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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
FinStrG §13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des R in G, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 6. Mai 1991, Zl. 24/46/2-GA 6-Zo/89, betreffend Finanzvergehen der Verzollungsumgehung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund den Vorlageaufwand von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis vom 5. Juni 1989 erkannte der Spruchsenat beim Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer schuldig, er habe es
in der Zeit vom 5. Juni 1979 bis 1982 als für den Versand von Briefmarken bei der Firma A.L. in M. Verantwortlicher unterlassen, die für den Versand von Briefmarken nach Österreich notwendigen Zollerklärungen mit Wertangabe den einzelnen Einschreibesendungen (Warensendungen) beizugeben, wodurch er fahrlässig bewirkt habe, daß Waren (Sammlerbriefmarken, Feldpostkarten, Altbriefe etc.) im Gesamtzollwert von S 490.402,62, worauf Eingangsabgaben in Höhe von S 88.272,-- (EUSt) entfielen, unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen wurden;
er habe hierdurch das Vergehen der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 FinStrG begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt wurde.
Hinsichtlich des Vorwurfes des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG in Ansehung von Warensendungen in der Zeit von 1976 bis 5. Juni 1979 erging ein Freispruch.
Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid insoferne statt, als sie die bis zu ihrem Entscheidungszeitpunkt eingetretene Verjährung berücksichtigte und mit einem Freispruch hinsichtlich der Warensendungen vom 5. Juni 1979 bis 6. Mai 1981 vorging. Daher wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe im November 1981 als für den Versand von Briefmarken bei der Firma A.L. in M, Verantwortlicher es unterlassen, die für den Versand von Briefmarken nach Österreich notwendigen Zollerklärungen mit Wertangaben den einzelnen Einschreibesendungen (Warensendungen) beizugeben, wodurch er fahrlässig bewirkt habe, daß fünf Sendungen mit Rechnungsdaten
19. und 20. November 1981 von Sammlerbriefmarken, Feldpostkaren, Altbriefen etc. im Gesamtzollwert von
S 18.002,39, auf die Eingangsabgaben von S 3.240,-- (EUSt) entfielen, unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen wurden; er habe hiedurch das Finanzvergehen der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 FinStrG begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt wurde.
Über die gegen den verurteilenden Teil dieser Berufungsentscheidung erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch den Bundesminister für Finanzen erwogen:
Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, er habe durch Unterlassung der für den Versand von Briefmarken dieses Wertes nach Österreich notwendigen Zollerklärungen bewirkt, daß die nicht von der Stellung befreiten Markensendungen nicht dem Zollverfahren unterzogen wurden. Er vermeint nun, es liege keine Inlandstat vor.
Gemäß § 5 Abs. 1 FinStrG ist ein Finanzvergehen nur strafbar, wenn es im Inland begangen worden ist. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist ein Finanzvergehen im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder wenn der dem Tatbild entsprechende Erfolg im Inland eingetreten ist; die Wortfolge: "oder nach der Vorstellung des Täters hätte eintreten sollen" bezieht sich allein auf den Versuch (Fellner, Finanzstrafgesetz I, Anmerkung 5 zu § 5 FinStrG Ergänzung 2 A bis 3 A, September 1992). Der dem Tatbild entsprechende Erfolg, daß die Ware dem Zollverfahren entzogen wurde, ist im Inland eingetreten, sodaß eine Inlandstat gegeben ist.
Gemäß § 46 Abs. 1 des hier zur Anwendung gelangenden Zollgesetzes 1955 (im folgenden: ZollG) wird grundsätzlich jede Ware, die über die Zollgrenze eintritt, zollhängig und unterliegt dem Zollverfahren. "Waren" im Sinne des ZollG sind bewegliche körperliche Sache aller Art. Gemäß § 3 Abs. 2 ZollG finden auf die neben den Zöllen zur Erhebung gelangenden sonstigen Abgaben die Bestimmungen des ZollG sinngemäß Anwendung.
Nach § 1 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 unterliegt der Umsatzsteuer die Einfuhr von Waren im Sinne des ZollG (Einfuhrumsatzsteuer); eine Einfuhr liegt vor, wenn die Ware aus dem Zollausland in das Zollgebiet gelangt. Durch den Verweis im Umsatzsteuergesetz 1972 auf das ZollG ist sichergestellt, daß für Zoll und Einfuhrumsatzsteuer der gleiche, nämlich der zollrechtliche Warenbegriff anzuwenden ist. Daß darunter auch die streitgegenständlichen, der damaligen Zolltarifnummer 99.04 zu unterstellenden Briefmarken, welche einem Steuersatz von 18 v. H. der Bemessungsgrundlage unterlagen, fallen, bedarf keiner näheren Darlegung.
Gemäß § 174 Abs. 3 lit. a erster Fall ZollG entsteht die Zollschuld kraft Gesetzes für den, der über eine einfuhrzollpflichtige zollhängige Ware erstmalig vorschriftswidrig so verfügt, als wäre sie im freien Verkehr. "Erstmalig vorschriftswidrig" verfügt der Versender, der die gesetzlich geforderte Beigabe einer Zollerklärung unterläßt und solcherart bewirkt, daß die nicht von der Stellung befreiten Briefmarken nicht der für sie vorgesehenen Zollkontrolle unterzogen werden (hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1982, Zl. 82/16/0095, 82/16/0096). Liegen auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale vor, dann hat der Versender finanzstrafrechtlich je nach der Schuldform entweder das Finanzvergehen des Schmuggels (§ 35 Abs. 1 FinStrG) oder der Verzollungsumgehung (§ 36 Abs. 1 FinStrG) zu vertreten (hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1987, Zl. 87/16/0090).
Daß der Beschwerdeführer "vorschriftwidrig" handelte, ergibt sich aus § 50 (1) ZollG in Verbindung mit den §§ 154 Abs. 2 und 3 und § 153 Abs. 2 lit. a ZollG, wonach der Versender eine Zollerklärung beilegen mußte.
Unabhängig von der Frage, ob derartige Sendungen überhaupt in Briefen erfolgen dürfen, hat der Beschwerdeführer zumindest durch Unterlassung der Beachtung dieser Bestimmungen eine zollrechtliche Erklärungspflicht verletzt, sodaß die eingangsabgabenpflichtige Ware dem Zollverfahren entzogen wurde.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers zur subjektiven Tatseite vermögen gleichfalls nicht zu überzeugen:
Die Ausfüllung dieses Klebezettels bedarf keiner zoll- oder umsatzsteuerrechtlichen Kenntnisse; welche Verfügungen die Empfänger getroffen haben, ist für die Beurteilung der Schuld an der durch die Unterlassung der Zollerklärung begangenen Tat ohne Belang.
Gemäß § 8 Abs. 2 FinStrG handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetlichen Tatbild entspricht. Gemäß § 9 zweiter Satz FinStrG wird dem Täter Fahrlässigkeit dann nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat eine entschuldbare Fehlleistung unterlief. Der Beschwerdeführer bestreitet gar nicht, daß er als Markenhändler ständig im Exportgeschäft tätig ist. Seine Verantwortung, französische Kunden hätten derartige Aufkleber gewünscht, österreichische Kunden aber nicht, vermag ihn nicht zu entschuldigen. Im übrigen hätte der Beschwerdeführer beim Export in einen Staat außerhalb der Europäischen Gemeinschaften mit weitergehenden Förmlichkeiten rechnen müssen. Daß der Export von Waren mit gewissen Förmlichkeiten verbunden ist, mußte ihm aufgrund seiner gewerblichen Tätigkeit bekannt sein; seine offenbare Annahme, derartige Förmlichkeiten entfielen alleine deshalb, weil diese Waren so klein wären, daß sie in Briefumschlägen Platz fänden, übersteigt die Grenze zur entschuldbaren Fehlleistung bei weitem.
Der Verfahrensrüge ist zu erwidern, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides durch die Angabe "im November 1981" den Erfordernissen des § 138 Abs. 2 lit. a FinStrG entspricht; in der Begründung wird ausgeführt, daß die Lieferdaten nur im Ausmaß von Tagen von den Rechnungsdaten abwichen. Die festgestellten Rechnungsdaten 19. und 20. November 1981 bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Damit steht aber fest, daß die Versendung und damit die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verletzung von Erklärungspflichten im November 1981 erfolgte. Im Hinblick auf das Entscheidungsdatum der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz stellt sich die Frage der Verjährung nicht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991160084.X00Im RIS seit
20.11.2000