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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache des H in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen die Bundespolizeidirektion Wien, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in bezug auf Erteilung eines Sichtvermerkes, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit der am 25. Jänner 1993 überreichten Beschwerde macht der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend, weil die belangte Behörde über seinen Antrag vom 22. April 1992 auf Erteilung eines Sichtvermerkes bisher nicht entschieden habe. Da gegen die Versagung eines Sichtvermerkes eine Berufung nicht zulässig sei, könne Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Gemäß § 27 erster Satz VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, bzw. der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Nach § 70 Abs. 2 Fremdengesetz ist (ebenso wie nach der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Bestimmung des § 28 Paßgesetz 1969) gegen die Versagung oder die Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes eine Berufung nicht zulässig.
Diese Beschränkung des Instanzenzuges hindert nur die Anfechtung von Bescheiden im Rechtsmittelverfahren, nicht jedoch den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung im Devolutionsweg (§ 73 Abs. 2 AVG). Die Möglichkeit, nach dieser Gesetzesstelle den Übergang der Zuständigkeit auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu erwirken, steht demnach der durch die Säumnis der zuständigen Behörde verletzten Partei auch dann offen, wenn gegen die Entscheidung der säumigen Behörde nach den jeweils den Instanzenzug regelnden Vorschriften ein ordentliches Rechtsmittel ausgeschlossen ist. Da der Beschwerdeführer in der Lage gewesen wäre, die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergeht, nämlich die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien, (und im Falle der Säumigkeit dieser Behörde den Bundesminister für Inneres) anzurufen, er aber von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht hat, liegen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Säumnisbeschwerde nicht vor (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 20. Juli 1992, Zlen. 92/18/0295-0299, mit weiterem Judikaturhinweis sowie die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 210f zitierte hg. Rechtsprechung).
Die vorliegende Säumnisbeschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Schlagworte
Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180033.X00Im RIS seit
20.11.2000