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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, in der Beschwerdesache des K in G, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Korpskommandanten des Korpskommando I wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Einbehaltung eines Teiles des Dienstbezuges des Beschwerdeführers für den Monat Mai 1989), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Berufsoffizier in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Korpskommando.
In der Zeit vom 1. November 1982 bis 3. November 1985 war der Beschwerdeführer dem Bundesministerium für Landesverteidigung - Armeekommando zur Dienstleistung zugeteilt. Der Beschwerdeführer hatte bis zum 30. April 1985 Anspruch auf Trennungsgebühren nach § 34 RGV. Über seinen Antrag wurde ihm ein Einbettzimmer (Kasernquartier) im Wohnheim unentgeltlich als Unterkunft im Sinne des § 70 RGV angewiesen. Laut Zuweisung sollte dieses Quartier dem Beschwerdeführer nur für die Dauer seines Anspruches auf Trennungsgebühr nach § 34 RGV zur Verfügung stehen. Nach der Aktenlage nahm der Beschwerdeführer (bei der Zuweisung) unter anderem die Bestimmungen des Erlasses des Bundesministers für Landesverteidigung vom 25. Juni 1981, Zl. 31060/78-3.3/81, (Widmung- und Benutzungsordnung militärischer Liegenschaften; Regelung für Einweisung und Verwaltung von Gästezimmern, Kasernquartiere und sonstige Unterkunftsbeistellung in Kasernen) sowie folgende Sonderregelung ausdrücklich zur Kenntnis:
"Der Benützer eines Kasernquartiers (einer Ledigenunterkunft) im Wohnheim wird darauf hingewiesen, daß er bei Einstellung bzw. Auslaufen einer Zuteilungs- bzw. Trennungsgebühr das Kasernquartier (die Ledigenunterkunft) zu räumen hat. Eine Vergabe von Kasernquartieren (Ledigenunterkünften) zu den Entgeltsätzen des Erl. BMLF vom 25.06.81, Zl. 31.111/197-3.3/82 (richtig: 31.060/78-3.3/81), im Falle des Wohnheimes ist nicht zulässig."
Tatsächlich benützte der Beschwerdeführer jedoch über den 30. April 1985 hinaus, und zwar nach seinen Angaben vom 1. Mai bis 29. November 1985, dieses Einbettzimmer, ohne zunächst dafür ein Entgelt zu entrichten. Nach der Aktenlage erfolgte für diese Benützung weder eine bescheidförmige noch eine in einer anderen Form durchgeführte Zuweisung.
Mit Schreiben vom 12. Juni 1986 übermittelte das MilKdo dem Beschwerdeführer eine Aufstellung über die Ermittlung des Benützungsentgeltes für die Zeit vom 1. Mai bis 29. November 1985. Davon ausgehend, daß der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum 66 Nächte vom Dienstort abwesend gewesen sei, kam das MilKdo unter Zugrundelegung einer fiktiv zustehenden Trennungsgebühr (Nächtigungsgebühr) im Ausmaß von 30 % der Gebührenstufe 5 pro Nächtigung zu einem Benützungsentgelt von S 9.569,70 (147 Nächte a S 65,10). Der Beschwerdeführer wurde ersucht, diesen Betrag mittels eines beigelegten Erlagscheines einzuzahlen.
In seiner Stellungnahme vom 6. August 1986 machte der Beschwerdeführer zunächst geltend, er sei im genannten Zeitraum zu jedem Wochenende (einschließlich Feiertage) bei seiner Familie in G gewesen, sodaß er 129 Tage vom Wohnheim abwesend gewesen sei. Weiters wandte er sich gegen die Berechnungsmethode, die von einer "fiktiv" zustehenden Nächtigungsgebühr im Ausmaß von 30 % seiner Gebührenstufe ausgehe. Der Beschwerdeführer ersuchte um Neuberechnung des Benützungsentgeltes und Bekanntgabe jener erlaßmäßigen Regelung, die der in seinem Fall angewandten Berechnungsmethode zugrunde liege.
In der Folge setzte das Korpskommando I (belangte Behörde) unter Berufung auf diesen Antrag des Beschwerdeführers mit Dienstrechtsmandat vom 9. Jänner 1987 die Vergütung der vom Beschwerdeführer in Anspruch genommenen Sachleistungen (für den genannten Zeitraum) nach § 24 Abs. 1 GG mit S 2.237,-- fest. Begründend wies die belangte Behörde darauf hin, der Beschwerdeführer habe ab 1. Mai 1985 bis 29. November 1985 das Wohnheim nach Wegfall des Anspruches auf Trennungszulage "ohne entsprechenden Titel" benützt. Entgegen dem MilKdo sei die Dienstbehörde der Ansicht, daß bei Wegfall der Zuteilungs- bzw. Trennungsgebühr auch die Ansprüche nach der RGV wegfielen und daher das ermittelte Benützungsentgelt des MilKdo nach der RGV der rechtlichen Grundlage entbehre. Die Dienstbehörde ziehe stattdessen den Abschnitt II des Erlasses des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 25. Juni 1981, Zl. 31.060/78-3.3/81, heran, was zum vorgeschriebenen Betrag führe. Der Beschwerdeführer habe einerseits ohne Titel auf Grund seines und auch des Verschuldens des zuständigen Kasernkommandos im Wohnheim trotz Wegfalles der Voraussetzungen weiterhin gewohnt und daher (ab 1. Mai 1985) Sachleistungen nach § 24 Abs. 1 GG in Anspruch genommen; andererseits seien die Ansprüche nach der RGV durch Einstellung der Zuteilungs- bzw. Trennungsgebühr weggefallen.
Hierauf erließ das Bundesministerium für Landesverteidigung folgende Erledigung vom 20. Mai 1987, die nach der Beschwerde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gekommen ist:
"Widmung und Nutzung mil. Liegenschaften;
Dienstrechtsmandat KpsKdo I vom 09 01 1987, Zl. 506-1612/85/87 - Vergütungsvorschreibung von
Sachleistungen;
Gemäß § 68, Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 13, Abs 4 DVG 1984 wird das vom KpsKdo I als Dienstbehörde erlassene Dienstrechtsmandat vom 09 01 1987, Zl. 506-1612/85/87, mit sofortiger Wirkung aufgehoben.
Begründung:
Die nachgeordneten Dienstbehörden sind für bescheidmäßige Vergütungsfestsetzungen in Angelegenheiten der Dienst- und Naturalwohnungen zuständig.
Bei der gegenständlichen Vergütungsvorschreibung für Einbettzimmer (seinerzeit Ledigenunterkünfte - im mil. Liegenschaftsbereich als Kasernquartiere bezeichnet), handelt es sich jedoch um eine nicht in Bescheidform zu ergehende Maßnahme. Für die Aufhebung des Dienstrechtsmandats ist die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zuständig. Bgdr K wurde als Benützungsentgelt für die vom 01 05 1985 bis 29 11 1985 beanspruchte Sachleistung mit MilKdo W vom 12 06 86, Zl. 18.066-3700/85/86 ein Betrag von S 9.569,70 vorgeschrieben. Für diesen Zeitraum bereits geleistete Vergütungen sind von diesem Betrag in Abzug zu bringen.
20. Mai 1987
Für den Bundesminister
F
Verteiler:
KpsKdo I
MilKdo"
In der Folge forderte die Dienstbehörde erster Instanz (belangte Behörde) mit Schreiben vom 20. Jänner 1989 den Beschwerdeführer neuerlich auf, den Betrag von S 9.569,70 bis 27. Jänner 1989 bei der Buchhaltung des MilKdo einzuzahlen, widrigenfalls der Betrag von den Bezügen des Beschwerdeführers einbehalten würde.
In seinem an die Dienstbehörde erster Instanz gerichteten Schreiben vom 30. Jänner 1989 ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidmäßige Absprache (Feststellungsbescheid), da seiner Ansicht nach die Einforderung des Korpskommando I für die Benützung eines Kasernquartiers im strittigen Zeitraum nicht zu Recht bestehe. Der Beschwerdeführer zahlte auch in der Folge den geforderten Betrag nicht ein.
Hierauf wurde dieser Betrag laut Gehaltszettel im Mai 1989 vom Bezug des Beschwerdeführers in Abzug gebracht.
Gegen diese als Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gewertete Einbehaltung eines Betrages in der Höhe von S 9.569,70 richtet sich die vorliegende auf Art. 131a B-VG gestützte Beschwerde, wobei der Beschwerdeführer als belangte Behörde das Korpskommando I anführt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
Nach Art. 131a B-VG konnte bis zum Inkrafttreten der B-VG-Novelle 1988, BGBl. Nr. 685 (1. Jänner 1991) gegen die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person diese Beschwerde erheben, wenn sie durch die betreffende Maßnahme in ihren Rechten verletzt zu sein behauptete (vgl. nunmehr Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG).
Da der Bundesverfassungsgesetzgeber mit Art. 131a B-VG eine Lücke im Rechtsschutzsystem schließen, nicht aber Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes schaffen wollte, kann, was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, nicht Gegenstand einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nach Art. 131a B-VG sein, wobei die Zulässigkeit der Beschwerde insbesondere auch nicht von der (allenfalls längeren) Dauer des sonst zur Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehenden Verwaltungsverfahrens abhängt (vgl. dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1988, Zl. 88/04/0227). Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof u. a. die Unzulässigkeit einer Beschwerde nach Art. 131a B-VG z. B. dann als gegeben angenommen, wenn es der Partei freisteht, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, sofern dies im Einzelfall notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung ist (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9461/A, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Eine derartige Möglichkeit zur Durchsetzung seiner Rechte steht dem Beschwerdeführer jedoch, der letztlich die ungekürzte Auszahlung des ihm für den Monat Mai 1989 zustehenden Monatsbezuges erreichen will, zu: ein derartiger aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und § 7 GG (in Verbindung mit jenen den Monatsbezug des Beschwerdeführers regelnden Bestimmungen des GG) abgeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch ist mit Klage nach Art. 137 B-VG beim Verfassungsgerichtshof geltend zu machen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann die beklagte Gebietskörperschaft eine ihr zustehende, aber bestrittene Forderung (hier: Entgeltsanspruch des Bundes gegen den Beschwerdeführer wegen Benützung einer Räumlichkeit ohne Rechtsgrundlage für die Zeit vom 1. Mai bis 29. November 1985) jedenfalls dann nicht als aufrechenbare Gegenforderung geltend machen, wenn über diese Forderung im ordentlichen Rechtsweg oder durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden ist. Dem Verfassungsgerichtshof mangelt es an der Zuständigkeit über eine derartige Gegenforderung zu entscheiden insbesondere dann, wenn sich der Anspruch nicht gegen eine in Art. 137 B-VG genannte Partei richtet (siehe dazu VfSlg. 5001/1965, 5732/1968, 6198/1970, 7003/1973 und 8288/1978).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erübrigt sich im Beschwerdefall ein näheres Eingehen auf die Beschwerde, insbesondere auf die Rechtsnatur des vom Bund geltend gemachten Entgeltanspruches und die Frage, ob die Erledigung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 20. Mai 1987 das Dienstrechtsmandat des Korpskommandos I vom 9. Jänner 1987 rechtswirksam aufgehoben hat oder nicht.
Wegen des oben dargelegten Grundsatzes der Subsidiarität der Maßnahmebeschwerde war die vorliegende Beschwerde wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1989120116.X00Im RIS seit
25.01.2001Zuletzt aktualisiert am
29.04.2010