TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/23 92/11/0201

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Veröffentlicht am 23.03.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
ZDG 1986 §14 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Juli 1992, Zl. 159 473/4-IV/10/92, betreffend Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres den Antrag des Beschwerdeführers vom 1. April 1992 auf Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 14 Z. 1 des Zivildienstgesetzes (ZDG) ab.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer begründete sein Aufschubbegehren damit, daß er sich nach erfolgreichem Abschluß der Ausbildung in Massage, manueller Lymphdrainage und komplexer physikalischer Entstauungstherapie auf diesem Gebiet weiterbilden möchte, er habe sich bereits für die Paracelsusschule für Naturheilverfahren, Akupunktur, Akupressur, Chirotherapie, Neuraltherapie, Psychotherapie und Psychosomatik in München angemeldet. Diese Ausbildung beginne Mitte Mai 1992 und dauere 20 Monate. Angeschlossen waren Zeugnisse der genehmigten Privatlehranstalt für Berufsausbildung in Körperpflege und Massage Herricht vom 19. April 1991 über den erfolgreichen Abschluß des Berufsausbildungslehrgangs für Massage und vom 3. November 1991 über die erfolgreiche Teilnahme am Kurs über manuelle Lymphdrainage und komplexe physikalische Entstauungstherapie.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung dieses Antrages damit, daß der Beschwerdeführer laut seinem Vorbringen seine Berufsausbildung bereits abgeschlossen habe und nunmehr beabsichtige, sich auf diesem Gebiet weiterzubilden. Der beabsichtigte Besuch der Paracelsusschule in München sei nicht mehr Berufsausbildung im Sinne des § 14 Z. 1 ZDG, sondern bereits als Berufsfortbildung anzusehen. Dem Beschwerdeführer sei zumutbar, die berufliche Weiterbildung erst nach Ableistung des Zivildienstes durchzuführen. Dabei verwies die belangte Behörde auf die allen Zivildienstpflichtigen obliegende Verpflichtung, ihre persönlichen und wirtschaftlichen Belange so einzurichten, daß für den Fall der Erfüllung der Zivildienstpflicht vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden.

Der Beschwerdeführer hält die Ansicht der belangten Behörde, der Besuch der Paracelsusschule diene seiner fachlichen Weiterbildung, für verfehlt. Vielmehr hätte die belangte Behörde auf Grund des Vorbringens in seinem Antrag und unter Berücksichtigung der Vorschriften über das Berufsbild für Masseure (§ 103 Abs. 1 Z. 34 Gewerbeordnung 1973 in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Masseure, BGBl. Nr. 175/1986 idF BGBl. Nr. 397/1989) feststellen müssen, daß seine Berufsausbildung keineswegs abgeschlossen sei.

Gemäß § 14 Z. 1 des Zivildienstgesetzes ist Zivildienstpflichtigen, die Schüler der beiden obersten Jahrgänge einer öffentlichen höheren Schule oder einer höheren Schule mit Öffentlichkeitsrecht sind, sowie Zivildienstpflichtigen, die sonst in einer Berufsvorbereitung stehen und durch eine Unterbrechung dieser Vorbereitungszeit bedeutenden Nachteil erleiden würden oder die andere rücksichtswürdige Umstände nachweisen, - sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen - auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis längstens 1. Oktober des Jahres, in dem sie das 25. Lebensjahr vollenden, aufzuschieben.

Die belangte Behörde konnte bei Erlassung des angefochtenen Bescheides unbedenklich davon ausgehen, daß der (am 4. Juni 1968 geborene und daher bei Antragstellung kurz vor Vollendung des 24. Lebensjahres stehende) Beschwerdeführer seine Ausbildung zum Masseur abgeschlossen hat und diesen Beruf auch bereits ausübt. Dafür sprachen das vorgelegte Zeugnis vom 19. April 1991 über die erfolgreiche Absolvierung des Berufsausbildungslehrganges für Massage und daß der Beschwerdeführer im Verfahren vor der Zivildienstkommission (Verhandlungsschrift vom 4. September 1991) ausdrücklich erklärt hatte, er übe den Beruf eines Masseurs aus. Im Hinblick darauf erfolgte die Abweisung seines Aufschubantrages zu Recht. Die vorgesehene Weiterbildung in der Paracelsusschule in München kann einen Aufschub nicht rechtfertigen. Der Zweck dieses Rechtsinstitutes liegt darin, daß der Zivildienstpflichtige eine Ausbildung, die ihn in die Lage versetzen soll, eine berufliche Tätigkeit zu entfalten, um sich eine materielle Lebensgrundlage zu verschaffen, durch die Zivildienstleistung nicht unterbrechen muß. Er soll - wie dies auch bei einem Schüler der Fall ist - die Ausbildung beenden können, um nach Ableistung des Zivildienstes eine Berufsstellung ergreifen zu können. Er soll nicht gezwungen sein, seine Ausbildung unter den erschwerten Voraussetzungen, die eine durch die Leistung des Zivildienstes bedingte Unterbrechung mit sich bringt, abzuschließen, bevor er ins Berufsleben eintreten kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1993, Zl. 93/11/0001). Zu dieser Ausbildung zählt nach Sinn und Zweck des § 14 Z. 1 ZDG nicht auch die nach abgeschlossener Berufsausbildung iSd § 4 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 175/1986 erforderliche, zwei- oder mehrjährige fachliche Tätigkeit (einschließlich allfälliger weiterführender Ausbildung), die nach den vom Beschwerdeführer genannten Bestimmungen (siehe insbesondere § 4 Abs. 1 dieser Verordnung) Voraussetzung für die Erlangung des Befähigungsnachweises und damit für die selbständige Ausübung des gebundenen Gewerbes der Masseure ist. § 4 Abs. 2 der genannten Verordnung definiert die besagte "fachliche Tätigkeit" als "hauptberufliche nicht im Rahmen eines Lehrverhältnisses zurückgelegte Beschäftigung im Rahmen einer befugten Berufsausübung", was begrifflich den Abschluß einer für die Ausübung dieses Berufes erforderlichen Ausbildung - der "Berufsvorbereitung" iSd § 14 Z. 1 ZDG - voraussetzt. Daher ist für den Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf diese gewerberechtlichen Bestimmungen nichts zu gewinnen.

Auch die Verfahrensrügen sind nicht berechtigt. Die belangte Behörde ging bei ihrer Entscheidung vom Vorbringen des Beschwerdeführers und den von ihm vorgelegten Unterlagen aus; dazu bedurfte es nicht der Gewährung von Parteiengehör. Da bereits auf dieser Grundlage die Frage, ob der geltend gemachte Aufschiebungstatbestand des § 14 Z. 1 ZDG gegeben war, ausreichend beurteilt werden konnte, erübrigten sich weitere Ermittlungen. Dies insbesondere auch dahin, ob und welche Nachteile sich für den Beschwerdeführer durch die Unterbrechung des bereits begonnenen Lehrganges an der Paracelsusschule im Falle der Verweigerung eines weiteren Aufschubes ergeben könnten, weil es sich dabei nicht mehr um Nachteile infolge der Unterbrechung einer Berufsausbildung im Sinne des § 14 Z. 1 ZDG handelt.

Da sich die Beschwerde als unbegründet erweist, ist sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Abstandnahme vom Parteiengehör Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992110201.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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