TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/24 92/03/0011

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Veröffentlicht am 24.02.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §45 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §5 Abs1;
ZustG §16 Abs5;
ZustG §17 Abs3;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 92/03/0059 E 24. Februar 1993

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der K in M, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. November 1991, Zl. IIb2-V-8961/3-1991, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 14. November 1991 wurde die Beschwerdeführerin als Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges schuldig erkannt, sie habe es unterlassen, einer ihr am 23. Oktober 1990 zugestellten Aufforderung, der Bezirkshauptmannschaft Schwaz binnen zwei Wochen nach Zustellung Name und Anschrift jener Person bekanntzugeben, die das Kraftfahrzeug am 3. Oktober 1990 um 10.33 Uhr auf der Gerlos-Bundesstraße aus Richtung Zell am Ziller in Richtung Gerlos gelenkt hat, nachzukommen, und dadurch eine Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG begangen. Gemäß § 134 KFG wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.440,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 58 Stunden) verhängt. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Aufforderung sei mit Schreiben vom 17. Oktober 1990 mit RSb-Brief erfolgt. Dieser Brief sei am 18. Oktober 1990 von einem Angestellten der Beschwerdeführerin übernommen worden.

§ 16 Abs. 1 ZustG bestimme, daß eine Sendung an einen Ersatzempfänger zugestellt werden dürfe (Ersatzzustellung), wenn die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden könne und an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend sei, sofern der Zusteller Grund zur Annahme habe, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Nach § 16 Abs. 5 ZustG gelte eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergebe, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch werde die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Die Beschwerdeführerin habe sich laut Hotelrechnung bis 21. Oktober 1990 auf Urlaub befunden. Die Erstbehörde sei daher mit Recht davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin am 22. Oktober 1990 an die Abgabestelle zurückgekehrt und damit die Zustellung am 23. Oktober 1990 wirksam geworden sei. Der Meinung der Beschwerdeführerin, die Zustellung der Aufforderung im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG hätte zu eigenen Handen erfolgen müssen, dies ergebe sich aus § 22 AVG sowie aus § 42 VStG, sei entgegenzuhalten, daß das Gesetz keine Zustellung zu eigenen Handen vorschreibe und auch sonst keine wichtigen Gründe hiefür vorlägen. Schließlich könne die Lenkererhebung sogar telefonisch erfolgen. § 42 VStG betreffe die Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter. Auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach selbst bei zulässiger Zustellung mit RSb-Brief die Zustellung nicht rechtsgültig erfolgt sei, da die Voraussetzung des § 16 Abs. 1 ZustG zum Zeitpunkt der Zustellung nicht gegeben sei, sei im Hinblick auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit § 16 Abs. 5 ZustG kein Erfolg beschieden. Grundsätzlich dürfe der Zusteller eine Ersatzzustellung nur dann vornehmen, wenn er Grund zur Annahme habe, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Möge eine Zustellung auch tatsächlich wegen Abwesenheit von der Abgabestelle zunächst unwirksam sein, so werde aber durch die Rückkehr des Empfängers an die Abgabestelle bewirkt, daß die Zustellung mit dem folgenden Tag wirksam werde und damit die Frist zu laufen beginne, auch wenn der Empfänger das Schriftstück (vom Ersatzempfänger) nicht oder nicht rechtzeitig erhalten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Ansicht der Beschwerdeführerin, es hätte die Zustellung der Aufforderung im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG zu eigenen Handen erfolgen müssen, erweist sich, wie bereits die belangte Behörde richtig dargelegt hat, als verfehlt. Die Voraussetzungen des § 22 AVG sind nicht gegeben. Auch der Hinweis auf § 42 VStG geht ins Leere; handelt es sich doch dort um die Aufforderung zur Rechtfertigung an den Beschuldigten im Strafverfahren, also keine vergleichbare Angelegenheit.

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde auch zutreffend das Vorliegen einer wirksamen Ersatzzustellung angenommen. Aus § 16 Abs. 5 ZustG ergibt sich, daß, auch wenn die Ersatzzustellung wegen Abwesenheit von der Abgabestelle - etwa weil sich der Empfänger auf Urlaub befindet - zunächst unwirksam ist, die Rückkehr des Empfängers an die Abgabestelle bewirkt, daß die Zustellung mit dem folgenden Tag wirksam wird, auch wenn der Empfänger das Schriftstück tatsächlich nicht erhält (vgl. z.B. Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 19. September 1984, 10 Ob 630, 631/84 = EvBl. 1985/24 = SZ 57/141; in diesem Sinne auch zu der im wesentlichen gleichgelagerten Bestimmung des § 17 Abs. 3 ZustG die hg. Erkenntnisse vom 12. Oktober 1984, Zl. 84/02/0210, vom 29. November 1984, Zlen. 83/15/0133 u.a., und vom 9. Jänner 1987, Zl. 86/18/0223).

Mit dem Vorbringen, es sei ihr die Aufforderung im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG auch nie zugekommen, macht die Beschwerdeführerin geltend, daß sie kein Verschulden an der Übertretung treffe. Voraussetzung für eine solche Annahme ist aber, daß der Beschuldigte glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Die Beschwerdeführerin hätte daher initiativ alles darzulegen gehabt, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat vor allem durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Dies hat die Beschwerdeführerin jedoch unterlassen. Vor allem aber enthält auch die Beschwerde insoweit kein über die bloße Behauptung hinausgehendes Vorbringen. Im übrigen reicht bloßes Leugnen oder eine allgemein gehaltene Behauptung für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Anm. 8 zu § 5 VStG, S. 708 f).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992030011.X00

Im RIS seit

17.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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