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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §21;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der 1. S-Gesellschaft mbH in W, und des 2. D in W, beide vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 26. Oktober 1992, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Bechäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz,
Spruch
1. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens beantragte die Erstbeschwerdeführerin, die in Wien ein Speditionsunternehmen betreibt, mit Schreiben vom 14. Juni 1992, eingelangt beim Arbeitsamt Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft am 16. Juni 1992, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den 1949 geborenen ausländischen Staatsbürger D (d.i. der Zweitbeschwerdeführer) für die berufliche Tätigkeit als "Kraftfahrer". Als spezielle Kenntnisse bzw. (besonderes) Ausbildungserfordernis gab die Erstbeschwerdeführerin "Führerschein B, C, D, E" und als Beschäftigungsort(e) "1020 Wien, Bahnhof Wien-Nord" an.
Diesen Antrag lehnte das genannte Arbeitsamt mit Bescheid vom 22. Juni 1992 gemäß § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ab. Diese Abweisung begründete die Behörde erster Instanz ausgehend von den beiden genannten Gesetzesstellen damit, daß auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon auszugehen sei, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der LKW-Lenker/innen Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung dieser Bewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die ERSTBESCHWERDEFÜHRERIN aus, der Zweitbeschwerdeführer beherrsche neben der serbokroatischen auch die tschechische und deutsche Sprache, sodaß er als Kraftfahrer für den Verkehr zwischen Italien und der CSFR geeignet sei. Diese sprachliche Qualifikation bringe - insbesondere was die Aus- und Einfuhrzollabfertigung betreffe - eine Zeitersparnis von mindestens einem Tag, wodurch die Erstbeschwerdeführerin gegenüber ausländischer Konkurrenz entscheidend in Vorteil käme. Bisher habe die Erstbeschwerdeführerin mit österreichischen Fahrern bedauerlicherweise keine Möglickeit gehabt, in derselben Zeit die Abfertigungen durchzuführen, wodurch sie entscheidend ins Hintertreffen zu geraten fürchte.
Daraufhin forderte das Arbeitsamt die Erstbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 3. Juli 1992 auf, die zutreffende Antwort aus der nachfolgenden Fragestellung anzukreuzen und die nichtzutreffende zu streichen:
"-
Ich wünsche keine anderen Kräfte anstelle des(r) beantragten
Ausländers/Ausländerin.
-
Ich ersuche um Zuweisung von Arbeitskräften, die ich anstelle
des(r) beantragten Ausländers/Ausländerin beschäftigen möchte und lege den ausgefüllten Vermittlungsauftrag bei."
Diese Aufforderung ließ die Erstbeschwerdeführerin unbeantwortet.
Mit einem weiteren Schreiben (ebenfalls vom 3. Juli 1992) wurde die Erstbeschwerdeführerin aufgefordert, "den unbedingten Bedarf an den von ihnen angegebenen besonderen Qualifikationen (tschechische, serbokroatische Sprache) des beantragten Ausländers (als Nachweis dienen Belege über Firmentätigkeit, besondere Aufträge etc.) und das Vorhandensein dieser Qualifikationen beim beantragten Ausländer (als Nachweise dienen Zeugnisse über schulische und berufliche Ausbildungen, Arbeitsnachweise, etc., in beglaubigter deutscher Übersetzung) bezüglich deutsche Sprache" nachzuweisen. Diese Aufforderung beantwortete die Erstbeschwerdeführerin mit ihrem Schreiben vom 14. Juli 1992, dem sie als Belege drei Frachtbriefe über Sendungen von Italien in die CSFR anschloß.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 26. Oktober 1992 gab die belangte Behörde der Berufung der ERSTBESCHWERDEFÜHRERIN gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Begründend gab die belangte Behörde ausführlich die in Betracht kommenden Gesetzesstellen wieder, stellte fest, daß die Landeshöchstzahl für das Land Wien für 1992 weit überschritten sei, und ergänzte dazu betreffend die konkrete Beschäftigung des Zweitbeschwerdeführers:
Eine Überprüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem eingangs zitierten begünstigten Personenkreis angehörten, zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes der Erstbeschwerdeführerin zur Verfügung stünden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle hingegen nicht die Voraussetzungen, durch die sie dem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis des § 4b AuslBG zugeordnet werden könne. Angesichts der dargestellten Situation auf dem verfahrensrelevanten Teilarbeitsmarkt sei der Erstbeschwerdeführerin im Zuge des Berufungsverfahrens mit Schreiben vom 3. Juli 1992 die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung angeboten worden. Die Erstbeschwerdeführerin habe darauf jedoch innerhalb der gesetzten Frist nicht reagiert.
Die Berufungsausführungen der Erstbeschwerdeführerin seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer zu begründen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende (vom Arbeitgeber UND vom beantragten Ausländer erhobene) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beiden Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Beschäftigung nach dem AuslBG verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:
Dem Zweitbeschwerdeführer fehlt - vorerst ungeachtet der Frage seiner Parteistellung im Verwaltungsverfahren - die Legitimation zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde schon deshalb, weil er den erstinstanzlichen Bescheid nicht mit Berufung bekämpft und damit den Instanzenzug nicht erschöpft hat (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 auf Seite 388 angeführte Judikatur).
Dem Zweitbeschwerdeführer fehlte aber auch das dem Arbeitgeber vorbehaltene Recht auf Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG. Der Zweitbeschwerdeführer hat auch nicht auf andere Weise im Verwaltungsverfahren Parteistellung erlangt, zumal eine solche dem beantragten ausländischen Arbeitnehmer gemäß § 21 AuslBG (nur) in den Verfahren zukommt, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 AuslBG vorhanden ist. Es stand daher dem Zweitbeschwerdeführer ein Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht zu, weshalb er durch die die erstinstanzliche Abweisung dieses Antrages bestätigende Berufungsentscheidung der belangten Behörde nicht in einem solchen Recht verletzt sein konnte (vgl. dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1992, Zl. 92/09/0023, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers war deshalb wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
2. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG gestützt. Schon das Vorliegen auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin.
Nach § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lauten:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1.
bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2.
die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a)
als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
b)
in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c)
als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d)
im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3.
öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4.
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat mit Verordnung, BGBl. Nr. 598/1991, die Landeshöchtszahl für die Beschäftigung von Ausländern für das Jahr 1992 gemäß § 13a Z. 3 AuslBG festgesetzt (Landeshöchstzahlenverordnung 1992). Für das Bundesland Wien wurde gemäß § 1 dieser Verordnung zur Sicherung der Bundeshöchtszahl gemäß § 12a AuslBG die Landeshöchstzahl für das Jahr 1992 mit 95.000 festgesetzt. Diese Verordnung trat am 1. Jänner 1992 in Kraft und ist in ihrem zeitlichen Geltungsbereich mit Ablauf des 31. Dezember 1992 befristet.
Die belangte Behörde ist - wie bereits das erstinstanzliche Arbeitsamt - vom Vorliegen einer Überschreitung dieser festgesetzten Landeshöchstzahl ausgegangen. Die Erstbeschwerdeführerin hat gegen diese Annahme des Vorliegens der Anwendungsvoraussetzung für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG weder in ihrer Berufung noch - ausdrücklich - in der Beschwerde etwas vorgebracht. Mit Rücksicht darauf wäre die Erstbeschwerdeführerin verhalten gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG maßgebend hätten sein können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0284). Ungeachtet dessen, daß das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren sich indes auf den Hinweis beschränkt hat, der Zweitbeschwerdeführer beherrsche neben der serbokroatischen auch die tschechische und deutsche Sprache, sodaß er als Kraftfahrer für den Verkehr zwischen Italien und der CSFR geeignet sei und diese Qualifikation bei der Abwicklung der Zollformalitäten eine Zeitersparnis bringe, wodurch die Erstbeschwerdeführerin gegenüber ausländischer Konkurrenz entscheidend in Vorteil käme, stellt der Hinweis allein auf einen der Erstbeschwerdeführerin durch die Einstellung des beantragten Ausländers entstehenden Konkurrenzvorteil noch kein Vorbringen dar, aus welchem sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 ableiten ließe.
Der erstmals in der Beschwerde enthaltene sinngemäße Hinweis auf Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6, nämlich die Einstellung des beantragten Ausländers sei im gesamtwirtschaftlichen Interesse gelegen (die Kenntnis der Sprache der jeweiligen Grenzländer bedeute nicht nur eine wesentliche Erleichterung in der Abwicklung der Zollformalitäten, sondern gewährleiste auch die Einhaltung der inländischen Zollgesetze) und würde auch die Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer sichern (die beschleunigte Durchführung der Speditions- und Frachtleistungen sei Voraussetzung für weitere Aufträge der jeweiligen Geschäftspartner) ist als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung unbeachtlich (§ 41 Abs. 1 VwGG).
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war aus diesen Gründen, ohne daß auf den weiteren von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgrund nach § 4 Abs. 1 AuslBG eingegangen werden mußte, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers auch auf § 51 VwGG.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992090366.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
15.08.2010