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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des A in K, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Mai 1992, Zl. 4.316.654/2-III/13/92, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Mai 1992 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer - ein albanischer Staatsangehöriger, der am 31. März 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat anläßlich seiner ersten Befragung im Asylverfahren am 14. Mai 1991 - folgt man der betreffenden, mit ihm aufgenommenen Niederschrift - hinsichtlich seiner Fluchtgründe angegeben, einer direkten politischen Verfolgung in Albanien nicht ausgesetzt gewesen zu sein. Er sei mit dem politischen Regime in Albanien nicht einverstanden und habe an Demonstrationen für eine Demokratie teilgenommen. Bei der Demonstration am 2. Juli 1990 sei er festgenommen und für vier Tage von der Polizei inhaftiert worden. Während der Haft sei er geschlagen und mißhandelt, jedoch nicht verletzt worden. Am 20. Februar 1991 habe er in Tirana ebenfalls an einer Demonstration für Freiheit und Demokratie teilgenommen. Da sich aber an den Zuständen nichts ändere, habe er sich entschlossen, Albanien zu verlassen, um in einem freien Land zu leben und zu arbeiten. Nach Albanien möchte er nicht mehr zurückkehren, weil er sicher eingesperrt würde.
Obwohl die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides diese Angaben nicht wiedergegeben hat, ist doch zweifelsfrei erkennbar - und auch der Beschwerdeführer läßt daran keinen Zweifel -, daß sie ihrer Entscheidung diese Angaben, mit denen sie sich rechtlich auseinandergesetzt hat, zugrunde gelegt hat. Geht man aber von diesen Angaben aus, so kann ihr jedenfalls im Ergebnis nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertreten hat, daß dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und damit auch des Asylgesetzes nicht zukomme. Dem Beschwerdeführer, der diesbezüglich unter Hinweis auf "die bei den aufgezeigten Umständen erfolgte Haft und Mißhandlung" anderer Ansicht ist, ist entgegenzuhalten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 23. September 1992, Zl. 92/01/0102, und vom 25. November 1992, Zlen. 92/01/0585, 0586) im Zusammenhang mit der Teilnahme an verbotenen Demonstrationen stehende polizeiliche Maßnahmen, wie die Festnahme oder Anhaltung, nicht als relevante Verfolgungshandlungen anzusehen sind. Der Umstand, daß es hiebei allenfalls auch zu Mißhandlungen, bei denen der Beschwerdeführer allerdings keine Verletzungen erlitten hat, gekommen ist, kann schon mangels eines zeitlichen Konnexes zu seiner erst fast 9 Monate später erfolgten Ausreise, ohne daß er in der Zwischenzeit irgendwelchen Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen wäre, keine Berücksichtigung finden. Auch den sonstigen aktenkundigen Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner Befragung und im übrigen auch seinen lediglich allgemein gehaltenen Ausführungen in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 30. Oktober 1991 sind keine Umstände zu entnehmen, die zu seiner Anerkennung als Flüchtling führen könnten.
In der Beschwerde wird aber in erster Linie eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens geltend gemacht, weil es bei der Vernehmung des Beschwerdeführers am 14. Mai 1991 im Hinblick darauf, daß der beigezogene Dolmetsch, bei dem es sich um eine Türkin gehandelt habe, "nur äußerst unzureichende albanische Kenntnisse besaß und mehr oder weniger nur der türkischen und deutschen Sprache mächtig war", "erhebliche sprachliche Probleme gegeben" habe. Der Beschwerdeführer habe ausgeführt, daß er fluchtartig aus politischen Gründen sein Heimatland habe verlassen müssen, weil ihm von einem Freund mitgeteilt worden sei, daß er auf der sogenannten "schwarzen Liste" stehe, was auch von namentlich genannten Zeugen bestätigt werden könne, und er im Zuge einer bevorstehenden Verhaftung im Zusammenhang mit seiner politischen Gesinnung auch Gefahr gelaufen sei, schwerster Folter und unmenschlicher Behandlung ausgesetzt zu werden. Der Beschwerdeführer übersieht hiebei, daß im Falle der Richtigkeit seines Vorbringens nur ein im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufener Verfahrensmangel vorliegen würde, nicht aber ein solcher, der der belangten Behörde anzulasten wäre. Der Beschwerdeführer hat keine Einwendungen gemäß § 15 AVG erhoben, sondern vielmehr am Ende der Vernehmung mit seiner Unterschrift ausdrücklich erklärt, daß ihm die Niederschrift in seiner Muttersprache, als welche er albanisch angegeben hat, vorgelesen worden sei, er den Inhalt verstanden und nichts mehr hinzuzufügen habe, und auch in der Berufung auf seine "bei der Einvernahme zu meinem Ansuchen um Gewährung politischen Asyls vorgebrachten Gründe" verwiesen, weshalb die belangte Behörde nicht verpflichtet war, seine neuerliche Vernehmung zu veranlassen. Der Berücksichtigung seiner zusätzlichen Beschwerdebehauptungen steht aber das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG entgegen.
Bei diesem Beurteilungsergebnis kommt der weiteren Begründung der belangten Behörde, es hätten sich auf Grund der im März 1992 abgehaltenen freien Wahlen die politischen Verhältnisse in Albanien entscheidend verändert, keine maßgebliche Bedeutung zu, sodaß auch darauf sowie auf das gegenteilige Beschwerdevorbringen nicht mehr einzugehen ist.
Schließlich ist auch die Rüge des Beschwerdeführers, seinem (im Wege der Verfahrenshilfe bestellten) Vertreter sei am 30. September 1992 "noch immer nicht" Akteneinsicht gewährt, sondern erst am 2. Oktober 1992 eine Kopie der gegenständlichen Niederschrift übermittelt worden, weshalb es dem Beschwerdevertreter "erst heute" (die Beschwerde ist mit 8.10.1992 datiert) "wegen Verhinderung möglich" gewesen sei, die Beschwerde zu verfassen, verfehlt. Abgesehen von der rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde könnte darin schon deshalb kein die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides berührender Umstand erblickt werden, weil er sich auf einen Zeitpunkt bezieht, der erst nach Erlassung dieses Bescheides gelegen wäre.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel ParteienvernehmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992010879.X00Im RIS seit
20.11.2000