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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in E, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. Februar 1991, Zl. VII/2a-V-1170/5/1-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 7. Februar 1991 wurde der Beschwerdeführer in je drei Fällen der Übertretungen des § 16 Abs. 2, des § 14 Abs. 2 und des § 15 Abs. 1 und 2 und in einem Fall der Übertretung des § 12 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz schuldig erkannt, weil er es als Arbeitgeber von drei namentlich genannten Arbeitnehmern zu verantworten habe, daß bei diesen Lenkern zu näher bezeichneten Zeiten im Jänner und Februar 1989 und in näher beschriebenem Ausmaß die zulässige Einsatzzeit und die zulässige Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten überschritten worden seien und nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von mehr als 4 Stunden keine Lenkpause gewährt worden sei. Ferner sei einem Arbeitnehmer in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar 1989 nicht eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 10 Stunden gewährt worden. Über den Beschwerdeführer wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, sein mangelndes Verschulden an der Verletzung der genannten Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes glaubhaft zu machen. Dazu hätte der Beschwerdeführer dartun müssen, daß er in seinem Betrieb ein Maßnahmen- und Kontrollsystem eingerichtet habe, das unter vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften gewährleiste. Die Kontrolle der Fahrtenbücher sei ohnedies gesetzlich vorgeschrieben. Aus der wiederholten Verletzung von Arbeitszeitvorschriften müsse auf die mangelnde Effizienz der vom Beschwerdeführer gesetzten Maßnahmen geschlossen werden. Die bloße Erteilung von Weisungen genüge nicht. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe wegen ständiger Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes einen Lenker entlassen, sei durch die Beweisergebnisse nicht gedeckt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß ein Arbeitgeber, will er seine Schuldlosigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen, dartun, daß er ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen habe, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften sicherzustellen. Dazu gehört es auch, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, daß sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen. Nur wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (siehe dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1990, Zl. 90/19/0570, und vom 20. Juli 1992, Zl. 91/19/0201, m.w.N.).
2.1. Der Beschwerdeführer meint, daß er durch Kontrollen und Weisungen, die versuchte Kürzung von Taggeldern und überdies - wenn auch nur einmal - die Entlassung eines Arbeitnehmers seine Sorgfaltspflicht erfüllt habe. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, welche Maßnahmen er noch hätte treffen müssen. Die Entlassung der Arbeitnehmer sei nicht zumutbar.
2.2. Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß es Aufgabe des Arbeitgebers ist, ein den Erfordernissen seines Betriebes angepaßtes, WIRKSAMES Maßnahmen- und Kontrollsystem einzurichten und dieses im Falle einer dennoch geschehenen Verletzung von Arbeitszeitvorschriften der Behörde gegenüber glaubhaft zu machen. Es ist nicht Aufgabe der Behörde, ein abstraktes Modell eines den Anforderungen entsprechenden Maßnahmen- und Kontrollsystems zu entwerfen; sie hat vielmehr das vom Arbeitgeber ihr gegenüber darzulegende System auf seine Tauglichkeit zu prüfen (siehe dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 19. November 1990, Zl. 90/19/0413, und vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/18/0342, m.w.N.).
Die Erteilung von Weisungen und die bloße Feststellung ihrer Nichtbeachtung sind - wie der Beschwerdefall zeigt - für ein wirksames Maßnahmen- und Kontrollsystem nicht ausreichend. Wenn die Erteilung von Weisungen und die Feststellung ihrer Nichtbeachtung den Arbeitgeber schon entlasten würde, wäre der Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes weitgehend ausgehöhlt.
Der Beschwerdeführer hätte außer den Weisungen und Kontrollen glaubhaft machen müssen, daß er geeignete Maßnahmen ergriffen habe, um die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften durchzusetzen. Dazu wäre es beispielsweise erforderlich gewesen, konkrete Behauptungen in der Richtung aufzustellen, daß die Arbeitsbedingungen und die Entlohnungsmethoden so gestaltet seien, daß sie keinen Anreiz zur Übertretung der Arbeitszeitvorschriften bieten. Wenn ein Lenker ausdrücklich oder durch häufiges Überschreiten der gesetzlich zulässigen Zeiten zu erkennen gibt, daß er nicht gewillt ist, die Arbeitszeitvorschriften zu beachten, ist er für den Lenkerberuf ungeeignet. Daraus hat der Arbeitgeber die entsprechende Konsequenz zu ziehen, indem er ihn nicht mehr als Lenker einsetzt.
Die Tatsache, daß nach mehreren einschlägigen Vorstrafen im Februar 1989 innerhalb weniger Tage wiederum mehrere Übertretungen begangen wurden, zeigt jedenfalls, daß ein wirksames Maßnahmen- und Kontrollsystem im Betrieb des Beschwerdeführers nicht bestanden hat, weshalb die belangte Behörde gemäß § 5 Abs. 1 VStG zutreffend zu der Auffassung gelangt ist, daß dem Beschwerdeführer fahrlässiges Verhalten anzulasten ist.
3. Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastVerantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht ArbeiterschutzAndere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Arbeitsrecht ArbeiterschutzKontrollsystem - AZGEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991190073.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
04.08.2009