TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/16 91/08/0175

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Veröffentlicht am 16.03.1993
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §25 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 24. Oktober 1991, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Rückforderung unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird bezüglich der Darstellung des Sachverhaltes auf die Entscheidungsgründe des in dieser Rechtssache ergangenen Erkenntnisses vom 19. Mai 1988, Zl. 86/08/0046, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid vom 23. Dezember 1985 wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hat. Nach den Entscheidungsgründen sei das vom Beschwerdeführer im Juli 1985 bezogene Arbeitslosengeld jedenfalls dann zurückzufordern, wenn er aus dem tatsächlichen Bezug von Arbeitslosengeld und Krankengeld habe erkennen müssen, daß ihm nicht beide Leistungen nebeneinander gebührten. Für die Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in diesem Sinne habe erkennen müssen, daß ihm der Bezug des Arbeitslosengeldes nicht gebühre, sei nicht nur die Feststellung der Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld und Krankengeld erforderlich, sondern auch die Feststellung der Höhe des vorher bezogenen Arbeitsentgeltes. Dieses Arbeitsentgelt sei nämlich der Summe des Arbeitslosen- und Krankengeldes gegenüberzustellen und zu prüfen, ob der Beschwerdeführer aufgrund der Höhe der Leistung habe erkennen müssen, daß ihm nicht Arbeitslosen- und Krankengeld nebeneinander gebühre. Darüber hinaus wäre von der belangten Behörde weiters die Feststellung zu treffen gewesen, ab welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer von seinem Anspruch auf Krankengeld und dessen Höhe gewußt habe. Denn schon ab einem solchen vor dem tatsächlichen Bezug liegenden Zeitpunkt hätte der Beschwerdeführer beim Vergleich mit dem vorher bezogenen Arbeitslosenentgelt erkennen können, daß ihm beide Leistungen nicht nebeneinander gebührten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid - ein (Ersatz)Bescheid vom 28. April 1989 war mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 89/08/0155, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben worden - wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste teilweise Folge gegeben und die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 21. Juni 1985 bis 31. Juli 1985 widerrufen. Nur das im Zeitraum vom 1. Juli 1985 bis 31. Juli 1985 unberechtigt empfangene Arbeitslosengeld in der Höhe von S 9.945,-- wurde zum Rückersatz vorgeschrieben.

Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer ab 1. Juni 1985 Arbeitslosengeld bezogen. Am 24. Mai (richtig: Juni) 1985 habe er dem Arbeitsamt bekannt gegeben, daß er sich ab 21. Juni 1985 im Krankenstand befinde. Am 15. Juni 1985 sei ihm erstmals Arbeitslosengeld gemäß der Lohnklasse 1 für die Zeit vom 1. bis 20. Juni 1985 in der Höhe von S 980,-- ausbezahlt worden. Die vorläufige Anweisung nach der Lohnklasse 1 habe deshalb erfolgen müssen, weil die endgültige Berechnung der Leistung aufgrund fehlender Unterlagen noch nicht habe durchgeführt werden können. Erst mit dem Einlangen der erforderlichen Belege über das letzte arbeitslosenversicherungspflichtige Dienstverhältnis, dessen daraus zuletzt bezogenes Entgelt der Lohnklassenberechnung zugrundezulegen gewesen sei, habe die endgültige Anweisung erfolgen können. Dabei sei allerdings vom Arbeitsamt die Einstellung des Bezuges ab 21. Juni 1985 übersehen worden, sodaß als Nachzahlung am 7. August 1985 die Leistung vom

1. bis 30. Juni 1985 in der Höhe von S 8.716,-- (unter Abzug der bereits ausbezahlten S 908,--) zur Auszahlung gebracht worden sei.

Am 5. August 1985 habe der Beschwerdeführer für die Zeit seines Krankenstandes auch Krankengeld in der Höhe von S 13.120,-- erhalten. Am 9. August 1985 sei ihm ferner Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. bis 31. Juli 1985 in der Höhe von S 9.945,-- ausbezahlt worden. Der Beschwerdeführer habe daher bis 9. August 1985 für die Zeit seiner Arbeitslosigkeit vom 1. Juni 1985 bis 31. Juli 1985 ein Gesamtentgelt (Arbeitslosengeld plus Krankengeld) in der Höhe von S 32.689,-- netto erhalten. Die Nichtberechtigung dieser Leistung hätte ihm dabei - trotz rechtzeitig erfolgter Meldung des Krankenstandes - insofern auffallen müssen, als er in seinem zuletzt ausgeübten Dienstverhältnis nur ein Nettogehalt in der Höhe von S 8.142,-- bezogen habe. Es hätte dem Beschwerdeführer klar sein müssen, daß die monatliche Leistung aus der Arbeitslosenversicherung nicht wesentlich höher sein könne als sein letztes Nettogehalt aus dem Arbeitsverhältnis.

Selbst wenn man berücksichtige, daß ihm bekannt gewesen sei,

daß nicht sein letztes Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien der

Lohnklassenbemessung zugrundegelegt worden sei, sondern das

Entgelt aus dem letzten arbeitslosenversicherungspflichtigen

(anwartschaftsbegründenden) Dienstverhältnis zur Firma X,

welches nachweislich mit S 26.443,-- brutto (inklusive

Sonderzahlungen) angegeben worden sei, hätte ihm auffallen

müssen, daß dieses in seinem Nettobetrag kaum höher gewesen sei

als die von ihm für Juli 1986 bezogenen Leistungen. Der

Tatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG (" ... erkennen müssen, daß die

Leistung nicht in dieser Höhe gebührte ... ") erscheine daher

hinsichtlich des Rückforderungszeitraumes vom

1. bis 31. Juli 1985 gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem genannten Erkenntnis vom 19. Mai 1988 hatte die belangte Behörde sowohl die Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld als auch die Höhe des vorher vom Beschwerdeführer bezogenen Arbeitsentgeltes festzustellen und danach die Summe aus Arbeitslosen- und Krankengeld dem Arbeitsentgelt gegenüberzustellen, um dadurch zu prüfen, ob der Beschwerdeführer aufgrund der Höhe der Leistungen habe erkennen müssen, daß ihm nicht Arbeitslosen- und Krankengeld nebeneinander gebührten. Ferner wäre festzustellen gewesen, ab welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer von seinem Anspruch auf Krankengeld und dessen Höhe gewußt habe.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer für den Monat Juli 1985 am 9. August 1985 Arbeitslosengeld in Höhe von S 9.945,-- erhalten hat. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides hat der Beschwerdeführer ferner am 5. August 1985 für die Zeit seines Krankenstandes Krankengeld in der Höhe von S 13.120,-- erhalten. Diese Annahme erweist sich jedoch - was die belangte Behörde auch in ihrer Gegenschrift eingesteht - als aktenwidrig: Nach dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Auszahlungsschein der Wiener Gebietskankenkasse hat er nämlich für die Zeit seines Krankenstandes bis 5. August 1985 (unter Zugrundelegung eines Tagsatzes von S 45,40) lediglich Krankengeld in der Höhe von S 2.088,40 erhalten. Daher erweist sich die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe für die Zeit vom 1. Juni 1985 bis 31. Juli 1985 ein Gesamtentgelt (Arbeitslosengeld plus Krankengeld) in der Höhe von S 32.689,-- netto erhalten, als unrichtig.

WANN der Beschwerdeführer eine entsprechende Nachzahlung der Gebietskrankenkasse (auf der Grundlage eines Taggeldes von S 320,80) für den Monat Juli 1985 erhalten hat, ist von der belangten Behörde allerdings nicht geklärt worden. Aufgrund einer in den Verwaltungsakten erliegenden Bestätigung der Wiener Gebietskrankenkasse vom 22. Dezember 1988 ergibt sich lediglich, daß der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 21. Juni 1985 bis 18. August 1985 an Krankengeld einen Betrag in der Höhe von (insgesamt) S 18.927,20 erhalten hat (vgl. Ordnungsnummer 52 des Verwaltungsaktes). Feststellungen in der Richtung, ab welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer von seinem Anspruch auf Krankengeld und dessen Höhe eventuell gewußt habe, wurden von der belangten Behörde ebenfalls nicht getroffen.

Nach der Aktenlage hat der Beschwerdeführer daher für Juli 1985 lediglich ein Gesamtentgelt in der Höhe von

S 11.352,40 (Arbeitslosengeld: S 9.945,-- und Krankengeld:

S 1.407,40 = 45,40 x 31) erhalten. Da der Beschwerdeführer aus seinem letzten arbeitslosenversicherungspflichtigen und anwartschaftsbegründenden Dienstverhältnis zur Firma X ein Bruttogehalt von S 26.432,-- bezog, kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer hätte erkennen müssen, daß das Arbeitslosengeld im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG nicht in dieser Höhe gebührte. Ein Vergleich mit dem vom Beschwerdeführer aufgrund eines öffentlich rechtlichen Dienstverhältnisses zur Gemeinde Wien zuletzt bezogenen Entgelt von S 8.142,-- ist bei der Beurteilung der Rückersatzpflicht allerdings untunlich, da es bei der Gewährung von Arbeitslosengeld auf dieses Entgelt nicht ankam und im übrigen das dem Beschwerdeführer zustehende Arbeitslosengeld bereits S 9.945,-- betrug.

Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich, daß die belangte Behörde den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen hat bzw. dieser ferner in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf. Der angefochtene Bescheid war deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und b VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991080175.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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