TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/26 91/17/0130

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Veröffentlicht am 26.03.1993
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Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
L37049 Ankündigungsabgabe Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

ABGB §1090;
AnkündigungsabgabeG Wr 1983 §3 Abs1 Z4;
BAO §28;
BAO §29;
BAO §31;
GewO 1973 §40 impl;
LAO Wr 1962 §26;
LAO Wr 1962 §27;
LAO Wr 1962 §29;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der XY-GmbH in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 18. Juni 1991, Zl. MD-VfR-A 44/91, betreffend Ankündigungsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war unter ihrer früheren Firma "Z-Gesellschaft m.b.H." Inhaberin mehrerer Tankstellen in W, die sie unterdessen der "Z-Aktiengesellschaft" übertragen hat. Die Liegenschaften, auf denen sich die Tankstellen befunden haben, standen entweder im Eigentum der Beschwerdeführerin oder waren von ihr gemietet worden. Mit den Tankstellenbetreibern hatte die Beschwerdeführerin Verträge auf der Grundlage eines Mustervertrages geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:

"I. Tankstelle

1.

Wir übernehmen für die Dauer dieses Abkommens die Verwaltung der auf dem Grundstück ......................... errichteten Tankstelle mit dem damit verbundenen Geschäftsbetrieb.

2.

Zur Tankstelle gehören die mit dem Grund und Boden verbundenen Bauten und sonstigen Anlagen sowie das bewegliche Inventar laut beiliegender Aufstellung, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Abkommens bildet.

3.

Wir werden die Verwaltung der Tankstelle mit der Sorgfalt eines ordentlichen Tankstellenverwalters durchführen, insbesondere ...

An den zur Tankstelle gehörenden Bauten und Anlagen werden wir ohne Ihre Zustimmung keine Veränderungen vornehmen.

4.

...

5.

Auf dem Gelände der Tankstelle werden wir anderweitige Tätigkeiten nur mit Ihrer Einwilligung ausüben.

6.

Es steht Ihnen frei, die Anlagen jederzeit durch einen Beauftragten prüfen zu lassen.

7.

Wir besitzen die für unsere Agententätigkeit, für den Handel mit Autoschmierstoffen und KFZ-Zubehör, sowie für den Wasch- und Schmierdienst erforderlichen gewerblichen Berechtigungen.

II. Instandhaltung und Reinhaltung

1. Zu unseren Lasten gehen:

A) Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie hierfür

anfallende Kosten betreffend

a)

Beleuchtung der Tankstelle und aller ihrer Räume...,

b)

sämtliche Glasschäden ...,

c)

Reparatur und Instandhaltung von Einrichtungen der Toilletten- und Waschräume,

d)

Instandhaltung von Wasser- und Luftschläuchen, Matten und Läufern,

e)

Instandhaltung der Grünflächen und der gärtnerischen Anlagen ...

B) Reinhaltungsarbeiten sowie hierfür anfallende Kosten

betreffend

a)

Reinigung der Fahrbahnen und Abstellflächen sowie der vor dem Tankstellengrundstück gelegenen öffentlichen Gehwege einschließlich der Schneeräum- und Streupflicht bzw. Übernahme der dadurch verursachten Kosten,

b)

Reinigung der Schlammfänge, Benzinabscheider, Kläranlagen sowie der Waschräume bzw. Übernahme der dadurch verursachten Kosten,

c)

Tragung der Kosten der für die Reinhaltung von a) und b) benötigten Reinigungs- und Waschmittel.

C) Andere Kosten

a)

Übernahme der Rauchfangkehrergebühren und Kosten der Müllabfuhr,

b)

Tragung der Kosten für die Entfernung ausgelaufener oder auslaufender Treibstoffe oder Schmiermittel sowie der Kosten für etwaige notwendige Sanierung im Sinne des Umweltschutzes der Grundwasserreinhaltung (Reinigung) sowie Kosten, welche aus ähnlichen Gründen anfallen, außer diese Kosten sind durch Fehler an Ihren Anlagen entstanden, soferne diese Fehler nicht durch unsachgemäße Bedienung unsererseits entstanden sind, außer diese Kosten sind durch Verschulden des Personals der Z-Aktiengesellschaft (z.B. Tankwagenfahrer) entstanden.

2.

Instandsetzungen an den übrigen von Ihnen zur Verfügung gestellten Einrichtungen dürfen nur durch Ihre Beauftragten vorgenommen werden. Diese Instandsetzungen gehen zu Ihren Lasten, falls die entstandenen Schäden nicht durch uns oder unsere Hilfskräfte verursacht worden sind. Insbesonders nehmen wir jedoch zur Kenntnis, daß Kosten für solche Schäden an Zapfschläuchen, welche durch Überfahren von Zapfschläuchen entstanden sind, von uns zu tragen sind.

3.

Für alle Instandsetzungen oder Neuanschaffungen, soweit sie von Ihnen zu tragen sind, bedarf es grundsätzlich Ihrer schriftlichen Genehmigung. In besonders gelagerten Fällen, die sofortige Maßnahmen erforderlich machen, sind wir verpflichtet, uns hierüber vor Ergreifung solcher Maßnahmen telefonisch mit Ihnen in Verbindung zu setzen.

III. Bedienung

1.

Um den Absatz der Tankstelle im beiderseitigen Interesse zu fördern, werden wir bei der Bedienung der Tankstelle Ihre Ratschläge und Ihre Verkaufsrichtlinien befolgen, die den Ihrerseits gesammelten Erfahrungen entsprechen.

2.

Um ein einheitliches Bild zu gewährleisten, stellen Sie uns die Arbeitskleidung für unser Bedienungspersonal gegen Kostenersatz zur Verfügung. ...

3.

Das von uns beschäftigte Personal hat in seiner fachlichen Eigenschaft und in seinen geistigen und moralischen Qualitäten den üblichen Anforderungen zu entsprechen. ...

4.

...

5.

Wir verpflichten uns, die Tankstelle täglich, sieben Tage in der Woche, von ..... bis ....., und je nach Straßenfrequenz im Bedarfsfalle länger offen zu halten. ...

6.

...

IV. Werbung

1.

Sie sind bemüht, den Absatz der von Ihnen oder der durch Ihre Vermittlung gelieferten Erzeugnisse durch Ihre Qualität und durch Werbung verschiedener Art zu fördern. Wir werden Sie hierbei tatkräftig unterstützen.

2.

Alle Werbemaßnahmen bedürfen Ihrer vorherigen schriftlichen Zustimmung. Werbematerial wird jeweils Ihrem Wunsch entsprechend verwendet.

V. Waren-Anlieferung

...

VI. Verkaufsbedingungen

1.

Die Treibstoffe sind im Namen und für Rechnung und demgemäß zu den von der Z-Aktiengesellschaft festgesetzten Detailpreisen zu verkaufen und verbleiben bis zur Eigentumsübertragung an die Letztverbraucher im uneingeschränkten Eigentum der Z-Aktiengesellschaft.

2.

Der Verkauf der Treibstoffe hat grundsätzlich nur auf Barzahlung zu erfolgen ...

3.

Die von uns verkaufte und/oder verbrauchte Treibstoffmenge haben wir Ihnen täglich mit Abrechnungsformular bekanntzugeben und den entsprechenden Gegenwert täglich bar abzuführen.

...

VII. Vertrieb von Autoschmierstoffen und KFZ-Zubehör

...

Hinsichtlich der von Ihnen gelieferten Autoschmierstoffe, sowie von uns bei Dritten eingekauftem Autozubehör sind wir Eigenhändler. Sie sind berechtigt, uns den Vertrieb von KFZ-Zubehör zur Gänze oder teilweise ohne Angabe von Gründen, jedoch unter Einräumung einer angemessenen Aufbrauchfrist für Lagerware, zu untersagen.

...

VIII. Vergütung

1.

Als Entgelt für die Erfüllung der durch dieses Abkommen übernommenen Verpflichtungen erhalten wir von Ihnen eine Vergütung, welche sich bei Bestehen einer zwingenden Preislenkung nach dieser richtet.

Besteht keine zwingende Preislenkung, werden Sie im Rahmen der Branchenüblichkeit eine jeweils angemessene Vergütung festsetzen.

2.  Wir erhalten z.Zt. für verkaufte Mengen folgende

    Vergütungssätze

    a) für Super ............. pro 100 Liter S ............

    b) für Normalbenzin ...... pro 100 Liter S ............

    c) für Diesel ............ pro 100 Liter S ............

    d) für Heizöl ............ pro     l     S ............

    e) für Flüssiggas ........ pro     l     S ............

       ..................

jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer.

3.

Sie sind insbesonders auch berechtigt, im Falle von Preisänderungen, Änderungen oder Neueinführungen öffentlicher Abgaben, Transportausgleichsätze, Frachten, etc. durch die die Treibstoffe belastet werden, eine Kürzung der Vergütungssätze vorzunehmen.

4.

...

5.

Aus der vereinnahmten Vergütung haben wir alle sich aus dem Vorhandensein und dem Betrieb der Tankstelle ergebenden Kosten, z.B. für Bedienung, Beleuchtung und sonstigen Stromverbrauch, Wasser, Gas, Heizung, Telefon, Porto, Beschaffung von Hilfsmitteln für den Kraftfahrzeug-Pflegedienst, Müllabfuhr, Schornsteinfegergebühren, Reinigung der Tankstelle, Reinigungskosten für Abwässer usw. zu bestreiten.

...

6.

Die sich aus unserem Gewerbebetrieb ergebenden Steuern haben wir pünktlich abzuführen. In diesem Zusammenhang erklären wir, stets eine ordnungsgemäße Buchhaltung zu führen.

IX. Konkurrenzverbot

Wir verpflichten uns, neben den von Ihnen angelieferten Treibstoffen und Heizöl keine Konkurrenzprodukte zu vertreiben und auch in jenen Sparten, in denen wir als Eigenhändler tätig sind, keine Konkurrenzfirma, es sei denn mit Ihrer ausdrücklichen schriftlichen Genehmigung des Lieferanten heranzuziehen.

...

X. Kaution

...

XI. Vertragsdauer

...

Das Vertragsverhältnis ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann von jedem der beiden Partner unter Einhaltung einer sechswöchigen Kündigungsfrist jeden Monatsletzten, ohne Angabe von Gründen, aufgekündigt werden.

Bei Auflösung haben wir das übernommene Inventar in ordentlichem Zustand zurückzustellen und die Anlage zu räumen. Etwaige zu diesem Zeitpunkt vorhandene Warenvorräte, soweit sie von Ihrer Firma geliefert werden, sind mengenmäßig mit den zum Zeitpunkt der Lieferung festgehaltenen Preisen zu verrechnen.

Es steht uns nicht das Recht zu, die uns zur Verwaltung übergebene Tankstelle samt Nebenbetrieben in irgendeiner Weise an Dritte weiterzugeben.

XII. Vorzeitige Vertragsauflösung

...

XIII. Verwendung des Markennamens

Wir nehmen ebenfalls zur Kenntnis, daß der Markenname "Z" in jedem Fall nur den Wünschen und der Widmung der Firma Z-Aktiengesellschaft entsprechend Verwendung finden darf. Für jegliche Sonderverwendung des Firmennamens "Z" muß daher für den Einzelfall die schriftliche Genehmigung der Firma Z-Aktiengesellschaft eingeholt werden.

Dies bezieht sich insbesondere auch auf den Schriftverkehr und auf alle Werbemaßnahmen, Sonderaktion und ähnlich gelagerte Fälle.

...

XV. Rechtsnachfolge und Markenänderung

...

Es steht Ihnen jederzeit das Recht zu, Verfügungen hinsichtlich der Ihr ausschließliches Eigentum bildenden Tankstelle zu treffen, insbesondere Ihre Hausfarben oder die Marke und ebenso die angeschriebenen Verkaufspreise an den Zapfsäulen nach Ihrem Belieben und ohne unsere besondere Zustimmung zu ändern.

Datum ......... Unterschrift: ............."

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin für Ankündigungen mittels Leuchtkästen, Neonanlagen, Schildern und Fahnen auf dem Gelände der jeweils betroffenen, in Wien gelegenen Tankstellen "bzw. auf Betriebsobjekten derselben, nicht jedoch auf Betriebsmitteln" der Beschwerdeführerin (z.B. Zapfsäulen) Ankündigungsabgaben für den Zeitraum von Juli 1985 bis März 1987 unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der §§ 1, 4 Abs. 1, 5, 6 Abs. 2 und § 8 Abs. 4 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien, veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 23. Mai 1985, Nr. 21 (in der Folge kurz: Verordnung), zur Zahlung vorgeschrieben. Dies im wesentlichen mit der sinngemäßen Begründung, daß die Tankstellen nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von selbständigen Kaufleuten, die für sich steuerpflichtig seien (in der Folge kurz: Stationäre), betrieben worden seien und daß deren Betrieb der Beschwerdeführerin nicht zugerechnet werden könne, wofür vor allem spreche, daß die Stationäre nicht Dienstnehmer der Beschwerdeführerin gewesen seien (für die Selbständigkeit der Stationäre spreche neben ihrer eigenen, vertragsmäßig bedungenen Gewerbeberechtigung die ihnen gewährte umsatzabhängige Vergütung). Die Abgabenbefreiung des § 3 Abs. 1 Z. 4 der Verordnung sei daher auf die Beschwerdeführerin nicht anwendbar. Hinsichtlich der Ankündigungen stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid noch fest, daß sie nicht den Geschäftsbetrieb der jeweiligen Tankstelle betroffen und auch keine Hinweise auf diesen enthalten hätten, sondern daß ausschließlich für die von der Beschwerdeführerin hergestellten und vertriebenen Produkte geworben worden sei. Da für die Ankündigungen kein Entgelt gefordert worden sei, seien die Abgaben gemäß § 5 der Verordnung durch Vergleich für ähnliche Ankündigungen festzusetzen gewesen. Die weiters im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, daß der von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren gestellte Antrag auf Aussetzung der Einhebung gegenstandslos geworden sei, wird vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht verletzt, daß ihr nicht entgegen der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 4 der Verordnung Ankündigungsabgaben vorgeschrieben werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983 in der Stammfassung sind Ankündigungen des Geschäftsbetriebes des Ankündigenden vor oder in seinen Geschäftsräumen, an seinen Waren oder Betriebsmitteln oder an dem Gebäude, in dem sich sein Geschäftslokal befindet, sofern sie nur diesen Geschäftsbetrieb betreffen, von der Abgabe befreit.

§ 3 Abs. 1 Z. 4 der Verordnung enthält eine mit dieser gesetzlichen Regelung vollkommen übereinstimmende Regelung.

Im Beschwerdefall steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Streit, ob die abgabengegenständlichen Ankündigungen den Geschäftsbetrieb der Beschwerdeführerin betroffen haben. Die belangte Behörde verneint diese Rechtsfrage wegen der selbständigen Gewerbetätigkeit der Stationäre und weist in ihrer Gegenschrift darauf hin, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem ebenfalls eine Wiener Ankündigungsabgabe betreffenden Erkenntnis vom 14. August 1991, Zl. 86/17/0008, die Dispositionskette als unterbrochen angesehen hat, wenn sich ein Unternehmer zur Durchführung seines Betriebsprozesses anderer, rechtlich selbständiger Unternehmer bedient.

Hiezu sei vorweg bemerkt, daß sich dieser Rechtssatz auf ein damals beschwerdeführendes Speditionsunternehmen bezieht, das für Ankündigungen auf Lastkraftwagen eines Frächters, dessen sich das Speditionsunternehmen bedient hatte, die in Rede stehende Abgabenbefreiung beanspruchte. Damals war selbst nach Auffassung der damaligen Beschwerdeführerin unbestritten, daß die Lastkraftwagen IN DEN BETRIEB DER FRÄCHTER UND NICHT IN JENEN DER BESCHWERDEFÜHRERIN eingegliedert waren und daß über sie von den Frächtern als Unternehmer disponiert wurde. In diesem Punkt unterscheidet sich der damalige Beschwerdefall vom nunmehrigen wesentlich, was aus folgenden Gründen zu einem anderen Ergebnis führt:

Da weder das Wiener Ankündigungsabgabegesetz noch auch die auf dieser Grundlage ergangene Verordnung den Begriff "Geschäftsbetrieb" definiert, aber dieser Begriff in § 29 WAO im zusammengesetzten Begriff "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" vorkommt, läßt sich der Inhalt des Begriffes "Geschäftsbetrieb" anhand der WAO bestimmen. In den §§ 26 und 29 WAO wird ebenso wie in den §§ 28 und 31 BAO eine selbständige, nachhaltige Betätigung unter der Voraussetzung, daß sie sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, daß sie mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und daß sie nicht einer anderen betrieblichen Einkunftsart im Sinne des Einkommensteuerrechtes zuzuordnen ist, als GEWERBEBETRIEB bezeichnet; hingegen stellt eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die ohne Gewinnabsicht unternommen wird, einen WIRTSCHAFTLICHEN GESCHÄFTSBETRIEB im Sinne der Abgabenvorschriften dar, wenn durch die Betätigung Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die Betätigung über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht.

Daraus läßt sich schließen, daß der Gewerbebetrieb im Sinne der WAO eine Unterart des Geschäftsbetriebes ist.

Der von der Beschwerdeführerin im Streitzeitraum unterhaltene Gewerbebetrieb stellt nach dem Gesagten zugleich einen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 4 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983 und im Sinne der entsprechenden Verordnungsbestimmung dar.

Da auch die Stationäre im Beschwerdefall unbestrittenermaßen eigene Gewerbebetriebe (Geschäftsbetriebe) unterhalten haben und von "Ankündigungen DES GESCHÄFTSBETRIEBES DES ANKÜNDIGENDEN VOR ODER IN SEINEN GESCHÄFTSRÄUMEN, an seinen Waren oder Betriebsmitteln ODER AN DEM GEBÄUDE, IN DEM SICH SEIN GESCHÄFTSLOKAL BEFINDET," ebenso wie bei einer Betriebsstätte eines Gewerbebetriebes nur bei Vorhandensein einer FESTEN ÖRTLICHEN ANLAGE DES BETRIEBSINHABERS gesprochen werden kann, ist auch § 27 WAO von Bedeutung. Nach dieser Bestimmung ist als Betriebsstätte im Sinne der Abgabenvorschriften jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Gewerbebetriebes dient, anzusehen; als Betriebsstätten gelten gemäß Abs. 2 lit. b leg. cit. insbesondere auch Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Warenlager, Ein- und Verkaufsstellen, Landungsbrücken (Anlegestellen von Schiffahrtsgesellschaften), Geschäftsstellen und sonstige Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung des Gewerbes dienen.

Vorbild für die mit § 27 WAO inhaltsgleiche Regelung in § 29 BAO war § 16 Steueranpassungsgesetz.

PHILIPP lehrt in seinem Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Tz 300 zu § 1, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des REICHSFINANZHOFES, daß grundsätzlich die Betriebsstätte, die ein Kommissionär, Makler oder Handelsagent für seinen Betrieb unterhält, nicht gleichzeitig Betriebsstätte des ihn beauftragenden Unternehmens ist. Damit dies der Fall sein könne, müßten besondere Umstände hinzukommen. ES MÜSSE EINE

GEWISSE ABHÄNGIGKEIT DES VERTRETERS VOM VERTRETENEN BESTEHEN,

UND ES MÜSSE ÜBER EINRICHTUNGEN VERFÜGT WERDEN, DIE DEM

AUFTRAGGEBER GEHÖRTEN. AUCH EINE TANKSTELLE, DIE DEM

MINERALÖLUNTERNEHMEN GEHÖRE, BEGRÜNDE FÜR DIESES EINE

BETRIEBSSTÄTTE, SELBST WENN SIE VON EINEM TANKWART BETREUT

WERDE, DER SELBST EIN UNTERNEHMERRISIKO TRAGE UND DAHER

STEUERLICH ALS SELBSTÄNDIGER UNTERNEHMER ZU BEHANDELN SEI.

Lediglich bei Verpachtung der Tankstelle mangle es dem Mineralölunternehmen an der Verfügungsmacht über die Einrichtungen der Tankstelle, in welchem Fall dann keine Betriebsstätte für sie vorliege.

Da sich im Beschwerdefall aus den Bestimmungen des Mustervertrages eindeutig ergibt, daß die Stationäre die Tankstellen der Beschwerdeführerin auf deren Rechnung und nach deren Weisungen geführt haben und nur hinsichtlich des Zubehörs selbständige Unternehmer waren, liegen alle Voraussetzungen für die ANNAHME EINES GESCHÄFTSBETRIEBES DER BESCHWERDEFÜHRERIN MIT

SICH JEWEILS AUF DIE TANKSTELLENGEBÄUDE BZW.

TANKSTELLENRÄUMLICHKEITEN ERSTRECKENDEN FESTEN ÖRTLICHEN

ANLAGEN vor. Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ferner selbst festgestellt hat, daß die abgabengegenständlichen Ankündigungen nicht den Geschäftsbetrieb des jeweiligen Stationärs, sondern ausschließlich den der Beschwerdeführerin betroffen haben, weil ausschließlich die von dieser hergestellten und vertriebenen Produkte beworben wurden, standen der Beschwerdeführerin die von ihr beanspruchten Abgabenbefreiungen zu. Dadurch, daß die belangte Behörde ihr diese Befreiungen versagt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; der Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebührenersatz war nur hinsichtlich der zur Beschwerdeführung notwendigen Urkunden zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991170130.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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