TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/18 93/09/0004

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Veröffentlicht am 18.03.1993
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6;
AuslBG §4b idF 1990/450;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der H-KG in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 18. November 1992, AZ IIc 6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei, die ein Plakatierungsunternehmen betreibt, hatte nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens am 3. Juni 1992 als Arbeitgeberin beim Arbeitsamt Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft für den indischen Staatsangehörigen V für die berufliche Tätigkeit als Bote mit einer Entlohnung von 12.000 S brutto pro Monat die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 684/1991 (AuslBG), beantragt.

Dieser Antrag war vom genannten Arbeitsamt mit Bescheid vom 3. Juli 1992 unter Berufung auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG mit der Begründung abgewiesen worden, auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Bot(en)innen Arbeitsuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Ferner habe der Vermittlungsausschuß die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die beschwerdeführende Partei wesentliche Verfahrensmängel geltend, weil die formelhafte Begründung nicht nachvollziehbar und keiner nachprüfenden Kontrolle zugänglich sei. Zudem enthalte der erstinstanzliche Bescheid keine Feststellungen über die - allfällige - Ausschöpfung der für das Bundesland Wien festgesetzten Landeshöchstzahl. Auch habe die Behörde erster Rechtsstufe der beschwerdeführenden Partei das Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens zu den besonders wichtigen Gründen des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG nicht zur Kenntnis gebracht.

In einem schriftlichen Vorhalt vom 13. Oktober 1992 teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei im wesentlichen mit, daß ihr mit ihrem Einverständnis anstelle der beantragten ausländischen Arbeitskraft zahlreiche Ersatzkräfte zugewiesen worden seien. Es sei jedoch keine einzige Einstellung erfolgt. Acht Personen sei als Grund für die Nichteinstellung eröffnet worden, daß die freie Stelle bereits besetzt sei. Vier Ersatzkräfte seien bereit gewesen, diese Aussage zur Niederschrift abzugeben und durch Beisetzung ihrer eigenhändigen Unterschrift zu bestätigen. Daraus sei der Schluß zu ziehen, daß seitens der beschwerdeführenden Partei kein Interesse an der Einstellung von vorhandenen Ersatzkräften bestehe.

Hiezu führte die beschwerdeführende Partei in ihrer Stellungnahme vom 5. November 1992 im wesentlichen aus, die Ersatzkräfte seien der beschwerdeführenden Partei, "obwohl sie gar keinen "Suchtag" hatten", zugewiesen worden. Richtig sei, daß ihnen tatsächlich mitgeteilt worden sei, daß die Position eines Boten bereits besetzt sei. Die Niederschriften seien von einer einzigen Person, vermutlich dem Leiter der Amtshandlung, ausgefüllt worden. Zudem seien die zugewiesenen Ersatzkräfte nicht vom Willen getragen gewesen, tatsächlich ein Arbeitsverhältnis mit der beschwerdeführenden Partei einzugehen, weshalb ihre Anbote ungültig seien. Tatsächlich habe die beschwerdeführende Partei mit dem beantragten Ausländer eine Vereinbarung getroffen, wonach dieser - bei Erteilung der Beschäftigungsbewilligung - für die berufliche Tätigkeit als Bote in Aussicht genommen sei. Im Hinblick auf die Vertragstreue habe die beschwerdeführende Partei den zugewiesenen Ersatzkräften nicht mitteilen können, daß die Stelle eines Boten noch frei sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. November 1992 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und 6 und § 13a AuslBG keine Folge und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Rechtsstufe. Zur Begründung führte sie nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und 6, § 4b und § 13a AuslBG), soweit für die Beschwerde von Relevanz, aus, die im Zuge des Berufungsverfahrens durchgeführte Überprüfung der Lage auf dem verfahrensgegenständlichen Teilarbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit Ersatzarbeitskräfte, die für die konkret beantragte Beschäftigung geeignet wären, zur Vermittlung vorgemerkt seien und der beschwerdeführenden Partei zur Deckung ihrers Arbeitskräftebedarfes zur Verfügung stünden. Im Hinblick auf die Leistungen, die einem Großteil dieser Personen aus der Arbeitslosenversicherung und somit aus öffentlichen Mitteln, erbracht werden müßten, sei es primäre Aufgabe der Arbeitsmarktverwaltung, diese Arbeitskräfte im öffentlichen Interesse vordringlich in den Arbeitsprozeß (wieder) einzugliedern. Die beantragte ausländische Arbeitskraft hingegen könne weder entsprechende Dienstverhältnisse im Sinne der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nachweisen, auf Grund deren sie Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erworben hätte. Insgesamt seien vier namentlich genannte Bewerber von der beschwerdeführenden Partei mit der Begründung abgewiesen worden, die zu vergebende Stelle sei bereits besetzt. Diese vier Personen hätten diesen Sachverhalt zur Niederschrift ausgesagt. Die aufgenommenen Niederschriften entsprächen den Formvorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes. Auszugehen sei davon, daß arbeitslose Personen der beschwerdeführenden Partei zugewiesen worden seien, diese tatsächlich vorgesprochen und solcherart ihre grundsätzliche Bereitwilligkeit zur Arbeitsaufnahme bekundet hätten. Ein Arbeitsverhältnis habe aber deshalb nicht begründet werden können, weil ihnen seitens der beschwerdeführenden Partei die Auskunft erteilt worden sei, daß die freie Stelle bereits besetzt sei. Das Zustandekommen eines Dienstverhältnisses sei daher durch Gründe vereitelt worden, die der Sphäre der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen seien und nicht den zugewiesenen Ersatzkräften vorgeworfen werden könnten. Aus der Argumentation der beschwerdeführenden Partei, es sei aus Gründen der "Vertragstreue" den Bewerbern mitgeteilt worden, die freie Stelle sei bereits besetzt, sei der wahre Wille erkennbar, tatsächlich keine anderen Bewerber einstellen zu wollen. Der Vorwurf, die zugewiesenen Ersatzkräfte seien nicht Willens gewesen, die freie Stelle anzunehmen, sei damit widerlegt. Die Ersatzkraftstellung erfülle, so führte die belangte Behörde im Zusammenhang weiter aus, den Zweck, herauszufinden, ob sich unter den beim Arbeitsamt vorgemerkten, im Leistungsbezug stehenden und deshalb bevorzugt zu behandelnden Ersatzkräften eine befinde, die bereit und fähig sei, die konkret beantragte Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Dazu sei es erforderlich, dem Arbeitgeber objektiv geeignete Bewerber zu vermitteln. Nur dann, wenn kein derart qualifizierter Arbeitnehmer gestellt werden könne, erlaube die Arbeitsmarktlage die Beschäftigung des beantragten Ausländers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erübrige sich diese Beweisführung jedoch dann, wenn der Arbeitgeber die Stellung von Ersatzkräften ohne zwingenden Grund ablehne bzw. vereitle. Darüber hinaus habe die belangte Behörde befunden, daß die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht gegeben seien, weil die dort geforderten "wichtigen Gründe" die eine Beschäftigung der ausländischen Arbeitskraft trotz Überschreitung der Landeshöchstzahl rechtfertigen könnten, oder öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen, welche die Beschäftigung von Ausländern erfordern, im vorliegenden Falle nicht vorlägen. Dieser Auffassung hätten sich auch die Mitglieder des Unterausschusses des Verwaltungsausschusses im Rahmen ihrer Anhörung zum gegenständlichen Fall einhellig angeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für V verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefalle anzuwendenden, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber in der Regel einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt. Die Beschäftigungsbewilligung ist nach § 4 Abs. 1 AuslBG im allgemeinen zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes iSd § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistung aus der Arbeitslosenversicherung etc.) vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179).

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Sowohl das Arbeitsamt

Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft als auch die belangte Behörde haben festgestellt, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist und somit die Voraussetzungen für die Anwendung des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG vorliegen. Dagegen hat die beschwerdeführende Partei in ihrer Berufung nichts Substantielles, in der Beschwerde überhaupt nichts mehr vorgebracht. Sie wäre aber, weil durch die im Verordnungswege festgesetzte Landeshöchstzahl der ohne weiteres vertretbare Anteil von Ausländern begrenzt ist, gehalten gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im ERSCHWERTEN Verfahren des § 4 Abs. 6 AuslBG maßgebend hätten sein können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0284).

Das Beschwerdevorbringen, das im Einklang mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei im Administrativverfahren lediglich die Zuweisung von vier namentlich genannten Ersatzkräften durch die Behörde erster Rechtsstufe und deren niederschriftliche Einvernahmen als mangelhaft rügt, ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennen zu lassen. Die beschwerdeführende Partei hat die Feststellung der belangten Behörde über das Fehlen einer einhelligen Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch die Vermittlungsausschuß (§ 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG) unbekämpft gelassen und auch kein Vorbringen erstattet, aus welchem sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG ableiten ließe.

Mit Rücksicht auf das aufgezeigte Verhalten der beschwerdeführenden Partei bei der erfolgten Zuweisung der Ersatzarbeitskräfte und Ablehnung derselben konnte die belangte Behörde im Rahmen der nicht als rechtswidrig zu erkennenden Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid, zumal auch die bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Niederschriften den Vorschriften des § 14 AVG entsprechen, die Sachverhaltsfeststellung treffen, dadurch habe die beschwerdeführende Partei völlig unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß sie ausschließlich den von ihr beantragten Ausländer als Boten beschäftigen wolle.

Solcherart aber war die auf § 4 Abs. 1 und 4 Abs. 6 AuslBG gegründete Entscheidung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993090004.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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