallsgeschädigten ermittelnde Gendarmeriebeamte habe am Unfallsort eine starke Beschädigung des Pkws an der Vorderseite festgestellt; Fahruntüchtigkeit des Fahrzeuges sei aber augenscheinlich nicht gegeben gewesen. Während der Erhebungen sei der Beschwerdeführer an den Unfallsort zurückgekehrt und von den Anzeigern als Lenker des Pkws identifiziert worden. Auf Grund offensichtlicher Alkoholisierungsmerkmale (gerötete Augen, Alkoholgeruch aus dem Mund, lallende Aussprache) sei in der Folge beim Gendarmerieposten Ebensee mittels Alkomat eine Untersuchung der Atemluft durchgeführt worden. Die gegen 13.00 Uhr durchgeführten Messungen hätten einen Atemalkoholgehalt von 1,15 mg/l bzw. 1,20 mg/l ergeben. Dem Beschwerdeführer, der sich wiederholt darauf berufen habe, Berufskraftfahrer zu sein und den Führerschein zu brauchen, sei der Führerschein für die Gruppen B, C, F und G vorläufig abgenommen worden. Da der Beschwerdeführer zum Unfallsort zurückgekehrt sei, die Fahruntüchtigkeit des Pkws nicht festgestellt worden sei und überdies um 22.00 Uhr das Wochenendfahrverbot geendet habe, habe der Gendarmeriebeamte nicht ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer noch am 20. Oktober 1991 einen Pkw oder einen Lkw lenken werde, obwohl er nicht die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitze.

In rechtlicher Hinsicht vertrat der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, die vorläufige Abnahme des Führerscheines sei nicht rechtswidrig gewesen, weil der einschreitende Gendarmeriebeamte das weitere Lenken eines Kraftfahrzeuges durch den Beschwerdeführer nach dem Alkotest nicht habe ausschließen können, und zwar einerseits im Hinblick auf seine Rückkehr an den Unfallsort und die augenscheinliche Fahrtüchtigkeit des Pkws und andererseits im Hinblick auf seine Beschäftigung als Berufskraftfahrer und das Ende des Wochenendfahrverbotes um 22.00 Uhr.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Beschwerdegründe nur hinsichtlich der Hauptsache, nicht aber hinsichtlich des Kostenersatzes geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 76 Abs. 1 KFG 1967 haben Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, daß er insbesondere infolge eines übermäßigen Alkoholgenusses nicht mehr die völlige Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die vorläufige Abnahme des Führerscheines eine Sicherungsmaßnahme, die im Interesse der Verkehrssicherheit gesetzt wird. Sie soll verhindern, daß eine Person ein Kraftfahrzeug lenkend am Straßenverkehr teilnimmt, obwohl sie sich in einem Zustand befindet, in dem sie das Kraftfahrzeug nicht zu beherrschen imstande ist. Es muß daher für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Annahme berechtigt sein, die betreffende Person werde in ihrem die Fähigkeit hiezu ausschließenden Zustand ein Kraftfahrzeug lenken. Diese Annahme wird unter anderem dann nicht gerechtfertigt sein, wenn die gegebenen Umstände darauf schließen lassen, die betreffende Person habe eine allfällige vorangegangene Lenktätigkeit beendet, und nichts dafür spricht, sie werde ungeachtet ihres Zustandes ein Kraftfahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder versuchen, es in Betrieb zu nehmen (siehe das hg. Erkenntnis vom 6. März 1990, Zl. 89/11/0257, mit weiteren Judikaturhinweisen).

2.1. Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, sondern wendet sich ausschließlich gegen ihre Auffassung, der einschreitende Gendarmeriebeamte habe auf Grund der gegebenen Sachlage ein weiteres Lenken des Beschwerdeführers in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand nicht ausschließen können.

Der Beschwerdeführer führt in diesem Zusammenhang ins Treffen, der Gendarmeriebeamte hätte den Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr an den Unfallsort fragen müssen, ob er die Absicht habe, sein Fahrzeug in Betrieb zu nehmen.

Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich zu erwidern, daß eine solche Frage an ihn schon deshalb nicht zielführend gewesen wäre, weil er dem einschreitenden Gendarmeriebeamten gegenüber (und auch noch im Verfahren vor der belangten Behörde) bestritten hat, seinen Pkw gelenkt zu haben. Angesichts dieser - durch die Angaben der Anzeiger widerlegten - Verantwortung hätte auch eine allfällige Beteuerung des Beschwerdeführers, er werde seinen Pkw am 20. Oktober 1991 nicht mehr in Betrieb nehmen, nichts an der berechtigten Annahme des einschreitenden Gendarmeriebeamten geändert, daß ein weiteres Lenken des Beschwerdeführers in den folgenden Stunden bis zur Wiedererlangung der vollen Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper nicht auszuschließen sei. Auf Grund der kurz nach dem Unfall erfolgten Rückkehr des Beschwerdeführers an die Unfallstelle war für den Gendarmeriebeamten die Vermutung naheliegend, der Beschwerdeführer habe die Absicht, mit seinem Pkw wegzufahren, zumal nach dem Augenschein der Pkw nicht fahruntüchtig war. An der Berechtigung dieser Vermutung änderte sich auch dadurch nichts, daß die Durchführung des Alkotests und die hierauf ausgesprochene vorläufige Abnahme des Führerscheines (nach dem Beschwerdevorbringen) 15 Kilometer von der Unfallsstelle entfernt stattgefunden hat. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer unmittelbar nach dem Unfall mit einem Bekannten vom Unfallsort weggefahren ist und von diesem kurz darauf wieder dorthin zurückgebracht wurde, zeigt, daß es dem Beschwerdeführer nicht unmöglich war, geringe Entfernungen durch die Mitbeförderung im Kraftfahrzeug eines Freundes zu überwinden. Da die vorläufige Abnahme des Führerscheines zudem um die Mittagszeit erfolgt ist, konnte der Gendarmeriebeamte nicht ausschließen, daß der Beschwerdeführer noch am Nachmittag dieses Tages versuchen werde, mit seinem Pkw von der Unfallsstelle wegzufahren. Im Hinblick auf den sich aus dem Augenschein ergebenden Zustand des Fahrzeuges mußte der Gendarmeriebeamte nicht zu der Annahme gelangen, daß ein allfälliger Versuch des Beschwerdeführers, das Fahrzeug wieder in Betrieb zu nehmen, von vornherein scheitern müsse (vgl. auch in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 6. März 1990, Zl. 89/11/0257).

2.2. Da sich die vorläufige Abnahme des Führerscheines schon aus den zuvor genannten Gründen als berechtigt erweist, brauchte nicht weiter darauf eingegangen zu werden, ob der Gendarmeriebeamte im Hinblick auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Berufskraftfahrer im Zusammenhang mit dem Ende des Wochenendfahrverbotes um 22.00 Uhr befürchten mußte, der Beschwerdeführer werde in seinem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand versuchen, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

3. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992110064.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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