Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf, Dr. Sauberer, Dr. Kremla und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Juni 1992, Zl. MA 63-E 78/92, betreffend einen Taxilenkerausweis, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. März 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 27. Jänner 1992 auf Ausstellung eines Taxilenkerausweises gemäß § 32 Abs. 1 Z. 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr BGBl. Nr. 163/1986 (BO 1986) abgewiesen. Die Regelung verlange, daß der Antragsteller körperlich so leistungsfähig sei, daß er den sich aus der Eigenart des Gewerbes allenfalls ergebenden Verpflichtungen nachkommen könne. Laut amtsärztlichem Gutachten vom 6. März 1992 besitze der Beschwerdeführer diese Leistungsfähigkeit nicht.
In der Berufung brachte der unvertretene Beschwerdeführer vor, er sei körperlich und geistig in der Lage, den Anforderungen eines Taxilenkers zu entsprechen. Sodann wurde ihm das seinerzeitige Gutachten, wonach er "wegen der Körperbehinderung" nicht zum Lenken eines Taxis geeignet sei, zur Kenntnis gebracht, worauf er um Entscheidung der Berufungsbehörde ersuchte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Juni 1992 wies die belangte Behörde die Berufung ab. Nach § 32 Abs. 1 (zu ergänzen: Z. 2) BO 1986 müsse der Bewerber um einen Taxilenkerausweis nebst anderen Voraussetzungen körperlich so leistungsfähig sein, daß er den sich aus der Eigenart des Gewerbes für ihn allenfalls ergebenden Verpflichtungen, wie Verladen von Gepäck, Unterstützung körperlich behinderter Fahrgäste u.dgl., nachkommen könne. Aus dieser Bestimmung sei zu entnehmen, daß Taxilenker eine qualifizierte körperliche Leistungsfähigkeit aufweisen müssen. Da der Beschwerdeführer über diesen Grad der Leistungsfähigkeit nicht verfüge - wie der Amtssachverständige festgestellt habe -, wäre es nicht möglich, der Berufung Folge zu geben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der dem inhaltlichen Vorbringen nach Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft die Feststellung der belangten Behörde, daß er nicht über die erforderliche körperliche Leistungsfähigkeit verfüge, indem er die Beweiswürdigung rügt und insbesondere das Gutachten des Amtsarztes bekämpft. Er hinke zwar, doch sei er durchaus imstande, den an einen Taxilenker gestellten Anforderungen nachzukommen.
Dem Vorbringen kommt Berechtigung zu.
Das Gutachten eines Sachverständigen hat aus einem Befund und dem Urteil, dem Gutachten im engeren Sinn, zu bestehen. Hiebei hat der Befund alle jene Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung zu nennen, die für das Gutachten, das sich auf den Befund stützende Urteil, erforderlich sind. Dieses Urteil muß so begründet sein, daß es auf seine Schlüssigkeit hin überprüft werden kann (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., E. Nr. 43 zu § 52 AVG, S. 369).
Das Sachverständigengutachten vom 6. März 1992 enthält als Befund im wesentlichen nur den Hinweis auf eine Gehbehinderung nach einem Unfall, ohne dies aber näher und vor allem lesbar darzutun. Das Gutachten beschränkt sich auf die Ausführung, daß "der Untersuchte im Sinne der §§ 30 bis 35 der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe B-Taxi nicht geeignet gemäß § 69 des Kraftfahrgesetzes 1967" sei, und zwar "wegen der Körperbehinderung". Der Amtssachverständige setzt sich in keiner Weise damit auseinander, auf Grund welcher konkreter Tatsachen der Beschwerdeführer nicht die im § 32 Abs. 1 Z. 2 BO 1986 genannte körperliche Leistungsfähigkeit besitzt und läßt jedwede konkrete Darlegungen, die eine Überprüfung des Gutachtens auf seine Schlüssigkeit ermöglichen würden, vermissen. Die bloße Anführung "wegen der Körperbehinderung" nicht geeignet zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe B-Taxi wird den an ein Gutachten gestellten Anforderungen nicht gerecht. Die belangte Behörde hätte daher den Amtssachverständigen zu einer entsprechenden Ergänzung seines Gutachtens verhalten müssen.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Da der in der zitierten Verordnung für den Schriftsatzaufwand vorgesehene Pauschalbetrag auch die Umsatzsteuer miterfaßt, war das darüber hinausgehende Mehrbegehren abzuweisen.
Schlagworte
Anforderung an ein Gutachten Beweismittel Sachverständigenbeweis Beweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes FachgebietEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992030243.X00Im RIS seit
20.11.2000