Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ing. J in K, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. September 1992, Zl. VII/2a-V-1.586/0/2-92, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. September 1992 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als "Verantwortlicher der Firma Ing. J.", Zimmerei in K., nicht dafür gesorgt, daß die Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes am 3. Oktober 1990 an einem näher beschriebenen Ort eingehalten werden. Obwohl auf der genannten Baustelle zwei Arbeiter mit Lattungsarbeiten beschäftigt gewesen seien und eine Dachneigung von ca. 40 Grad bei einer Traufenhöhe von ca. 5 m vorhanden gewesen sei, sei keine geeignete Schutzeinrichtung, die ein Abstürzen der Arbeitnehmer verhindern hätte können, vorhanden gewesen. Das Schutzgerüst habe nur aus einem horizontalen Pfostenbelag bestanden und keine Blende gehabt, die ein weiteres Abstürzen von Menschen oder Material verhindert hätte. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 43 Abs. 4 und § 19 Abs. 5 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 267/1954, (im folgenden: BV) begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
§ 44a lit. a VStG 1950 bestimmt, daß der Spruch des Straferekenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. In der Tatumschreibung muß zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche begangen hat (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. Nr. 12375/A).
Im Beschwerdefall wurde diesem Gebot nicht entsprochen, weil im Spruch des Bescheides nicht zum Ausdruck kommt, daß der Beschwerdeführer entsprechend der Aktenlage die Tat als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person "Ing. J GesmbH" strafrechtlich Verantwortliche begangen haben soll, obwohl der Spruch insoweit das die Verantwortlichkeit des Täters konstituierende Merkmal richtig und vollständig wiederzugeben hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1992, Zl. 92/18/0201). Weiters läßt die Umschreibung der Tätereigenschaft als "Verantwortlicher" nicht die Merkmale erkennen, aus denen sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für die erwähnte GesmbH im Sinne des § 9 VStG ergibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1990, Zl. 90/19/0051).
Eine weitere Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides wegen Verstoßes gegen die Vorschrift des § 44a lit. a VStG 1950 ergibt sich daraus, daß es zum objektiven Tatbestand einer Übertretung nach § 43 Abs. 4 BV gehört, daß die Gerüste, die als Schutzgerüste für Dacharbeiten ausgebildet werden müssen, "geeignete" Gerüste sind (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1992, Zl. 91/19/0252). In diesem Zusammenhang sei vermerkt, daß dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal nach der Aktenlage auch nicht Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung im Sinne der §§ 31 und 32 VStG 1950 war.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß in das Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auch die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren an Ersatz für Stempelgebühren war mangels Erforderlichkeit des Aufwandes abzuweisen.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Verantwortlichkeit (VStG §9)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992180440.X00Im RIS seit
01.06.2001Zuletzt aktualisiert am
08.01.2010