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55 Wirtschaftslenkung;Norm
ViehWG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Juni 1991, Zl. 17.355/185-IA7b/91, betreffend Haltungsbewilligung nach dem Viehwirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 19. September 1990 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Bezugnahme auf § 13 Viehwirtschaftsgesetz 1983, BGBl. Nr. 621, idgF (VWG) den Antrag auf "Erteilung einer Bewilligung auf die Haltung von mehr als 100 % in der Mutterkuhhaltung"; dies mit der Begründung, daß durch eine solche Bewilligung die Erhaltung der bäuerlichen Veredelungsproduktion nicht gefährdet würde, weil durch die in Aussicht genommene Haltung der Fleischrinderrassen Galloway und Luing hochwertiges Steakfleisch, welches Österreich noch immer zu tausenden Tonnen importiere, auch im Inland produziert werden könnte. Die Tierhaltungsbewilligung sei in dem beantragten Ausmaß erforderlich, um nicht in den Nebenerwerb ausweichen zu müssen.
Die belangte Behörde brachte hierauf dem Beschwerdeführer das Ergebnis der von ihr eingeholten Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich und der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft zur Kenntnis und ließ hiebei erkennen, daß sie dem Antrag für den Fall seiner Aufrechterhaltung nicht stattgeben werde.
In seiner Stellungnahme vom 31. Jänner 1991 vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, daß bei der Haltung der Fleischrinderrassen Galloway und Luing die Situation am "allgemeinen Rindfleischmarkt" nicht tangiert werde. Der Beschwerdeführer erklärte sich auch damit einverstanden, daß ihm die beantragte Tierhaltungsbewilligung unter der "Auflage erteilt wird, daß die Haltung von Rindern ausschließlich auf den der extensiv zu haltenden Fleischrinderrassen beschränkt wird".
In der Stellungnahme der Abteilung II C 13 des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Februar 1991 wurde unter anderem darauf hingewiesen, daß § 13 VWG bei der Aufzählung von Tierarten nicht nach Tierrassen unterscheide. Die Verwendung einer bestimmten Rinderrasse zur Fleischproduktion sei allein auch noch kein Garant dafür, daß tatsächlich qualitativ hochwertiges Rindfleisch erzeugt werde, da dafür noch eine Reihe von anderen Faktoren bestimmend sei. Auch bei den Rinderassen Galloway und Luing würden nicht nur wertvolle, sondern auch weniger wertvolle Teilstücke anfallen. Die Situation auf dem Rindermarkt sei auch im Jahre 1990 durch eine Überproduktion von Rindfleisch und ein Stagnieren des Verzehrs gekennzeichnet, sodaß stabile Marktverhältnisse nur dadurch erhalten werden könnten, daß Zucht-, Nutz- und Schlachtrinder in großem Umfang (mit hohen staatlichen Stützungen) exportiert würden (im Jahre 1990 rund 310.000 Stück). Bei Erteilung der vom Beschwerdeführer beantragten Bewilligung würden sich "die Chancen der bäuerlichen Betriebe unter der Grenze der Bewilligungspflicht verringern".
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der durch weitere Schriftsätze ergänzte Antrag des Beschwerdeführers vom 19. September 1990 "gemäß § 13 Abs. 1 bis 3 Z. 1 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl. Nr. 621, in der Fassung BGBl. Nr. 264/1984, 325/1987, 332/1988 und 358/1989," abgewiesen. Dies nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften im wesentlichen mit der Begründung, daß das Viehwirtschaftsgesetz bei keiner der darin genannten Tierarten eine Unterscheidung nach Rassen treffe. Die vom Beschwerdeführer für zulässig erachtete Erteilung der beantragten Tierhaltungsbewilligung unter Bedingungen und Auflagen finde in den maßgebenden Rechtsvorschriften keine Grundlage und sei überdies "in der Folge" nicht durchsetzbar. Die "Verwendung einer bestimmten Rinderrasse zur Fleischproduktion" sei noch kein Garant dafür, daß tatsächlich qualitativ hochwertiges Rindfleisch erzeugt werde. Zudem würden bei der Rindfleischerzeugung gleichzeitig mit wertvollen Teilstücken (z.B. Lungenbraten) auch qualitativ minderwertige Teile (z.B. Wade, Rippe) anfallen. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, daß sich die Rindfleischimporte hauptsächlich auf Lungenbraten und US-Rindfleisch (Steaks) konzentrierten und hauptsächlich aus internationalen Verpflichtungen Österreichs ergäben (siehe hiezu BGBl. Nr. 17/1980). Die Entwicklung der inländischen Rinderhaltung sei durch eine sinkende Zahl der Rinderhaltung und eine leicht ansteigende Stückzahl des Rinderbestandes gekennzeichnet. Auf Grund der dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Daten sei davon auszugehen, daß sich die Anzahl der Rinderhalter im Zeitraum von 1970 bis 1990 von 245.075 auf 138.747 Betriebe reduziert habe, wobei der Rinderbestand im gleichen Zeitraum von 2,468.266 auf 2,583.914 Stück gestiegen sei. Außerdem sei dem Beschwerdeführer schlüssig und mit Zahlenmaterial belegt dargestellt worden, daß der Pro-Kopf-Verbrauch an Rindfleisch nach einer Phase des Anstieges und einem Höhepunkt im Jahre 1975/76 (23,0 kg/Jahr) nunmehr sinke und seit dem Jahr 1988/89 bei 19,5 kg/Jahr stagniere. Der hohe Gesamtrinderbestand habe auch im Jahre 1989/90 zu einer Rindfleischüberproduktion geführt (die heimische Produktion hätte 131 % des Verbrauches betragen), sodaß Exporte erforderlich gewesen seien, da auch der Rind- und Kalbfleischverzehr stagniert habe. Der Export von Zucht-, Nutz- und Schlachtrindern (lebend) sowie von Rindfleisch habe im Jahr 1990 rund 294.00 Stück (statt 310.000 Stück, wie in der Stellungnahme der Abteilung II C 13 des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Februar 1991 erwähnt) betragen, was hohe staatliche Stützungen erfordert habe. Jegliche Ausdehnung in diesem Bereich würde zu einer weiteren Verschärfung der Marktverhältnisse und zu einer Erhöhung des Finanzierungsaufwandes für die Exportverwertung führen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Erteilung der von ihm beantragten Tierhaltungsbewilligung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 VWG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1988, BGBl. Nr. 332, dürfen Inhaber von Betrieben ohne Bewilligung folgende Tierbestände halten:
1.
400 Mastschweine
2.
50 Zuchtsauen
3.
130 Mastkälber
4.
30 Kühe
5.
100 männliche Mastrinder 6. 22.000 Masthühner
7. 10.000 Legehennen
8. 22.000 Junghennen
9. 8.000 Truthühner.
Abweichend von Z 4 dürfen auf Betrieben ohne Einzelrichtmenge (§ 73 des Marktordnungsgesetzes 1985) 50 Kühe gehalten werden, wobei allfällige Milcherzeugungsverbote aufgrund des Marktordnungsgesetzes unberührt bleiben. Jeder der genannten Bestände entspricht - abzüglich der insgesamt hinsichtlich der Z 3 und 5 höchstzulässigen Anzahl an Jungrindern, die als Nachzucht gelten - dem höchstzulässigen Gesamtbestand von 100 %; werden mehrere dieser Tierarten gehalten, so dürfen die Bestände - abzüglich der insgesamt hinsichtlich der Z 3 und 5 höchstzulässigen Anzahl an Jungrindern, die als Nachzucht gelten - insgesamt nicht mehr als 100 % betragen.
Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. ist für das Halten größerer Tierbestände als nach Abs. 1 eine Bewilligung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft erforderlich. Sie darf nur erteilt werden, wenn dadurch die Erhaltung einer bäuerlichen Veredelungsproduktion nicht gefährdet wird und stabile Verhältnisse auf den betroffenen Märkten gewährleistet erscheinen. Die Bewilligung hat sich auf bestimmte Tierarten mit der Wirkung zu beschränken, daß keine gegenseitige Aufrechnung mehrerer bewilligter Tierarten zulässig ist und das Halten auch anderer in Abs. 1 genannter Tiere durch den selben Betriebsinhaber - ausgenommen Bestände bis zu 2 vH der aus Abs. 1 sich ergebender Größen - nicht zulässig ist. Vor Erteilung einer Bewilligung nach dieser Bestimmung ist die Stellungnahme der zuständigen Landes-Landwirtschaftskammer, vor Erteilung der Bewilligung zum Halten von Schweinen, Mastkälbern, Kühen oder männlichen Mastrindern auch eine Stellungnahme der Kommission und vor Erteilung der Bewilligung zum Halten von Geflügel auch eine Stellungnahme des Beirates gemäß § 9 des Geflügelwirtschaftsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 579/1987, in der jeweils geltenden Fassung, einzuholen.
Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob die Erteilung einer auf bestimmte Rinderrassen eingeschränkten Tierhaltungsbewilligung, wie sie der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren angestrebt hat, auf dem Boden der eben wiedergegebenen Gesetzesstellen überhaupt zulässig wäre, steht doch vorliegendenfalls unbestrittenermaßen fest, daß bei der Verwertung der Rinderrassen Galloway und Luing nicht nur hochwertiges Fleisch anfiele, dem keine Konkurrenz aus der Inlandsproduktion gegenüberstünde, sondern auch "normales" Fleisch, welches durchaus mit dem Fleisch von inländischen Rindern anderer Tierrassen auf dem Markt konkurrieren würde. Daraus folgt aber, daß unter den von der belangten Behörde unbestritten festgestellten Verhältnissen auf dem (Rinder-)Markt durch die Erteilung der vom Beschwerdeführer beantragten Tierhaltungsbewilligung eine Gefährdung der bäuerlichen Veredelungsproduktion eingetreten wäre bzw. stabile Verhältnisse auf diesem Markt nicht gewährleistet erschienen.
Zum Hinweis des Beschwerdeführers, die Chancen zur Erhaltung eines gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes lägen in der Wahrnehmung von Marktsegmenten bzw. Marktlücken durch landwirtschaftliche Betriebe, ist zu bemerken, daß dafür nur insofern Raum ist, als dem geltende Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen.
Aus diesen Erwägungen vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes darin zu erblicken, daß die belangte Behörde die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der vom Beschwerdeführer beantragten Tierhaltungsbewilligung nicht als gegeben angesehen und demnach diesen Antrag abgewiesen hat.
Im Hinblick auf die schon erwähnten Wirkungen der vom Beschwerdeführer beantragten Tierhaltungsbewilligung auf den Rindermarkt vermag der Verwaltungsgerichtshof auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel zu erkennen.
Somit mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991170116.X00Im RIS seit
20.11.2000