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27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;Norm
AgrVG §15;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Kramer, Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. April 1990, Zl. Jv 458 - 33a/90, betreffend Rückzahlung von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am 23. November 1989 beim Bezirksgericht Schwechat eingelangten Grundbuchsgesuch beantragte der Beschwerdeführer gemeinsam mit W auf Grund des Teilungsvertrages vom 1. Juni/1. Juli 1988 und des Nachtrages hiezu vom 17. Jänner/27. Jänner 1989 unter anderem die Einverleibung seines Eigentumsrechtes an den Hälfteanteilen der Liegenschaften EZ 8, 10 und 55 der Katastralgemeinde L. Dieser Antrag wurde mit Beschluß vom 29. November 1989 bewilligt und die Eintragung am 30. November 1989 vollzogen.
Auf beiden obgenannten Verträgen findet sich nachstehender
Stampiglienabdruck:
"Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde
... Wien, am 19. Juni 1989
BESCHEID
Gemäß § 4 Abs. 2 des NÖ landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1972, LGBl. 6645, wird festgestellt, daß dieser Vertrag der Zielsetzung des § 1 Abs. 2 entspricht und einen der im § 2 aufgezählten Vorgänge zum Gegenstand hat ..."
Auf Grund einer Zahlungsaufforderung des Kostenbeamten des Bezirksgerichtes Schwechat entrichtete der Beschwerdeführer für diese Eintragung eine Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z. 1 GGG, BGBl. Nr. 501/1984, in Höhe von S 13.750,--.
Mit Schriftsatz vom 10. Jänner 1990 beantragte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsfreund die Rückzahlung dieses Betrages, da der der Einverleibung zugrunde liegende Teilungsvertrag agrarbezirksbehördlich gemäß § 4 Abs. 2 des NÖ landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes bewilligt worden und dadurch Befreiung von der Eintragungsgebühr gewährleistet sei.
Ein in der Zwischenzeit vom Kostenbeamten erlassener Zahlungsauftrag über denselben Betrag zuzüglich der Einhebungsgebühr nach § 6 GEG wurde mit Bescheid des Revisors beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vom 19. April 1990 aufgehoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes für ZRS Wien dem Rückzahlungsantrag nicht statt. In der Grundbuchseingabe sei entgegen der Bestimmung des § 13 GGG eine Gebührenbefreiung nicht geltend gemacht worden. Bei den Bescheiden der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde je vom 19. Juni 1989 handle es sich um eine dem Erwerb nachfolgende Erklärung, welche die Anwendung der nun geltend gemachten Befreiungsbestimmung des § 15 Agrarverfahrensgesetz nicht zulasse. Diese Gebührenbefreiung komme nur Verträgen zu, die vor der Agrarbezirksbehörde abgeschlossen würden.
Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 24. September 1990, B 756/90-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Befreiung von der Entrichtung der Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z. 1 GGG verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zum Hinweis der belangten Behörde auf die Bestimmung des § 13 GGG sei vorweg bemerkt, daß zwar gemäß § 10 Z. 3 GGG idF. BGBl. Nr. 646/1987 und § 13 GGG die persönliche und sachliche Gebührenfreiheit in der Eingabe unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen werden muß. In diesem Zusammenhang hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan, daß die Gebührenfreiheit noch innerhalb der für einen Berichtigungsantrag offenstehenden Frist geltend gemacht werden kann und daß die Unterlassung des Hinweises auf die gesetzliche Grundlage der Gebührenfreiheit in der Eingabe bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Gebührenpflicht nicht Präklusion bewirkt (vgl. die Erkenntnisse vom 8. Februar 1990, Zl. 89/16/0006, und vom 8. März 1990, Zl. 89/16/0117, sowie die dort jeweils angeführte weitere Rechtsprechung).
Gemäß § 15 AgrVG 1950 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 15. Februar 1967, BGBl. Nr. 77, sind von den Stempel- und Rechtsgebühren unter anderem Eingaben befreit, die zur Durchführung eines Verfahrens vor den Agrarbehörden zur Regelung der Flurverfassung ... und in den Angelegenheiten des landwirtschaftlichen Siedlungswesens erforderlich sind, soferne von diesen Schriften (Urkunden) kein anderer Gebrauch gemacht wird. Die zur Durchführung dieser Verfahren erforderlichen Vermögensübertragungen, Rechtserwerbungen und bücherlichen Eintragungen unterliegen keiner öffentlichen Abgabe.
Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 17. Mai 1990, Zlen. 90/16/0063, 0064, und vom 17. September 1992, Zl. 91/16/0041, sowie die dort jeweils angeführte weitere Rechtsprechung) dargetan, daß die - auch Gerichtsgebühren betreffende - Abgabenbefreiung des § 15 AgrVG Verträgen nicht zukommt, die nicht vor der Agrarbehörde abgeschlossen wurden, und daß unter einem Verfahren "in den Angelegenheiten des landwirtschaftlichen Siedlungswesens" nur ein Verfahren vor der Agrarbehörde zu verstehen ist. Die Abgabenbefreiung nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle gilt daher nicht für Fälle, in denen dem Erwerb lediglich im nachhinein eine bescheidmäßige Erklärung laut Gesetz folgt. Im speziellen betraf das zuletzt genannte Erkenntnis vom 17. September 1992 ebenfalls Bescheide der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde nach § 4 Abs. 2 des NÖ landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1972; gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die ausführlichen Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß ein Verfahren nach § 4 Abs. 2 des NÖ landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1972 der Verwaltungsökonomie entspreche, ist ihm zu erwidern, daß der Behördenaufwand bei der Agrarbehörde mit den Gebühren, die an Justizbehörden zu entrichten sind, in keinerlei Sachzusammenhang steht (vgl. auch hiezu das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis vom 17. September 1992).
Zu der vom Beschwerdeführer schließlich gewünschten Auslegung des § 15 AgrVG nach "teleologischen Gesichtspunkten" sei auf das Erkenntnis vom 11. Juni 1987, Zl. 86/16/0041, verwiesen; dort hat der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht des damaligen Beschwerdeführers, Ziel des § 15 AgrVG 1950 sei, nicht nur die Verfahren vor der Agrarbehörde von jeglichen Abgaben zu befreien, sondern ALLE die Landwirtschaft fördernden Maßnahmen von öffentlichen Abgaben JEDWEDER Art zu entlasten, als verfehlt bezeichnet.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990160191.X00Im RIS seit
24.10.2001Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008