TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/25 91/19/0042

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Veröffentlicht am 25.02.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §14 Abs2;
AZG §16 Abs3;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des D in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 21. Jänner 1991, Zl. 5-212-Bo 26/5-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (der belangten Behörde) vom 21. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführer in drei Fällen der Übertretung des § 14 Abs. 2 (erster Halbsatz) und in zwei Fällen der Übertretung des § 16 Abs. 3 Arbeitszeitgesetz schuldig erkannt, weil er es als zur Vertretung nach außen Berufener näher bezeichneter Gesellschaften m.b.H. zu verantworten habe, daß zu näher bezeichneten Zeiten im Dezember 1989 bei drei namentlich genannten Lenkern die zulässige Lenkzeit von acht Stunden zwischen zwei Ruhezeiten und bei zwei namentlich genannten Lenkern die zulässige Einsatzzeit von 14 Stunden zwischen zwei Ruhezeiten in näher beschriebenem Ausmaß überschritten worden seien. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 28 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe die Überschreitungen der Lenkzeit und der Einsatzzeit sowie seine Verantwortlichkeit als Geschäftsführer der Gesellschaften nicht in Abrede gestellt. Er habe lediglich sein Verschulden an den ihm angelasteten Übertretungen bestritten, doch seien die vom Beschwerdeführer getroffenen Vorkehrungen für seine Entlastung nicht ausreichend. Die bloße Belehrung der Arbeitnehmer, daß die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes einzuhalten seien, sowie die behauptete stichprobenartige Überwachung genügten den Anforderungen an ein entsprechendes Maßnahmen- und Kontrollsystem nicht. Der Beschwerdeführer habe auch nicht behauptet, wie der Dienstnehmer, der die stichprobenartigen Überprüfungen durchführe, kontrolliert werde. Weiters erscheine die Einsatzplanung unvollständig, weil den Lenkern nur die vorgegebene Ankunftszeit am Zielort bekanntgegeben und auf die Rückfahrt nicht Bedacht genommen werde. Das vom Beschwerdeführer behauptete System sei auf Grund der Anzahl der Übertretungen und des Ausmaßes der Zeitüberschreitungen nicht entsprechend effizient.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Wie in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid macht der Beschwerdeführer auch in der vorliegenden Beschwerde geltend, ein wirksames Maßnahmen- und Kontrollsystem eingerichtet zu haben, weshalb ihn an den ihm angelasteten Übertretungen kein Verschulden treffe. Er habe den Fahrern schriftliche Dienstanweisungen betreffend die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes gegeben, Ermahnungen ausgesprochen und mit Kündigungen bzw. Entlassungen reagiert. Auch die Kunden seien verständigt worden, daß die Fahrer die Lenkzeiten einzuhalten hätten. Die Fahrer seien verpflichtet gewesen, bei Auftreten von Hindernissen, die die Einhaltung der Zeitvorgaben unmöglich machen, den Arbeitgeber zu verständigen. Überschreitungen der zulässigen Einsatzzeit und der Lenkzeit seien immer erst im nachhinein feststellbar.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer nicht seine Schuldlosigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen. Gerade deshalb, weil in der Regel eine unmittelbare Kontrolle der Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften durch Lenker seitens des Arbeitgebers nicht zumutbar ist, kommt der Verpflichtung des Arbeitgebers, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften sicherzustellen, wozu es z.B. gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, daß sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen, besondere Bedeutung zu. Nur wenn der Arbeitgeber in diesem Sinne glaubhaft macht, daß ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (siehe die hg. Erkenntnisse vom 20. Juli 1992, Zl. 91/19/0201, und vom 14. Jänner 1993, Zl. 91/19/0275).

Die vom Beschwerdeführer anläßlich seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die belangte Behörde am 27. September 1990 beschriebenen, bloß stichprobenartigen Kontrollen durch einen namentlich genannten Dienstnehmer stellen keine ausreichende Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften dar. Einerseits genügen nämlich bloß stichprobenartige Überprüfungen nicht den an ein wirksames Kontrollsystem zu richtenden Anforderungen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Juli 1990, Zlen. 90/19/0054, 0055, 0083 und 0086, und vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/19/0345), andererseits hat der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, ob bzw. in welcher Weise der mit den stichprobenartigen Kontrollen betraute Dienstnehmer überprüft wird. Daß das vom Beschwerdeführer behauptete Kontrollsystem nicht effizient ist, zeigt sich schon daran, daß die dem Beschwerdeführer angelasteten, im Dezember 1989 erfolgten Übertretungen erst bei der Überprüfung durch den Arbeitsinspektor am 30. Jänner 1990 entdeckt wurden. Der Beschwerdeführer hat ferner nicht konkret dargelegt, wie die Fahraufträge an die genannten Lenker gelautet haben, sodaß nicht erkennbar ist, ob eine sorgfältige Routenplanung erfolgt ist und welche unvorhergesehenen Hindernisse trotz sorgfältiger Routenplanung zu den zum Teil gravierenden Überschreitungen der gesetzlich zulässigen Lenkzeiten und Einsatzzeiten geführt haben sollen.

Dem Beschwerdeführer ist somit die Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit an den Überschreitungen der Lenkzeit und der Einsatzzeit nicht gelungen. Da es sich bei den ihm angelasteten Straftaten um Ungehorsamsdelikte handelt, war gemäß § 5 Abs. 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen. Im Hinblick darauf ist es ohne Bedeutung, daß die Lenker allenfalls eigenmächtig gehandelt haben. Daß es zu den Überschreitungen auf Grund unvorhersehbarer Privatfahrten der Lenker gekommen sei (wie das Vorbringen auf Seite 10 der Beschwerde allenfalls verstanden werden kann), hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren nicht behauptet, sodaß darauf schon im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Neuerungsverbot nicht näher eingegangen zu werden brauchte.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991190042.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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