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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §131 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 29. Juni 1992, Zl. 6/95/9-BK/Re-1992, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 bis 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war im Streitzeitraum Taxiunternehmer mit einem Fahrzeug, das er, seine Frau und fallweise Aushilfskräfte lenkten. Aus dieser Tätigkeit erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er gemäß § 4 Abs 3 EStG 1972 ermittelte. Außerdem bezog er eine Aufwandsentschädigung, die von der Abgabenbehörde den sonstigen Einkünften zugerechnet wurde.
Bei einer den Streitzeitraum betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung wurden vom Prüfer formelle und materielle Mängel der Aufzeichnungen beanstandet und auf Grund einer Kalkulation, die von der durchschnittlichen jährlichen Anzahl der Grundtaxschaltungen ausging, die Umsätze und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb geschätzt.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ nach amtswegiger Wiederaufnahme der Verfahren neue, der Schätzung des Prüfers entsprechende Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Die belangte Behörde ergänzte das Verfahren unter anderem durch eine Geldverkehrsrechnung und wies nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde als unbegründet ab.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht verletzt, hinsichtlich der Umsätze sowie der Einkünfte und der Gewerbeerträge aus dem Taxiunternehmen erklärungsgemäß veranlagt zu werden, behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Schätzungsbefugnis damit begründet, daß der Beschwerdeführer eine Versicherungsvergütung von S 14.701,-- nicht als Betriebseinnahme aufgezeichnet und zwei Taxifahrer in seinen Aufzeichnungen nicht berücksichtigt hatte. Es handle sich dabei um formelle und materielle Mängel der Aufzeichnungen, weil sich daraus ergäbe, daß auch Erlöse nicht aufgezeichnet worden seien. Es sei daher davon auszugehen, daß tatsächlich Fahrer, die Taxi gelenkt hätten, mit ihren Erlösen in den Aufzeichnungen nicht aufschienen. Weiters hätten sich beim Vergleich mit Kilometerstandsangaben in Reparaturrechnungen gehäuft Diskrepanzen bei den Kilometerständen ergeben, die somit nicht mehr allein durch unrichtiges Ablesen erklärbar gewesen wären.
Der Beschwerdeführer bestreitet die Schätzungsbefugnis zu Unrecht.
Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden beschränkten Befugnis zur Überprüfung der Beweiswürdigung, die sich nur auf deren Schlüssigkeit erstreckt, bestehen gegen die Beweiswürdigung keine Bedenken.
Daß einer der in den Aufzeichnungen nicht berücksichtigten Fahrer an sechs Tagen während des Zeitraumes Juli und September 1980 nur zur Einschulung eingesetzt worden sei, glaubte die belangte Behörde nicht, weil die Erlangung des Taxilenkerausweises bereits entsprechende Fahrpraxis und Ortskenntnis voraussetze. Diesen Überlegungen läßt sich mit Erfolg nicht durch die in der Beschwerde erstmals und damit als unzulässige Neuerung unbeachtliche Aufzählung all jener Kenntnisse begegnen, die auch der Besitzer eines Taxilenkerausweises erst in der Praxis erlernen müsse.
Hinsichtlich des anderen Taxilenkers, über den Aufzeichnungen fehlten, folgte die belangte Behörde der Aussage des Prüfers, wonach der Beschwerdeführer, zunächst mit dem Sachverhalt eines nicht in seinen Unterlagen aufscheinenden Fahrers konfrontiert, erklärt habe, keine Aussage dazu machen zu können; seine Darstellung, dieser Taxilenker sei wegen eines bei der ersten Ausfahrt geschehenen Unfalls nicht weiter verwendet worden, habe der Beschwerdeführer erst gegeben, als der Prüfer dem Steuerberater bekanntgegeben habe, daß dieser Fahrer auf Grund von Erhebungen bei einer Versicherung als Lenker eines Taxis des Beschwerdeführers eruiert worden sei. Der Stellungnahme des Beschwerdeführers, er sei "keinesfalls vorweg mit dieser Frage konfrontiert" worden, folgte die belangte Behörde nicht und versagte daher der erst nach Rücksprache mit dem Steuerberater gegebenen Darstellung den Glauben.
Auch diesen Überlegungen haftet kein Widerspruch an, der es dem Verwaltungsgerichtshof erlaubte, die Beweiswürdigung als denkgesetzwidrig oder der Lebenserfahrung widersprechend zu beanstanden.
Die Behauptung, im Zug der Vorbesprechung sei vom Prüfer kein Name genannt worden, sodaß es verständlich sei, wenn keine konkreten Angaben gemacht wurden, hat die belangte Behörde nicht geglaubt. Eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der Behörde zeigt der Beschwerdeführer nicht auf. Das Beschwerdevorbringen gegen die von der belangten Behörde unterstellte höhere Glaubwürdigkeit der Angaben in der ersten Einvernahme kann dem Beschwerdeführer daher nicht zum Erfolg verhelfen.
Dem Vorwurf des Beschwerdeführers, dieser Taxilenker sei von der Behörde nicht befragt worden, ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer keinen Beweisantrag auf Befragung des Taxilenkers gestellt hat. Zu einem entsprechenden amtswegigen Vorgehen durch die Behörde bestand kein Anlaß.
Mit seiner mehrere Seiten der Beschwerde umfassenden Aufzählung, an welchen Tagen in Werkstätten oder bei Versicherungsbesuchen welche Kilometerstände festgestellt wurden, ohne daß sich Diskrepanzen ergeben hätten, ist der Beschwerdeführer auf § 41 VwGG hinzuweisen, der es ausschließt, vor dem Verwaltungsgerichtshof neues Tatsachenvorbringen zu machen.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie wegen der Diskrepanzen bei den Kilometerständen nicht an die Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen des Beschwerdeführers glaubte.
Daß die beim Beschwerdeführer durchgeführten Lohnsteuerprüfungen und "GKK-Prüfungen" ohne Mängelfeststellungen abgeschlossen worden seien, beweist die Vollständigkeit der Aufzeichnungen des Beschwerdeführers nicht.
Selbst wenn die Reparaturkosten in dem erwähnten Versicherungsfall, aus dem der Beschwerdeführer die Vergütung nicht aufgezeichnet hatte, etwa gleich hoch gewesen sein sollten wie die Vergütung, was die belangte Behörde mangels entsprechender Nachweise nicht glaubte und auch nicht glauben mußte, stellte der Fehler nicht nur einen materiellen Mangel, sondern jedenfalls auch einen formellen Aufzeichnungsmangel dar, der im Hinblick auf die eingangs genannte Höhe des Betrages die Behörde zur Schätzung berechtigte, weil den Aufzeichnungen aus den genannten Gründen die Beweiskraft im Sinne des § 163 BAO fehlte.
Der von der belangten Behörde gewählten Schätzungsmethode wurde vom Beschwerdeführer zwar nicht ausdrücklich zugestimmt, ihr jedoch auch nicht widersprochen, weshalb der Beschwerdeführer nicht berechtigt wäre, gegen diese Schätzungsmethode sprechendes Vorbringen erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu erstatten.
Gegen die Schätzung der Erlöse unter Zugrundelegung der Anzahl der Grundschaltungen bestehen ebensowenig Bedenken wie gegen die Anwendung dieser Schätzungsmethode durch die belangte Behörde. Die von ihr ermittelten Jahresdurchschnitte basieren auf der Beobachtung langer Zeiträume, wobei vom langjährigen Durchschnitt noch ein Abzug von 5 vH für Fehlschaltungen gemacht wurde, sodaß die belangte Behörde nur
11.400 Grundschaltungen pro Jahr der Kalkulation zugrundelegte (vgl. Seite 5 der auch vom Vertreter des Abgabepflichtigen unterfertigten Niederschrift über die Schlußbesprechung).
Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, daß die durchschnittliche Fahrtdauer von einer halben Stunde für das Stadtgebiet als zu lange bemessen anzusehen ist, weshalb in diesen Zeitraum auch die Stehzeiten am Standplatz einzubeziehen seien und die Dauer auch auf 25 Minuten verkürzt werden könnte. Eine unglaubwürdige Höhe der Einsatzdauer des Fahrzeuges pro Tag (13 bis 14 Stunden; vom Beschwerdeführer wurde der tägliche Einsatz mit 14 Stunden angegeben) ergibt sich daher nicht (vgl. die Ausführungen auf Seite 22 f des angefochtenen Bescheides).
Daß das Taxigewerbe nach wie vor an eine Konzession gebunden ist, berührt keine tragenden Teile der Begründung des angefochtenen Bescheides. Die Frage der Erlöse für Überlandfahrten spielt keine Rolle, weil die belangte Behörde ihre Schätzung nur auf die Anzahl der Grundschaltungen gestützt hat. Die Ausführungen der belangten Behörde zu den Überlandfahrten betreffen daher ebenfalls keinen tragenden Teil der Begründung.
Daß die Höhe der Kilometerleistungen mit dem für das Altfahrzeug erzielten Verkaufspreis vereinbar ist, hat die belangte Behörde widerspruchsfrei begründet (vgl. Seite 25 des angefochtenen Bescheides). Dem hält der Beschwerdeführer nichts Überzeugendes entgegen. Was die Höhe der Kilometerstände anlangt, widerspricht die Beschwerde dem Argument der belangten Behörde nicht, schon anläßlich der abgabenbehördlichen Prüfung des Jahres 1974 seien vom Beschwerdeführer etwa gleich hohe Kilometerleistungen unbestritten geblieben.
Durchschnittswerte der Taxiinnung, auf die sich der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde gar nicht berufen hatte, mußte diese bei der von ihr gewählten Schätzungsmethode nicht heranziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1991, 90/13/0214.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe seine Aufwandsentschädigung in der Geldverkehrsrechnung nicht berücksichtigt, ist unrichtig, weil in dieser "von der Berechnung des Berufungswerbers" ausgegangen wurde (vgl. Seite 12 des angefochtenen Bescheides) und der Beschwerdeführer in seinen Einkommensteuererklärungen die Aufwandsentschädigung noch in den Einkünften aus Gewerbebetrieb berücksichtigt hatte.
Die dem angefochtenen Bescheid schließlich zugrundegelegte Geldverkehrsrechnung war dem Beschwerdeführer vor der mündlichen Verhandlung vorgehalten worden. Er hatte dieser die nun in der Beschwerde angestellte Geldverkehrsrechnung im Verwaltungsverfahren nicht entgegengehalten. Er durfte sie daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht nachtragen, weil es sich hiebei um ein neues Sachverhaltsvorbringen handelt. Es war auf dieses daher nicht Rücksicht zu nehmen.
Nach der Geldverkehrsrechnung der belangten Behörde standen der Familie des Beschwerdeführers nur Mittel zur Verfügung, die so weit unter den statistischen Jahresverbrauchsausgaben für vergleichbare Haushalte lagen, daß selbst bei der vom Beschwerdeführer nun vorgetragenen bescheidenen Lebensweise seiner Familie der belangten Behörde zu Recht Bedenken entstehen mußten, die Erlösverkürzungen nahelegten.
Die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeiten haften dem angefochtenen Bescheid daher nicht an.
Der Beschwerdeführer wird durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes somit in seinen Rechten nicht verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992140166.X00Im RIS seit
20.11.2000