Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ABGB §1356;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der X-AG in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 8. März 1991, Zl. Jv 3053-33/90, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Sacheinlagevertrag vom 3. September 1990 wurde entsprechend den Bestimmungen des § 8a KWG das gesamte Unternehmen einer (Vereins-)Sparkasse mit dem Sitz in N (in der Folge: Sparkasse) mit allen Aktiven und Passiven auf Grundlage der zum 31. Dezember 1989 erstellten Einbringungsbilanz mit dem zuletzt genannten Tag als Stichtag in die von der Sparkasse als alleinige Gründerin errichtete Beschwerdeführerin (eine Aktiengesellschaft mit Sitz in N, deren Satzung am 3. September 1990 festgestellt wurde) eingebracht. Diese Einbringung erfolgte nach Punkt Drittens (1) dieses Sacheinlagevertrages gegen Gewährung von "420.000,-- vinkulierten Namensaktien der" Beschwerdeführerin "im Nennbetrag von je S 1.000,-- Nominale". Gemäß Punkt Viertens
(3) blieb die einbringende Sparkasse bestehen.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinne des angefochtenen Bescheides) für die Eintragung der neugegründeten Beschwerdeführerin in das Firmenbuch (damals: Handelsregister; HRB nn) die Pauschalgebühr nach dem Gerichtsgebührengesetz (GGG) gemäß TP 10 I lit. a) Z. 3 mit 5,5 v.T. vom Grundkapital oder (im Sinne der Beschwerde) gemäß TP 10 I lit. e) mit S 2.080,-- zu bemessen ist.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der ursprünglich an ihn gerichtenen Beschwerde mit Beschluß vom 9. Oktober 1991, B 534/91, mit dem Hinweis abgelehnt, daß spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen waren, und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Über die sodann ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorliegen der Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:
Aufgrund des Abs. 2 des durch Abschnitt I Art. I Z. 20 des Bundesgesetzes vom 10. Juni 1986, BGBl. Nr. 325, eingefügten § 8a KWG können u.a. Sparkassen ihr gesamtes bankgeschäftliches Unternehmen oder den bankgeschäftlichen Teilbetrieb nur nach den nachfolgenden Bestimmungen in eine Aktiengesellschaft einbringen.
Gemäß § 8a Abs. 3 erster Satz KWG hat die Einbringung jeweils zum Ende eines Geschäftsjahres mit sämtlichen Aktiven und Passiven des eingebrachten Unternehmens als Sacheinlage zu Buchwerten zu erfolgen.
Nach § 8a Abs. 4 KWG ist die Einbringung nach diesen Bestimmungen nur zulässig u.a. lt. Z. 1 in eine zu errichtende Aktiengesellschaft als deren alleiniger Aktionär.
Aufgrund des § 8a Abs. 5 erster Satz KWG bewirkt die Einbringung den Rechtsübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.
Gemäß § 8a Abs. 9 erster und zweiter Satz KWG bleiben einbringende Sparkassen bestehen; hinsichtlich des eingebrachten bankgeschäftlichen Betriebes ist ihr Gegenstand auf die Vermögensverwaltung beschränkt.
Eine planwidrige Regelungslücke seit Inkrafttreten des § 8a KWG läßt sich nicht erkennen. Allein die Schaffung der Möglichkeit einer Einbringung eines bankgeschäftlichen Unternehmens in eine Aktiengesellschaft rechtfertigt noch nicht die Annahme, daß die Ausnutzung dieser Möglichkeit auch gebührenrechtlich gefördert werden müsse.
Die Beschwerdeführerin erschließt aus den Tatbestandselementen der lit. e) TP 10 (gemeinsam mit Anm. 6 zu TP 10), daß alle Umformungen mit Gesamtrechtsnachfolge von diesem Gebührentatbestand erfaßt werden und folgert daraus, daß die hier neu geschaffene Möglichkeit einer "Umwandlung mit Gesamtrechtsnachfolge" nur diesem Tatbestand unterstellt werden könne. Sie räumt aber selbst ein, daß von den unter TP 10 I lit. e) GGG zu subsumierenden Fällen die Gründung eines neuen Unternehmens nicht erfaßt ist.
Da die Sparkassen keine Eigentümer (Gesellschafter) haben, sieht das Gesetz auch bei Einbringung ihres gesamten Unternehmens oder ihres bankgeschäftlichen Teilbetriebes ihren Fortbestand als Holding vor. Wenngleich hier der Sache nach eine gewisse Ähnlichkeit mit einer formwechselnden Umwandlung angenommen werden könnte, ist vor allem der Unterschied hervorzuheben, daß am Ende der Gründung der Aktiengesellschaft zwei Rechtsträger bestehen, bei der Formumwandlung aber nur einer (hg. Erkenntnis vom 17. September 1992, Zl. 91/16/0085 m. w.N.). Allein der Umstand, daß mit der hier beschwerdeführenden Aktiengesellschaft ein weiteres Rechtssubjekt geschaffen wurde, schließt jeden anderen Gebührentatbestand als jenen der TP 10 I lit. a) Z. 3 GGG (Eintragungen der Firma bei Aktiengesellschaften) aus.
Die von der Beschwerdeführerin behauptete unsachliche Differenzierung läßt sich deshalb nicht erkennen, weil dem Umstand, daß anstelle von vorher einem nunmehr zwei Rechtsträger existieren, gerade im Hinblick auf die konstitutive Wirkung der Firmenbucheintragung entscheidende Bedeutung zukommt. Die bestehenbleibende Sparkasse ist im übrigen nicht nur Verwalterin der Aktien, sie haftet weiterhin als Ausfallsbürgin für alle Verbindlichkeiten der AG.
Die vorliegende Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991160116.X00Im RIS seit
24.10.2001