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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §16 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der I in K, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. Dezember 1991, Zl. IIb2-V-8989/7-1991, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 30. Jänner 1991 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 14. Juni 1989 gegen 13,40 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der B 171 im Ortsgebiet von Kirchbichl - Oberndorf ca. bei km 13,6 in Richtung Wörgl gelenkt und dabei einen Überholvorgang durchgeführt, wodurch das entgegenkommende Fahrzeug zum Abbremsen und Auslenken auf das Bankett gezwungen worden sei, und dadurch eine Übertretung nach § 16 Abs. 1 lit. a StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wurde über sie eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen) verhängt. Die Erstbehörde stützte ihren Schuldspruch auf die Anzeige und die Zeugenaussage des Anzeigers G., der hinter dem Fahrzeug der Beschwerdeführerin fuhr, sowie die Zeugenaussage der Zeugin F., die hinter dem Pkw des Anzeigers nachfolgte und dessen Aussage bestätigte.
Die belangte Behörde wies nach Durchführung weiterer Ermittlungen die Berufung der Beschwerdeführerin mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Dezember 1991 ab und modifizierte den Abspruch dahin, daß anstelle der Wortfolge "und dabei einen Überholvorgang durchgeführt" der Teilsatz "und dabei ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt" zu treten habe. In der Begründung heißt es im wesentlichen, es stehe auf Grund der Zeugenaussagen - der Anzeiger war nochmals vernommen worden und hatte den Überholvorgang in einem genauen Straßenplan eingezeichnet - fest, die Beschwerdeführerin habe einen Lkw überholt, obwohl zufolge der örtlichen Situation und der Vekehrsverhältnisse eine zu geringe Überholsichtweite bestanden habe und ein Überholen ohne Gefährdung anderer nicht möglich gewesen sei, wobei tatsächlich der entgegenkommende Fahrzeuglenker, um einen Unfall zu vermeiden, sein Fahrzeug habe abbremsen und auf das Bankett ausweichen müssen. Dies stimme auch mit dem vom kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen auf Grund eines Lokalaugenscheines erstatteten Gutachten überein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es sei die Tat im Bescheidspruch nicht hinreichend konkretisiert, weil nicht zum Ausdruck gebracht worden sei, welches Fahrzeug überholt worden sei, worin sie offenkundig einen Verstoß gegen § 44a lit. a VStG in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle 1990 erblickte, kommt keine Berechtigung zu. Es bedarf im Spruch keineswegs der näheren Individualisierung des überholten Fahrzeuges. Des weiteren ergibt sich aus den Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides klar, daß es sich beim überholten Fahrzeug um einen Lkw (mit Pritschenaufbau) gehandelt hat, sodaß in keiner Weise die Gefahr einer Doppelbestrafung der Beschwerdeführerin besteht.
Auch der Einwand der Beschwerdeführerin, es liege Verfolgungsverjährung vor, vermag nicht durchzuschlagen. Der Beschwerdeführerin wurde zwar im Ladungsbescheid vom 17. Juli 1989 - entgegen der Anzeige - das unerlaubte Überholen eines Pkws zur Last gelegt, doch gab der als Zeuge vernommene Anzeiger am 16. August 1989 neuerlich ausdrücklich an, daß der Überholvorgang durch die Beschwerdeführerin einen Lkw betroffen hat, sodaß insoweit eine rechtzeitige Verfolgungshandlung erfolgte. Der Beschwerdeführerin wurde hiezu auch Parteiengehör eingeräumt; sie beantragte daraufhin am 29. August 1989 die Einvernahme eines weiteren Zeugen.
Mit ihrem weiteren Vorbringen bekämpft die Beschwerdeführerin die Feststellungen der belangten Behörde, wonach durch ihr Verhalten das Tatbild des § 16 Abs. 1 lit. a StVO erfüllt sei, indem sie deren Beweiswürdigung rügt.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß die Würdigung der Beweise, auf Grund deren der Sachverhalt angenommen wurde, nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, als es sich um die Prüfung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, d.h. mit den Denkgesetzen im Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1985, Zl. 85/18/0034).
Einer solchen Prüfung hält die Begründung des angefochtenen Bescheides stand. Die belangte Behörde hat die maßgebenden Feststellungen auf die mit der Anzeige im Einklang stehenden Zeugenaussagen des Anzeigers G. sowie der hinter dem Anzeiger nachfahrenden Zeugin F. und das Gutachten des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen gestützt. Sie hat ausreichend dargelegt, warum sie diesen Beweismitteln gefolgt ist und nicht der leugnenden Verantwortung der Beschwerdeführerin. Die Zeugen haben übereinstimmend angegeben, daß die Beschwerdeführerin den Überholvorgang trotz des Gegenverkehrs durchgeführt hat, obwohl die örtlichen Verhältnisse und die Verkehrssituation einen Überholvorgang nicht zugelassen hätten, sodaß der Lenker eines entgegenkommenden Fahrzeuges dieses habe abbremsen und auf das Bankett auslenken müssen, um einen Zusammenstoß mit dem Fahrzeug der Beschwerdeführerin zu vermeiden. Schon allein diese Aussagen hätten einen Schuldspruch der Beschwerdeführerin gerechtfertigt. Das zusätzlich eingeholte Sachverständigengutachten hat die Richtigkeit der Zeugenaussagen bestätigt. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin enthält das Gutachten des Amtssachverständigen einen ausreichenden Befund und ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die gegenteiligen Ausführungen der Beschwerdeführerin entbehren jedweder Grundlage. Gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde bestehen keine Bedenken. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch die Ansicht der Beschwerdeführerin nicht zu teilen, daß die Aussagen des Anzeigers selbst sowie die der Zeugin F. widersprüchlich sind. Ebensowenig findet die Behauptung der Beschwerdeführerin, es sei der Sachverhalt nur unvollständig ermittelt worden, in der Aktenlage Deckung.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992030046.X00Im RIS seit
12.06.2001