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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §28;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des A in P, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 1.7.1991, GZ 6/4-4174/91-09, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich USt- und ESt 1985 und 1986 sowie USt-, ESt- und GewSt 1985 und 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Land- und Forstwirt in P. Wie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid dargestellt wird, ergaben 1987 und 1988 auf Grund einer Anzeige des Bundesdenkmalamtes durchgeführte Erhebungen des Landesgendarmeriekommandos Niederösterreich, daß 64 Personen verdächtigt wurden, ohne behördliche Genehmigung auf - mit Hilfe sog. Rigolpflüge - "tiefgepflügten" Feldern antike Gegenstände aufgespürt und an Museen und unbekannte Personen verkauft zu haben.
Gegenüber der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos Niederösterreich gab der Beschwerdeführer bei einer am 25. März 1988 vorgenommenen Einvernahme als Verdächtiger an, er suche seit ca. 35 Jahren im Raume P nach archäologischen Gegenständen. Seit ca. 10 Jahren benütze er für die Suche auch einen Metalldetektor. Er habe auf seinen eigenen Feldern antike Gegenstände gefunden. Alle aufgefundenen Gegenstände habe er vorerst zu Hause aufbewahrt und ab dem Jahre 1985 an Dr. J. vom Museum C. verkauft. Der Beschwerdeführer habe einen Rigolpflug zum Ackern benutzt. Dieser stehe im Eigentum des Wilhelm A. Diesen Pflug habe er benützt, um die tieferliegenden Steine an die Oberfläche zu bringen, damit die landwirtschaftlichen Geräte bei der Bebauung nicht beschädigt werden. Durch dieses Tiefackern seien auch archäologische Gegenstände hervorgebracht worden. Der Beschwerdeführer habe nach Bodendenkmälern entweder allein oder mit Karl J. aus P. gesucht. Er habe erst im Jahre 1985 begonnen, antike Gegenstände an das Museum zu verkaufen und habe dafür einen Betrag von ca. S. 450.000,-- erhalten. Jene Gegenstände, die er noch zu Hause aufbewahre, habe er nunmehr an das Bundesdenkmalamt gemeldet. Seit Anfang des Jahres 1988 besitze er eine Suchbewilligung.
In den Akten erliegt eine vom Beschwerdeführer (ohne Mehrwertsteuerausweis) ausgestellte Rechnung vom 13. Juni 1985 über die Lieferung eines Goldringes im Betrag von S 300.000,-- an das Museum C. Mit einer weiteren Rechnung vom 25. September 1986 verkaufte der Beschwerdeführer folgende Gegenstände an das Museum C.:
"1) 59 Stk. versch. Metallfunde
lt. beil. Fundliste...................S 81.200,--
2) Altar für Silvanus....................S 4.500,--
3) Bruchstück eines Grabsteines..........S 2.000,--
4) 112 Stk. Fundmünzen
lt. beil. Münzliste...................S 63.800,--
S 151.500,--"
Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung betreffend die
Jahre 1985 und 1986 unterzog der Prüfer die Einnahmen auf Grund
der angeführten beiden Rechnungen der Umsatzsteuer. Unter
Anrechnung von geschätzten Betriebsausgaben von je S 21.940,--
ermittelte er den Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1985 mit
S 278.060,-- und für 1986 mit S 129.560,--.
In der Berufung gegen die auf Grund der Prüfung erlassenen Bescheide wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe lediglich eine private Sammlung solcher Funde, die aus eigenen Grundstücken stammen, veräußert. Tatsächlich sei die gesamte Sammlung in einem dem Museum C. verkauft worden. Lediglich die Bezahlung sei in zwei Beträgen erfolgt.
In einer weiteren Eingabe gab der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers an, Ursache der Trennung in zwei Rechnungsbeträge sei gewesen, daß der Goldring rasch zu katalogisieren gewesen war. Demgegenüber hätte die Katalogisierung der weiteren rund 170 Sammelstücke einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde bejahte dabei das Merkmal der Nachhaltigkeit der in Rede stehenden Tätigkeit des Beschwerdeführers. Für die dabei maßgebliche Wiederholungsabsicht des Beschwerdeführers spreche unter anderem, daß der Beschwerdeführer bei seinen Suchgängen ein Metallsuchgerät verwende, daß er eine Suchbewilligung erwirkt habe und daß er tiefgeackert habe. Auch eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr wurde von der Behörde als gegeben angenommen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist insbesondere strittig, ob die vom Beschwerdeführer vorgenommene Tätigkeit des Veräußerns von archäologisch bedeutsamen Fundstücken nachhaltig war. Eine nachhaltige Tätigkeit liegt vor, wenn mehrere aufeinander folgende gleichartige Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und derselben dauernden Verhältnisse ausgeführt werden oder wenn die tatsächlichen Umstände auf den Beginn oder die Fortsetzung einer gewerblichen Tätigkeit hinweisen. Eine Tätigkeit ist somit nachhaltig, wenn sie mit der Absicht, sie zu wiederholen, ausgeführt wird (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1988, 87/13/0248, mit weiteren Hinweisen).
Bei Erfüllung der genannten Voraussetzungen kann auch die Veräußerung von Privatgegenständen wie etwa Gegenständen einer privaten Sammlung eine nachhaltige Tätigkeit darstellen (vgl. die von der belangten Behörde zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. März 1980, 2598/77, zu Briefmarkenverkäufen aus privaten Sammlungsbeständen, und vom 12. Dezember 1988, 87/15/0107, zum Verkauf von en bloc erworbenen Golddukaten).
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der Verkauf der Sammlungsgegenstände sei in einem erfolgt und lediglich die Bezahlung sei - auf Grund des Erfordernisses einer Katalogisierung der weniger wertvollen Gegenstände - in zwei Teilbeträgen vorgenommen worden, nicht entgegengetreten. Sie schloß aber aus der Verwendung eines Metallsuchgerätes, aus der (erst nach dem Streitzeitraum erfolgten) Stellung eines Antrages um eine Suchgenehmigung und aus der Tatsache des Tiefackerns auf eine Wiederholungsabsicht des Beschwerdeführers. Mit dieser Argumentation hat die belangte Behörde aber übersehen, daß es auf eine Nachhaltigkeit des Sammelns von Fundgegenständen und der Anlage einer archäologischen Sammlung für die im Beschwerdefall zu entscheidende Streitfrage nicht ankommt. Vielmehr ist entscheidend, ob die Erzielung von Einnahmen in nachhaltiger Weise erfolgt ist. Für das sowohl in umsatzsteuerrechtlicher als auch in einkommen- und gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht maßgebliche Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit ist somit in einem die Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens betreffenden Fall das Vorliegen von Anzeichen dafür erforderlich, daß eine wiederholte Veräußerung beabsichtigt ist. Derartige Anzeichen lagen aber nach dem von den Abgabenbehörden im Beschwerdefall festgestellten Sachverhalt nicht vor, sodaß von einer Nachhaltigkeit der in Rede stehenden Tätigkeit nicht gesprochen werden kann.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne daß auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991130189.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
26.08.2009