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63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;Norm
BDG 1979 §75;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 17. Jänner 1992, Zl. 106.965/7-III/18/91, betreffend Gewährung eines Karenzurlaubes nach § 75 BDG 1979, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Professor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist ein Bundesrealgymnasium.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 1991 beantragte der Beschwerdeführer, ihm für die Zeit vom 7. Jänner bis 6. April 1992 (drei Monate) wegen eines beabsichtigten Studienaufenthaltes in Australien einen Karenzurlaub nach § 75 BDG 1979 zu gewähren. In Abänderung bzw. Ergänzung dieses Ersuchens beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. Dezember 1991 die "Gewährung eines Karenzurlaubes für die Dauer des zweiten Semesters des Schuljahres 1991/92" und begründete dies ausführlich.
In den Votalausführungen zum angefochtenen Bescheid findet sich unter anderem folgender Hinweis:
"Gem. tel. Rücksprache des Genannten mit Abt. III/18 ist der Genannte im Sinne einer gleichmäßigen Behandlung ähnlicher Fälle mit der Gewährung eines KU bis zum Ende des Schuljahres 1991/92 d.i. der 13.9.92, einverstanden."
Auch in dem Begleitschreiben der belangten Behörde vom 17. Jänner 1992, mit dem der angefochtene Bescheid an den zuständigen Landesschulrat mit dem Ersuchen um Ausfolgung an den Beschwerdeführer übermittelt wurde, ist davon die Rede, der Beschwerdeführer habe seinen Antrag nach telefonischer Rücksprache mit der belangten Behörde "auf die Zeit einschließlich der Hauptferien ausgedehnt."
Der nunmehr angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 1992 lautet:
"BESCHEID
Auf Ihr Ansuchen vom 5. Dezember 1991 wird Ihnen im Rahmen des der Dienstbehörde eingeräumten freien Ermessens gemäß § 75 Absatz 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979, in der geltenden Fassung für die Zeit vom 10. Februar 1992 bis 13. September 1992 ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht
zulässig.
SONSTIGE BEMERKUNGEN
Die Zeit dieses Karenzurlaubes ist gemäß § 75 Absatz 2 leg. cit. für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
Dieser Beurlaubungszeitraum wird gemäß § 10 Absatz 4 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der geltenden Fassung, mit dem Tag des Wiederantrittes des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung wirksam."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 75 Abs. 1 BDG 1979 kann dem Beamten auf sein Ansuchen ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.
Nach § 58 Abs. 2 AVG - das AVG findet nach § 1 Abs. 1 DVG im Beschwerdefall Anwendung - sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Die vom § 58 abweichende Bestimmung des § 10 DVG kommt mangels Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen im Beschwerdefall nicht in Betracht.
§ 2 Abs. 2 des des Schulzeitgesetzes, BGBl. Nr. 77/1985 idF der Novelle BGBl. Nr. 144/1988 lautet (auszugsweise):
"(2) Das Schuljahr besteht aus dem Unterrichtsjahr (Z. 1) und den Hauptferien (Z. 2).
1.
Das Unterrichtsjahr umfaßt
a)
das erste Semester, welches mit dem Schuljahr beginnt und mit dem Anfang der Semesterferien endet;
b)
die Semesterferien in der Dauer von einer Woche, welche in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Wien am ersten Montag im Feber, in den Bundesländern Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg am zweiten Montag im Feber beginnen;
c)
das zweite Semester, welches an dem den jeweiligen Semesterferien folgenden Montag beginnt und mit dem Beginn der Hauptferien endet; für die letzte Stufe von Schulen, in welchen Reife-, Befähigungs- oder Abschlußprüfungen vorgesehen sind, endet das zweite Semester mit dem Tag vor dem Beginn der Klausurprüfung. ...
2.
Die Hauptferien beginnen in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Wien an dem Samstag, der frühestens auf den 28. Juni und spätestens auf den 4. Juli fällt, in den Bundesländern Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg an dem Samstag, der frühestens auf den 5. Juli und spätestens auf den 11. Juli fällt; sie enden mit dem Beginn des nächsten Schuljahres."
Der Beschwerdeführer ficht den Bescheid der belangten Behörde insoweit an, als ihm damit ein Karenzurlaub nach § 75 BDG 1979 über das Ende des Sommersemesters des Schuljahres 1991/92 hinaus "gewährt" und in Wahrheit gegen seinen Willen auferlegt worden sei.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht er geltend, er habe in seinem Antrag vom 5. Dezember 1991 ausdrücklich und ausschließlich die Gewährung eines Karenzurlaubes auf "die Dauer des 2. Semesters des Schuljahres 1991/92" begehrt. Da nach dem Schulzeitgesetz (§ 2) die Hauptferien nicht Bestandteil des zweiten Semesters seien, sei die Gewährung des Karenzurlaubes für die Zeit vom 12. Juli bis 13. September 1992 nicht von seinem Antrag gedeckt gewesen, da die Hauptferien (im Schuljahr 1991/92) in Salzburg am 11. Juli 1992 begonnen hätten. Die Gewährung des Karenzurlaubes für diesen Zeitraum sei auch mit beträchtlichen Nachteilen für ihn verbunden. Im übrigen sei er zum Beginn der Hauptferien längst wieder in Österreich und daher in der Lage, jene allfälligen Dienstpflichten, die während der Hauptferien anfallen könnten (§ 219 Abs. 3 BDG 1979) zu erfüllen. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht er geltend, der angefochtene Bescheid enthalte keine Begründung, obwohl seinem Antrag nicht vollinhaltlich stattgegeben worden sei.
Dem hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift entgegen, auf Grund der Aktenlage komme der Beschwerde deshalb keine Berechtigung zu, weil sich der Beschwerdeführer sowohl in einem Gespräch mit dem Sachbearbeiter als auch in einer telefonischen Rücksprache mit dem Abteilungsleiter nach Belehrung, im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller Dienstnehmer sei eine Beurlaubung nur bis zum Ende des Schuljahres 1991/92 möglich, (im Jänner 1992) mit dieser Vorgangsweise einverstanden erklärt habe. Auf Grund dieser Abänderung des Ansuchens vom 5. Dezember 1991 sei somit dem Ansuchen des Beschwerdeführers vollinhaltlich entsprochen worden.
Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.
Der angefochtene Bescheid bezieht sich nur auf den Antrag des Beschwerdeführers vom 5. Dezember 1992, in dem der Beschwerdeführer die Gewährung eines Karenzurlaubes für die Dauer des zweiten Semesters des Schuljahres 1991/92 beantragt hat. Das Schulzeitgesetz regelt den zeitlichen Rahmen des schulischen Unterrichtes und steht damit im untrennbaren Zusammenhang mit der wichtigsten Dienstpflicht des Lehrers, nämlich der Erteilung regelmäßigen Unterrichts (Lehrverpflichtung - vgl. §§ 211 ff BDG 1979). Wenn daher der Beschwerdeführer als Lehrer in seinem Ansuchen vom 5. Dezember 1991 nach § 75 BDG 1979 den Begriff "2. Semester" gebrauchte, ist bei objektiver Betrachtung davon auszugehen, daß er damit diesen Begriff im Sinne des Schulzeitgesetzes verwendete.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung des Beschwerdeführers, daß die Zeit des gewährten Karenzurlaubes im Ansuchen des Beamten seine Deckung finden muß, das heißt, jedenfalls dem Beamten nicht gegen seinen Willen ein Karenzurlaub von der Dienstbehörde gewährt werden darf, den er nicht begehrt hat. Dies stünde im Widerspruch zu den weitgehenden Rechtsfolgen, die die Gewährung des Karenzurlaubes notwendig (Entfall der Bezüge nach § 75 Abs. 1 BDG 1979) und im Normalfall (vgl. § 75 Abs. 2 mit der Nachsichtsmöglichkeit nach Abs. 3 BDG 1979 bzw. in diesem Zusammenhang insbesondere §§ 10 Abs. 1 Z. 3 und 4 GG 1956 und 6 Abs. 2 fünfter Satz PG 1965) nach sich zieht und belastete den Beamten mit einem von ihm im Zeitpunkt seiner Antragstellung nach § 75 Abs. 1 BDG 1979 gar nicht abschätzbaren Risiko. Zur Vermeidung von Mißverständnissen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß es der Dienstbehörde nicht verwehrt ist, den Karenzurlaub wegen seiner beantragten (zu kurzen oder zu langen) Dauer nicht zu gewähren, wobei dies im Fall des Entgegenstehens wichtiger dienstlicher Gründe rechtlich zwingend geboten ist.
Der angefochtene Bescheid enthält keinen Hinweis auf die von der belangten Behörde in der Gegenschrift unter Bezugnahme auf die Aktenlage vorgebrachte spätere (mündliche) Abänderung des schriftlichen Ansuchens des Beschwerdeführers. Bei Vorliegen einer solchen Änderung des Ansuchens des Beschwerdeführers wäre verständlich, weshalb die belangte Behörde ihren angefochtenen Bescheid nicht weiter begründet hat, lägen doch diesfalls - wie sie in ihrer Gegenschrift zutreffend hervorgehoben hat - die Voraussetzungen für den Entfall der Begründungspflicht nach § 58 Abs. 2 AVG vor. Im Beschwerdefall kann daher nach dem Aufbau des angefochtenen Bescheides nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde dem Gesetz entsprechend entschieden hat.
Ob dies zutrifft oder nicht, hängt aber davon ab, ob der Beschwerdeführer durch eine spätere Erklärung gegenüber der belangten Behörde seinen Antrag vom 5. Dezember 1991 dahingehend abgeändert hat, daß er den Karenzurlaub für den Rest des Schuljahres 1991/92 (also zweites Semester einschließlich der Hauptferien) begehrt hat oder ob er seinen Antritt nicht in dieser Richtung modifiziert hat. Die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erforderliche Klärung dieses zwischen den Parteien kontroversen Vorganges im Jänner 1992 kann aber mangels einer diesbezüglichen Begründung im angefochtenen Bescheid nicht vorgenommen werden.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992120060.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
30.09.2008