TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/25 93/18/0015

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Veröffentlicht am 25.02.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
VStG §53b Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 12. September 1992, Zl. 27/04/92 002/1, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Aufforderung zum Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Juni 1992 wurden über den Beschwerdeführer wegen Übertretungen des Paßgesetzes und des Grenzkontrollgesetzes Geldstrafen (insgesamt S 3.000,--) sowie Ersatzfreiheitsstrafen (insgesamt sechs Tage) verhängt.

2. Mit Schreiben derselben Behörde vom 10. Juli 1992 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die mit dem vorgenannten Straferkenntnis verhängte Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten.

3. Die gegen diese Aufforderung erhobene Berufung wies der unabhängige Verwaltungssenat Burgenland (die belangte Behörde) gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Begründung als unzulässig zurück, daß die Aufforderung zum Antritt einer Freiheitsstrafe nach ständiger Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes kein Bescheid sei.

4. Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; dieser lehnte die Behandlung derselben mit Beschluß vom 10. Dezember 1992, B 1830/92-3, ab. Mit Beschluß vom 11. Jänner 1993 trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 53b Abs. 1 VStG idF BGBl. Nr. 516/1987 ist ein Bestrafter auf freiem Fuß, der die Strafe nicht sofort antritt, aufzufordern, die Freiheitsstrafe binnen einer bestimmten angemessenen Frist anzutreten. Nach § 53b Abs. 2 erster Satz leg. cit. ist der Bestrafte, wenn er der Aufforderung zum Strafantritt nicht nachkommt, zwangsweise vorzuführen.

§ 54b Abs. 2 erster Satz VStG normiert, daß, soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen ist.

2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu etwa VwSlg. Nr. 4591 A/1958 und 9814 A/1979; VfSlg. Nr. 4082/1961, 9046/1981, 11 887/1988) stellt die Aufforderung zum Antritt einer Freiheitsstrafe (auch einer Ersatzfreiheitsstrafe) keinen Bescheid dar. Dieser eine Voraussetzung für die Gesetzmäßigkeit des Vollzuges der Freiheitsstrafe bildende Verwaltungsakt enthält keinen Abspruch in einer bestimmten Verwaltungsangelegenheit. Er ist zum einen lediglich die nachdrückliche Erinnerung an einen bereits im Strafbescheid enthaltenen Befehl, zum anderen die Mitteilung, daß der Betroffene, falls er der Aufforderung nicht Folge leistet, mit der zwangsweisen Vorführung zu rechnen habe.

Im Gegensatz zur Meinung des Beschwerdeführers, der diese Rechtsprechung für "nicht substantiell begründet" hält, ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, daß die vorstehend wiedergegebenen Aussagen hinreichend deutlich machen, weshalb einer Aufforderung gemäß § 53b Abs. 1 VStG der normative Gehalt fehlt, ihr folgedessen nicht die rechtliche Qualität eines Bescheides zukommt. Jedenfalls bieten die gegen diese Judikatur Stellung nehmenden Beschwerdeausführungen keinen Anlaß, von ihr abzugehen. Dies auch unter Bedachtnahme darauf, daß der Großteil der besagten Rechtsprechung zu § 53 Abs. 1 VStG 1950 ergangen ist, hat doch § 53b Abs. 1 (iVm § 54b Abs. 2 erster Satz) VStG in bezug auf die hier maßgebliche Rechtsfrage keine inhaltliche Änderung gebracht (vgl. dazu den bereits zitierten Beschluß VfSlg. Nr. 11 887, der bereits auf dem Boden der zuletzt genannten Bestimmungen ergangen ist).

3. Mangels Bescheidqualität der vom Beschwerdeführer im Rechtsmittelweg bekämpften Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe steht die angefochtene, die Berufung zurückweisende Entscheidung mit dem Gesetz (§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG) in Einklang.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Androhungen Aufforderung Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Verfahrensanordnungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180015.X00

Im RIS seit

13.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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