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21/03 GesmbH-Recht;Norm
EStG 1972 §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 30. November 1992, Zl 8/32/3-BK/Re-1992, betreffend Einkommensteuer für 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach der Beschwerde und dem ihr in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid war der Beschwerdeführer zu 100 % an einer GmbH beteiligt, deren Geschäftsführer er auch war. An einer weiteren GmbH war er zu 50 % beteiligt. Durch Inanspruchnahme aus übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen für Bankdarlehen an diese Gesellschaften seien dem Beschwerdeführer im Streitjahr 1989 Darlehenszinsen in Höhe von S 2,228.806,46 "angelastet" worden. Hinsichtlich dieser Zinsen beantragte der Beschwerdeführer für das Jahr 1989 deren Anerkennung als außergewöhnliche Belastung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid versagte die belangte Behörde die Anerkennung dieser außergewöhnlichen Belastung im wesentlichen mit der Begründung, daß einerseits unter Berücksichtigung des von Lehre und Rechtsprechung vertretenen Belastungsprinzips eine außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht komme, wenn - wie im vorliegenden Fall unbestritten - weder eine effektive Zahlung aus der Bürgschaft noch eine Darlehensrückzahlung bzw Verminderung eines negativen Kontostandes vorliege. Darüber hinaus vertrat die belangte Behörde, gestützt auf die hg Judikatur, die Ansicht, daß auch eine (gegebenenfalls erfolgte) effektive Zahlung auf Grund einer als Gesellschafter(geschäftsführer) einer GmbH übernommenen Bürgschaftsverpflichtung keine Aufwendungen im Sinne des § 34 EStG 1988 darstellen.
Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf fehlerfreie Anwendung der Bestimmung des § 34 EStG 1988, insbesondere auf Anerkennung der in der Einkommensteuererklärung für 1989 geltend gemachten Aufwendungen, verletzt und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 kann jeder unbeschränkt Steuerpflichtige beantragen, daß bei Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs 2). 2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs 3). 3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein. Zwangsläufig erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen gemäß § 34 Abs 3 leg cit dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß § 34 EStG 1988 gegenüber § 34 EStG 1972 im für den gegenständlichen Fall bedeutsamen Umfang keinen entscheidend anderen Inhalt hat. Auch der Gerichtshof hat keine diesbezüglichen Bedenken. Zu § 34 EStG 1972 hat der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1985, 84/13/0100, ausgesprochen, daß Aufwendungen eines Gesellschaftergeschäftsführers einer GmbH auf Grund der Inanspruchnahme aus einer übernommenen Bürgschaft für einen der Gesellschaft gewährten Bankkredit keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden können, weil der Gesellschaftergeschäftsführer in einem solchen Fall ein Wagnis übernimmt, das dem eines Unternehmers gleicht. In seinem Erkenntnis vom 6. November 1991, 89/13/0093, hat der Gerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach § 34 EStG 1972 nicht zu dem Zweck geschaffen wurde, wirtschaftliche Mißerfolge, die ja die verschiedensten Ursachen haben können, mit einer Ermäßigung der Einkommensteuer zu berücksichtigen und in einem solchen Fall die Steuerlast auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Zudem sei die grundsätzliche Haftungsfreiheit in bezug auf Schulden der GmbH für diese Gesellschaftsform derart charakteristisch, daß nach den sittlichen Wertvorstellungen rechtlich denkender Menschen neben den gesetzlichen Ausnahmen auch in Notfällen weder den Gesellschafter noch den Geschäftsführer eine moralische Verpflichtung treffen wird, für Gesellschaftsschulden einzustehen.
Der Gerichtshof sieht sich durch die vorliegende Beschwerde nicht veranlaßt, von dieser Rechtsmeinung abzugehen: Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß ihn im gegenständlichen Fall rechtliche oder sittliche Gründe zur Übernahme der Bürgschaft(en) verpflichtet hätten. Vielmehr vertritt er die Ansicht, daß er sich der Bürgschaftsübernahme aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen hätte können. Nun vermag aber weder der Umstand, daß die Hingabe von Darlehen seitens der Gläubigerbanken regelmäßig von der Übernahme der persönlichen Haftung der Gesellschafter (von Gesellschaften mbH) für Gesellschaftsschulden abhängig gemacht werde, noch der gegebenenfalls vorliegende Umstand, daß der Beschwerdeführer keine andere Möglichkeit gehabt hätte, als durch seine Bürgschaft für die Gesellschaft eine "Darlehensgewährung zu erzielen", derartige tatsächliche Gründe darzutun. Unter tatsächlichen Gründen sind nämlich nur solche, in der Person des Steuerpflichtigen gelegene Gründe zu verstehen, die ihn (wie etwa die Kosten auf Grund einer eigenen Erkrankung) unmittelbar betreffen (vgl Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, III C, Rz 3 zu § 34 Abs 3 EStG 1972 und die dort zitierte Rechtsprechung). Daß die aufgezeigten Umstände den Beschwerdeführer nur mittelbar betreffen, zeigt der Beschwerdeführer selbst auf, wenn er in der Beschwerde ua ausführt, er hätte keine andere Möglichkeit gehabt, die finanzielle Situation des Unternehmens und "somit auch" seine eigene zu konsolidieren. Inwiefern überdies aber eine "Konsolidierung" der finanziellen Situation der Gesellschaft und insbesondere der finanziellen Situation des Beschwerdeführers selbst, etwa zur Abwendung einer drohenden Existenzgefährdung, erforderlich war, zeigen die Beschwerdeausführungen nicht auf.
Die belangte Behörde hat daher die Zwangsläufigkeit der durch die Bürgschaft(en) verursachten "Aufwendungen" zutreffend verneint, womit das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden ist. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Frage, ob die Nichtanerkennung der außergewöhnlichen Belastung durch die belangte Behörde auch deswegen berechtigt war, weil das Einkommen des Beschwerdeführers im Streitjahr durch die "angelasteten", aber effektiv nicht bezahlten Zinsen wirtschaftlich überhaupt nicht belastet war.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß der Beschwerdeführer in dem vom Beschwerdepunkt umfaßten Recht nicht verletzt sein kann, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Bürgschaft Gesellschaftergeschäftsführer Gesellschafter-GeschäftsführerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993140018.X00Im RIS seit
20.11.2000