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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Gritsch, über die Beschwerde der G-Gesellschaft m.b.H. & Co KG in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der OÖ LReg vom 10.3.1992, Zl. BauR-010692/1-1992 Sa/Vi, betr einen Antrag auf Zurückstellung von Grundflächen (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 6. Februar 1974 erklärte der Bürgermeister der Gemeinde A das Grundstück 2765/2, KG X, zum Bauplatz und genehmigte gleichzeitig die damit verbundene Grundabteilung entsprechend dem von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin vorgelegten Teilungsplan. Ausdrücklich wurde auch die im Plan vorgesehene Grundabtretung von Flächen im Gesamtausmaß von 198 m2 ins öffentliche Gut der Gemeinde verfügt. Bei einer Fläche von 182 m2 handelte es sich um eine Grundfläche zwischen dem neu geschaffenen Bauplatz und der im Plan ausgewiesenen Verkehrsfläche, sodaß diese Grundabtretung offensichtlich dem Zweck einer Verbreiterung der öffentlichen Verkehrsfläche dienen sollte, wobei die vorgelegten Verwaltungsakten nicht erkennen lassen, auf Grund welcher Annahmen diese Grundabtretung beantragt und bescheidmäßig bewilligt wurde. Die grundbücherliche Durchführung der genehmigten Grundabteilung wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 30. Mai 1975, Zl. 2242/75, bewilligt.
Mit 29. Mai 1990 beantragte in der Folge die Beschwerdeführerin die Rückübertragung der genannten Teilfläche im Ausmaß von 182 m2. Da der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde binnen sechs Monaten über den Antrag der Beschwerdeführerin keine Entscheidung fällte, stellte diese mit Eingabe vom 17. Dezember 1990 einen Devolutionsantrag an den Gemeinderat. Mit Bescheid vom 1. Juli 1991 bejahte der Gemeinderat den Übergang der Entscheidungspflicht und wies gleichzeitig den Antrag auf Rückübertragung gemäß § 18 Abs. 4 der O.ö. Bauordnung ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß weder im Zeitpunkt der erfolgten Grundabtretung noch derzeit ein Bebauungsplan existiere, sodaß die Voraussetzung für eine Rückübertragung der Grundflächen, nämlich eine Änderung des Bebauungsplanes, nicht vorliege.
Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung gab die O.ö. Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. Begründend führte die Gemeindeaufsichtsbehörde aus, daß auch nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des seinerzeitigen Grundabteilungsbescheides ein Bebauungsplan Voraussetzung für eine Grundabtretungsverpflichtung war. Die damals von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin angebotene Grundabtretung hätte daher zwangsweise nicht vorgeschrieben werden dürfen. § 18 Abs. 4 der O.ö. Bauordnung 1976 könne aber für die begehrte Rückübertragung nicht zur Anwendung gelangen, weil weder zum Zeitpunkt der seinerzeitigen Abtretung noch zum Zeitpunkt der nunmehrigen Entscheidung - und auch nicht in der Zwischenzeit - für das gegenständliche Gebiet ein Bebauungsplan bestanden habe. Es bestehe daher derzeit kein Rückübereignungsanspruch, wobei nicht übersehen werden dürfe, daß die Grundabtretung seinerzeit zumindest konkludent als freiwillig angesehen werden muß.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 5. Oktober 1992, B 500/92-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese gleichzeitig dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Über diese Beschwerde, die vorgenommene Beschwerdeergänzung sowie über die Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Stadtgemeinde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 18 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung (BO) sind anläßlich der Bewilligung von Bauplätzen und von Änderungen von Bauplätzen und bebauten Liegenschaften die nach Maßgabe der Straßenfluchtlinien des Bebauungsplanes zu den öffentlichen Verkehrsflächen fallenden Grundflächen nach den näheren Bestimmungen dieser Gesetzesstelle abzutreten und in das Eigentum der Gemeinde zu übertragen.
§ 18 Abs. 4 BO bestimmt folgendes:
"(4) Fallen Grundflächen, die für im Bebauungsplan ausgewiesene öffentliche Verkehrsflächen abgetreten werden mußten, infolge einer Änderung des Bebauungsplanes nicht mehr unter diese Widmung, so ist ihre Zurückstellung dem früheren Grundeigentümer bzw. dessen Rechtsnachfolger,
a)
wenn die Verkehrsfläche bereits hergestellt wurde, innerhalb von sechs Wochen nach der straßenrechtlichen Auflassung, wenn eine solche nicht erforderlich ist, nach der tatsächlichen Auflassung der Grundfläche als öffentliche Verkehrsfläche,
b)
wenn die Verkehrsfläche noch nicht hergestellt wurde, innerhalb von sechs Wochen nach Änderung des Bebauungsplanes
schriftlich anzubieten. Lehnt der frühere Grundeigentümer bzw. dessen Rechtsnachfolger innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Anbotes die Zurückstellung der Grundflächen nicht schriftlich ab, so hat die Gemeinde die Zurückstellung innerhalb einer weiteren Frist von drei Monaten auf ihre Kosten zu bewirken. Ohne Entscheädigung abgetretene Grundflächen sind ohne Entschädigung, gegen Entschädigung abgetretene Grundflächen sind gegen Rückerstattung der geleisteten Entschädigung - soweit sich diese nicht auf entfernte bauliche Anlagen bezog - zurückzustellen. Die Grundflächen sind auf Verlangen des früheren Grundeigentümers bzw. dessen Rechtsnachfolgers möglichst in dem Zustand zurückzustellen, in dem sie abgetreten wurden. Die Ablehnung der Zurückstellung durch den früheren Grundeigentümer bzw. dessen Rechtsnachfolger kann nicht widerrufen werden."
Auf Grund dieser Regelung haben die Verwaltungsbehörden zu Recht die Auffassung vertreten, daß der Beschwerdeführerin mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Zurückstellung der seinerzeit abgetretenen Grundflächen nicht zukommt. Ein solcher Rechtsanspruch setzt nach § 18 Abs. 4 BO voraus, daß im Zeitpunkt der Grundabtretung ein Bebauungsplan diese Grundflächen als öffentliche Verkehrsflächen ausgewiesen hat und durch eine Änderung des Bebauungsplanes die Grundflächen nun nicht mehr als Verkehrsflächen gewidmet sind. Daß aber ein Bebauungsplan auch im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vorhanden ist, hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeergänzung ausdrücklich eingeräumt. Auch dann, wenn die seinerzeitige Grundabtretung ohne gesetzliche Grundlage erfolgte, wie die Beschwerdeführerin ausführt, kann dies nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dazu führen, daß nunmehr die Baubehörde ohne gesetzliche Grundlage berechtigt wäre, die Rückstellung dieser Grundflächen zu verfügen. Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, einen Rechtsanspruch auf Rückübereignung zu besitzen, vermag ihr der Gerichtshof schon deshalb nicht zu folgen, weil die seinerzeitige Bauplatzschaffung und die damit verbundene Grundabtretung nicht zu Recht als Enteignung qualifiziert werden kann. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liegt keine echte Gesetzeslücke vor, die im Sinne der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1980, B 206/75, Slg. 8981, geschlossen werden könnte. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die außer Kraft getretenen Bestimmungen der § 49 der O.ö. Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 5/1947 sowie auf § 38 des O.ö. Straßengesetzes 1991, LGBl. Nr. 94, beruft, übersieht sie, daß einerseits die geltende, mit 1. Jänner 1977 in Kraft getretene Bauordnung (siehe § 70) die Bauordnungsnovelle 1946 ausdrücklich außer Kraft setzte und auch Übergangsbestimmungen eine Anwendung der außer Kraft gesetzten Bestimmungen nicht ermöglichen (vgl. § 69), und andererseits das O.ö. Straßengesetz 1991 im Zeitpunkt der Erlassung des Gemeindebescheides noch gar nicht in Kraft stand.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Bemerkt wird noch, daß nach Darstellung der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Gemeinderat gleichzeitig mit der Beschlußfassung über die Abweisung des Antrages auf Rückstellung der Grundflächen beschlossen hat, jene Flächen, welche seinerzeit kostenlos abgetreten wurden, aber nicht für Straßenzwecke benötigt und ausgebaut wurden, der Beschwerdeführerin auf privatrechtlicher Basis nach entsprechender Vermessung kostenlos zurückzustellen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992050296.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009