TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/11 93/18/0081

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Veröffentlicht am 11.03.1993
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z2;
B-VG Art131;
B-VG Art132;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z3;
FrPolG 1954 §6 Abs1;
FrPolG 1954 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Y in F, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 28. Juli 1992, Zl. Frb-4250/92, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes sowie Bewilligung gemäß § 6 Abs. 1 zweiter Satz des Fremdenpolizeigesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 1990 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 und 5 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden: FPG) ein bis zum 31. Dezember 1999 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 90/19/0458, als unbegründet abgewiesen, wobei der Gerichtshof zum Ausdruck brachte, daß die belangte Behörde auf Grund des von ihr festgestellten Sachverhaltes mit Recht vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 5 FPG (Mitwirkung an der rechtswidrigen Einreise von Fremden in das Bundesgebiet oder an der rechtswidrigen Ausreise aus diesem gegen Entgelt, "Schlepper") ausgegangen sei.

Mit Schriftsatz vom 26. November 1991 stellte der Beschwerdeführer unter anderem einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 6 Abs. 1 zweiter Satz FPG; in eventu wurde die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes bzw. die Wiederaufnahme des bezüglichen Verfahrens gemäß § 69 AVG beantragt.

Der Antrag wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer seit Februar 1990 mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei, wobei die Absicht bestehe, zu heiraten; aus der früheren Beziehung mit dieser Österreicherin entstamme ein im August 1985 geborenes gemeinsames Kind, die Beziehungen zu den in der Türkei wohnhaften Angehörigen des Beschwerdeführers seien "weitgehend" gelöst und der Beschwerdeführer habe in der Zwischenzeit mit seiner Lebensgefährtin ein Unternehmen (Cafe) aufgebaut. Er sei im Besitze eines Befreiungsscheines (nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz).

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 1992 wurde dem auf § 6 Abs. 1 zweiter Satz FPG begründeten Antrag des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Weiters wurde mit demselben Bescheid sein Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes unter Berufung auf § 8 FPG keine Folge gegeben.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, zu den zum Aufenthaltsverbot führenden Gründen komme, daß der Beschwerdeführer vom Landesgericht Feldkirch mit Urteil vom 20. November 1991 wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB rechtskräftig verurteilt worden sei. Diese Tat sei am 27. September 1991, somit nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes, begangen worden. Daraus sei ersichtlich, daß sich der Beschwerdeführer nicht einmal durch ein Aufenthaltsverbot davon abhalten hätte lassen, strafbare Handlungen zu begehen.

Die vom Beschwerdeführer dargelegten persönlichen und familiären Verhältnisse seien zwar durchaus berücksichtigungswürdig. In Anbetracht der von ihm begangenen Rechtsbrüche und der Tatsache, daß er trotz rechtskräftigem Aufenthaltsverbot wiederum straffällig geworden sei, würden die nachteiligen Folgen der "Abstandnahme von der Erlassung" eines Aufenthaltsverbotes nach wie vor unverhältnismäßig schwerer wiegen als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Somit lägen weder die Voraussetzungen für die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes noch einer vorübergehenden Sistierung der Rechtswirkungen desselben, wie sie im § 6 Abs. 1 zweiter Satz FPG angeführt sei, vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 1. Dezember 1992, Zl. B 1404/92, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 8 FPG ist das Aufenthaltsverbot von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallten sind.

Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhang mit § 3 FPG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die für die Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei allerdings auch solche Umstände zu berücksichtigen sind, welche seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetreten sind und gegen die Aufhebung desselben sprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1993, Zl. 92/18/0512).

Ausgehend davon vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Hinsicht auf die Ablehnung der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht darzutun. Entgegen seiner Ansicht kommt dem Umstand, daß er mit dem erwähnten Urteil vom 20. November 1991 "nur" zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt worden sei, nicht das seiner Meinung nach so geringe Gewicht zu, das die Entscheidung der belangten Behörde als rechtswidrig erscheinen ließe. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, "sein Sohn" sei in seiner jetzigen Entwicklungsphase besonders auf seinen Vater angewiesen, die belangte Behörde hätte daher das von ihm beantragte Gutachten eines Kinderpsychologen einzuholen gehabt, so genügt es auf den Inhalt der vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde zu verweisen, woraus sich ergibt, daß die Vaterschaft des Beschwerdeführers zu diesem Kind bisher nicht festgestellt wurde. Die belangte Behörde hatte daher diesen vom Beschwerdeführer behaupteten Umstand nicht in ihre Erwägungen miteinzubeziehen.

Dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers ist entgegenzuhalten, daß es ihm verwehrt ist, solche Tatsachen für sich ins Treffen zu führen, die entgegen den den Aufenthalt im Bundesgebiet regelnden Vorschriften geschaffen wurden, wobei nur die Dauer eines rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich bei der Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 93/18/0026). Auch kommt der vom Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin trotz aufrechtem Aufenthaltsverbot eingegangenen Lebensgemeinschaft ebenso wie dem Umstand, daß sich der Beschwerdeführer im Besitz eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz befindet, kein maßgebliches Gewicht zu. Die Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Gemäß § 6 Abs. 1 FPG hat der Fremde, gegen den ein Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, das Gebiet, in dem ihm der Aufenthalt verboten ist, innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Bescheides zu verlassen. Er darf dieses Gebiet während der Geltungsdauer des Aufenthaltsverbotes ohne Bewilligung nicht wieder betreten.

Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 zweiter Satz FPG macht deutlich, daß der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung eine Ausnahme vom Wiedereintrittsverbot lediglich zum Zweck einer auf kurze Zeit bemessenen, sich als - im öffentlichen oder privaten Interesse - notwendig erweisenden Einreise vorgesehen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 93/18/0047). Daß aber der abschlägig beschiedene Antrag des Beschwerdeführers dazu diente, ist nicht erkennbar. Die bekämpfte Entscheidung steht demnach mit dem Gesetz in Einklang.

Was schließlich das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, die belangte Behörde habe seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens "überhaupt nicht behandelt", so genügt der Hinweis, daß die allfällige Verletzung der Entscheidungspflicht nicht Gegenstand einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 B-VG sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1990, Zlen. 90/19/0004, 0005).

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180081.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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