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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des H in B, und 2. des V in I, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. August 1992, Zl. IIIa2-2129/3, betreffend Feststellung der Wirksamkeit einer Ausgliederung von Grundparzellen aus einem Eigenjagdgebiet (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft S, vertreten durch den Obmann P), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Mit hg. Beschluß vom 18. November 1992, Zl. 92/03/0216, wurde das Verfahren über die von den Antragstellern gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. August 1992 erhobene Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt. Die dortigen Beschwerdeführer waren dem ihnen erteilten Mängelbehebungsauftrag zur Vorlage einer weiteren Ausfertigung der Beschwerde nicht nachgekommen, weil sie innerhalb der ihnen gesetzten Frist nur einen nicht unterschriebenen Schriftsatz der Beschwerde vorgelegt hatten. Der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1992 wurde dem Vertreter der Beschwerdeführer (hier: Antragsteller) am 4. Jänner 1993 zugestellt.
In dem vorliegenden, am 14. Jänner 1993 zur Post gegebenen Antrag wird vorgebracht, der Kanzleipartner des damals auf Urlaub befindlichen Vertreters der Antragsteller habe am Tag nach der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages einen langjährigen Kanzleiangestellten angewiesen, aus der im Handakt aufliegenden Beschwerdedurchschrift eine weitere Beschwerdeausfertigung herzustellen und ihm zur üblichen Postunterfertigung vorzulegen. Er habe daraufhin diese ihm vorgelegte weitere Beschwerdeausfertigung unterfertigt. Das zurückzustellende Schriftsatzkonvolut samt Beilagen, ergänzt durch die angeforderte weitere Ausfertigung einer Beschwerdeschrift, sei noch am gleichen Tag per Post expediert worden. Dabei sei dem mit dieser Aufgabe betrauten langjährigen Kanzleiangestellten das Mißgeschick unterlaufen, daß er statt der unterschriebenen weiteren Beschwerdeausfertigung den im Akt oben aufliegenden (nicht unterschriebenen) Durchschlag kuvertiert und anschließend expediert habe. Von der Fristversäumnis hätten die Antragsteller erst mit Zustellung des hg. Beschlusses vom 18. November 1992 Kenntnis erlangt.
Dieses Vorbringen ist durch eine eidesstättige Erklärung des Kanzleipartners des Antragstellervertreters und des Kanzleiangestellten vom 12. Jänner 1993 hinlänglich bescheinigt. Die vom Kanzleipartner des Antragstellervertreters unterschriebene Beschwerdeausfertigung wurde gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegt.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Ein Verschulden des Parteienvertreters ist dem Verschulden der Partei gleichzuhalten. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt als Verschulden anzurechnen, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen hat. Lediglich rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann der Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer verläßlichen Kanzleikraft überlassen (vgl. den hg. Beschluß vom 28. Oktober 1992, Zl. 92/03/0199).
Auf dem Boden dieser Rechtslage geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist vorliegen, weshalb dem Antrag stattzugeben war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993030013.X00Im RIS seit
20.11.2000