TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/25 90/16/0166

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Veröffentlicht am 25.02.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
22/01 Jurisdiktionsnorm;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

ABGB §1041;
ABGB §1431;
ABGB §914;
GGG 1984 §14;
GGG 1984 §16 Z1 litc;
JN §58 Abs1;
VwRallg;
ZPO §433;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Kramer, Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der H in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 19. Juni 1990, Zl. Jv 3851-33/89, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 12. Dezember 1986 schloß die Beschwerdeführerin als Antragstellerin mit Ernestine Sch. als Antragsgegnerin vor dem Bezirksgericht Salzburg nachstehenden prätorischen Vergleich:

"...

    Die Antragsgegnerin ... verpflichtet sich, bei sonstiger

Exekution bis spätestens 31. Mai 1987 die von ihr gemietete

Wohnung Top Nr. II/23 im Hause ... zu räumen und von ihren

Fahrnissen befreit geräumt an die Antragstellerin ... zu

übergeben.

Die Parteien stellen übereinstimmend fest, daß durch diesen Vergleich der derzeit gültige Mietvertrag nicht verlängert wird und kommen die Parteien weiters überein, daß die Antragsgegnerin monatlich ab Jänner 1987 jeweils zum 5. eines Monates S 2.746,-- an Benützungsentgelt an die Antragstellerin zu bezahlen hat."

Dieser Vergleich wurde zunächst mit S 225,-- in Gerichtskostenmarken vergebührt.

Mit Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des Bezirksgerichtes Salzburg vom 24. Oktober 1989 wurde der Beschwerdeführerin und Ernestine Sch. zur ungeteilten Hand neben der Einhebungsgebühr nach § 6 GEG in Höhe von S 50,--, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 19.730,--, eine restliche Pauschalgebühr von S 150,--, zusammen also ein Betrag von S 200,-- vorgeschrieben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Präsident des Landesgerichtes Salzburg den dagegen erhobenen Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin ab und änderte den oben genannten Zahlungsauftrag gemäß § 7 Abs. 3 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962, BGBl. Nr. 288 (GEG 1962) dahingehend ab, daß die restliche Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 auf den Betrag von S 2.375,-- zuzüglich der Einhebungsgebühr von S 50,-- "ausgedehnt" werde. Zur Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der am 12. Dezember 1986 geschlossene prätorische Vergleich enthalte zwei gebührenrechtlich relevante Regelungen, nämlich

a)

die Räumung zum 31. Mai 1987 und

b)

die Feststellung, daß der derzeit gültige Mietvertrag durch diesen Vergleich nicht verlängert werde und die Antragsgegnerin monatlich ab Jänner 1987 ein Benützungsentgelt von S 2.746,-- zu bezahlen habe.

Nach § 16 Z. 1 lit. c des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 - ergänze: in der Fassung VOR Art. I Z. 2 des mit 1. Jänner 1988 in Kraft getretenen Bundesgesetzes BGBl. Nr. 646/1987 - (GGG), sei Punkt a) des Vergleiches mit S 6.000,-- zu bewerten. Der als b) bezeichnete Vergleichspunkt sei als eine für unbestimmte Zeit übernommene Verpflichtung anzusehen und daher mit dem Zehnfachen der Jahresleistung zu bewerten, wodurch hinsichtlich dieses Vergleichspunktes eine Bemessungsgrundlage von S 329.520,-- gegeben sei. Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, daß in der Bemessungsgrundlage von S 6.000,-- auch die Benützungsentgeltregelung enthalten sei, könne nicht gefolgt werden. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die in einem Räumungsvergleich übernommene Verpflichtung zur Leistung eines Benützungsentgeltes oder Mietzinses dann als Recht auf den Bezug von wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Zeit angesehen worden, wenn diese Verpflichtung für die Dauer der Benützung u.dgl. übernommen worden sei. Die im Verfahren beantragte Vernehmung namentlich genannter Zeugen habe auf Grund des klaren Sachverhaltes sowie des eindeutig formulierten Textes des Vergleiches unterbleiben können. Weiters bedürfe die von der Vergleichsformulierung abweichende Auslegung der Beschwerdeführerin (Verlängerung des Mietverhältnisses durch den Vergleich) keiner Zeugeneinvernahme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die Beschwerdeführerin nur mehr insofern in ihren Rechten verletzt, als der Gebührenbemessung eine Bemessungsgrundlage von S 335.520,-- (ausgehend vom Zehnfachen der Jahresleistung) anstatt eine Bemessungsgrundlage ausgehend von einer Verpflichtung zur Leistung des Benützungsentgeltes für eine bestimmte Dauer, nämlich bis zum 31. Mai 1987, zugrundegelegt worden sei. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 zweiter Satz GEG idF. VOR Art. II Abs. 2 BGBl. Nr. 646/1987 kann der Zahlungspflichtige, wenn er sich durch den Inhalt des Zahlungsauftrages beschwert erachtet, binnen 14 Tagen dessen Berichtigung verlangen. Nach Abs. 3 dritter Satz dieser Gesetzesstelle ist der grundsätzlich zur Entscheidung über den Berichtigungsantrag berufene Präsident des Gerichtshofes erster Instanz (bzw. des Oberlandesgerichtes) an die gestellten Anträge nicht gebunden, sondern kann den Zahlungsauftrag auch zum Nachteil des Zahlungspflichtigen ändern.

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Nach § 16 Z. 1 lit. c GGG beträgt die Bemessungsgrundlage 6.000 S u.a. bei Bestandsstreitigkeiten und Streitigkeiten über Räumungs- und Besitzstörungsklagen.

Gemäß § 58 Abs. 1 JN ist als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen bei immerwährender Dauer das Zwanzigfache, bei unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das Zehnfache, ..., jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung anzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das von der belangten Behörde zutreffend zitierte Erkenntnis vom 30. März 1989, Zl. 88/16/0185) gehören Streitigkeiten, die die Bezahlung des Mietzinses oder des Benützungsentgeltes betreffen, nicht zu den Bestandstreitigkeiten im Sinne des § 16 Z. 1 lit. c GGG, weil in diesem Fall eine Geldforderung geltend gemacht wird und hiefür der Forderungsbetrag als Bemessungsgrundlage gilt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters in ständiger Rechtsprechung dargetan, daß die in einem Vergleich übernommene Verpflichtung zur Leistung eines Benützungsentgeltes oder Mietzinses als Recht auf den Bezug auf wiederkehrende Nutzungen und Leistungen von unbestimmter Dauer anzusehen sind, wenn diese Verpflichtung "für die Dauer der Benützung", "bis zur tatsächlichen Räumung", "für den Fall der nicht rechtzeitigen Räumung", "für den Fall der Überziehung des Räumungstermines" o. ä. übernommen wurde (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 91/16/0110, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). War hingegen - wie im Falle des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 12. November 1981, Slg. Nr. 5629/F - die Beendigung eines Bestandverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbart und ausdrücklich die Höhe des zu bezahlenden MIET- BZW. PACHTZINSES festgelegt, war weiters dem Vertragstext kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß die Parteien auch den Fall eines vertragswidrigen Verhaltens des Bestandnehmers hätten regeln wollen, ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß dem Bestandgeber aus dem Vergleich nur für die Zeit bis zur vereinbarten Beendigung des Bestandverhältnisses ein Recht auf den festgelegten monatlichen Bestandzins erwachsen war und daher eine befristete Zahlungsvereinbarung vorlag.

Im Fall des zuletzt genannten Erkenntnisses vom 22. Oktober 1992 lag dem Verwaltungsgerichtshof ein Vergleich vor, in welchem sich die beklagte Partei verpflichtet hatte, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die in der Kündigung bezeichnete Wohnung der klagenden Partei geräumt zu übergeben und bis jeweils zum 5. eines Monats einen MIETZINS an die klagende Partei in näher bestimmter Höhe zu bezahlen. Ein Endtermin dieser Zahlungsverpflichtung war im Vergleich nicht genannt. Der Verwaltungsgerichtshof sprach in diesem Erkenntnis aus, es fehle in dem gemäß § 914 ABGB auszulegenden Text des Vergleiches, dessen einzelne Punkte dabei nicht isoliert betrachtet werden dürften, an einem Anhaltspunkt dafür, daß die Parteien auch den Fall eines vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten als Bestandnehmerin hätten regeln wollen. Daher sei der Vergleich dahin auszulegen, daß durch die mit ihm übernommene Verpflichtung die Pauschalgebühren unter Zugrundelegung eines lediglich auf die Zeit bis zum vereinbarten Räumungstermin entfallenden Mietzinses zu berechnen seien.

Der vorliegende Fall ist dem zuletzt genannten insoferne ÄHNLICH, als es auch hier an der Vereinbarung eines Endtermines der Zahlungsverpflichtung fehlt. Anders als damals - oder auch im Fall des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 12. November 1981, Slg. Nr. 5629/F - hat sich hier jedoch die Antragsgegnerin nicht zur Bezahlung eines MIET- ODER PACHTZINSES verpflichtet, wobei die Beendigung des Bestandverhältnisses zu einem bestimmten, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt vereinbart war. Vielmehr ist der Vergleich so zu verstehen, daß das Bestandverhältnis ab sofort bzw. mit Ende Dezember 1986 enden sollte (arg: "... daß durch diesen Vergleich der derzeit gültige Mietvertrag nicht verlängert wird") und daß für die Dauer der sohin TITELLOSEN BENÜTZUNG ein BENÜTZUNGSENTGELT zu entrichten ist. Hiebei ist zu beachten, daß unter einem Benützungsentgelt zu verstehen ist, was zufolge der auf die §§ 1041 oder 1431 ABGB gestützten Verpflichtung zur Entrichtung einer Entschädigung für die titellose Benützung einer Sache, insbesondere eines Bestandgegenstandes nach Ablauf des Bestandverhältnisses, geleistet werden muß (vgl. Dittrich-Tades, ABGB MGA33, E. 18, 20, 39 zu § 1041).

In einem so gelagerten Fall muß jedoch - ebenso wie im Fall des Erkenntnisses vom 19. Februar 1987, Slg. Nr. 6192/F - der Vereinbarung eines Benützungsentgeltes nach der Übung des redlichen Verkehres (§ 914 ABGB) die Bedeutung beigelegt werden, daß dieses Benützungsentgelt bis zur tatsächlichen Räumung zu bezahlen ist. Es kann nämlich auch hier nicht angenommen werden, daß die Beschwerdeführerin für den Fall des nicht rechtzeitigen Auszuges der Antragsgegnerin die weitere Benützung des Bestandgegenstandes ohne Entrichtung eines Entgeltes hätte gewähren wollen (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 10. März 1988, Zl. 87/16/0099, und vom 24. Mai 1991, Zl. 90/16/0083). Der vorliegende Fall erweist sich daher als nicht anders gelagert als jene Fälle, in denen AUSDRÜCKLICH die Bezahlung des Benützungsentgeltes bis zur tatsächlichen Räumung bzw. auf die Dauer der Benützung vereinbart worden war (vgl. auch hiezu das schon erwähnte Erkenntnis vom 19. Februar 1987, Slg. 6192/F).

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin lassen sich aus den im Vergleich verwendeten Worten "Antragstellerin" bzw. "Antragsgegnerin" keinerlei Anhaltspunkte für die von ihr gewünschte Auslegung entnehmen, wonach das Benützungsentgelt nur für den Zeitraum von Jänner 1987 bis spätestens 31. Mai 1987 vereinbart gewesen sei. Ebensowenig ist es von Bedeutung, welchen Standpunkt die belangte Behörde im Verfahren vor Erlassung des angefochtenen Bescheides eingenommen hat.

Die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhalts haftet dem angefochtenen Bescheid daher nicht an.

Aber auch die - offenbar in der Unterlassung der Vernehmung der beantragten Zeugen erblickte - Verletzung von Verfahrensvorschriften ist nicht gegeben. Abgesehen davon, daß der Vergleichstext keine andere als die hier gefundene Auslegung zuläßt, wurden die Zeugen zu keinen relevanten Themen geführt. So hätte die Tochter der Antragsgegnerin bezeugen sollen, daß lediglich die Räumung der Wohnung zum Ende des Jahres 1986 Gegenstand der zum Vergleichsabschluß führenden Besprechungen war; darauf kam es jedoch nicht an, sondern lediglich auf den Inhalt des abgeschlossenen Vergleiches. Ebensowenig mußte der Richter, vor dem der Vergleich geschlossen wurde, als Zeuge darüber vernommen werden, daß keine Notwendigkeit gegeben gewesen sei, über die Höhe des "Mietentgeltes" einen gerichtlichen Vergleich herbeizuführen; es kam, wie gesagt, nur auf den Inhalt des dann tatsächlich geschlossenen Vergleiches an. Dasselbe gilt schließlich für die beantragte Einvernahme des Gatten der Beschwerdeführerin zu denselben Themen.

Die Frage der gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Entrichtung der gegenständlichen Gerichtsgebühren ist vom Beschwerdepunkt nicht umfaßt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Benützungsentgelt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990160166.X00

Im RIS seit

24.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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