TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/26 91/17/0013

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Veröffentlicht am 26.03.1993
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Index

25/01 Strafprozess;
27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

GEG §1;
GEG §14 Abs1;
GEG §6;
GEG §7 Abs1;
StPO 1975 §389;
StPO 1975 §390 Abs1;
StPO 1975 §391;
StPO 1975 §392;
StPO 1975 §395a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. Oktober 1990, Zl. Jv 7061-33/90, betreffend Einhebung von Pauschalkosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen im Betrag von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte am 15. April 1988 beim Strafbezirksgericht Wien zu 1 U 514/88 einen von diesem Gericht als Privatanklage wegen des Vergehens der üblen Nachrede gemäß § 111 StGB qualifizierten Schriftsatz ein. Gleichzeitig beantragte er unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses die Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Mit Beschluß des genannten Gerichtes vom 20. April 1988, ON 3, wurde die Einleitung des Verfahrens abgelehnt und das Verfahren gemäß § 451 Abs. 2 StPO eingestellt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer gemäß § 390 Abs. 1 StPO die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Den dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerden gab das Landesgericht für Strafsachen Wien als Beschwerdegericht mit Beschluß vom 11. Mai 1988, ON 8, nicht Folge. Mit Beschluß vom 25. Mai 1988, ON 10, wies das Strafbezirksgericht Wien den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab.

Mit Zahlungsauftrag vom 3. November 1988 veranlaßte der Kostenbeamte des Strafbezirksgerichtes Wien beim Beschwerdeführer die Einbringung der Eingabengebühren nach Tarifpost 13a GGG in Höhe von S 600,-- sowie unter der Bezeichnung "Erhöhung gem. § 31/1 lit. a GGG" eines weiteren Betrages von S 300,-- zuzüglich der Einhebungsgebühr nach § 6 GEG in Höhe von S 50,--, zusammen also eines Betrages von S 950,--. Mit Bescheid vom 9. März 1989 gab der Präsident des Landesgerichtes für Strafsachen dem dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berichtigungsantrag keine Folge.

Mit hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 89/16/0145, wurde die dagegen erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Mit weiterem Zahlungsauftrag vom 25. August 1988 hatte der Kostenbeamte inzwischen beim Beschwerdeführer die Einhebung der Pauschalkosten "gem. § 236 Geo u. § 381 StPO." im Betrag von S 600,-- zuzüglich der Einhebungsgebühr von S 50,-- gemäß § 6 GEG veranlaßt. Hiebei hatte sich der Kostenbeamte offenkundig auf die im Akt 1 U 514/88 unter ON 14 ersichtliche Verfügung vom 22. Juli 1988 gestützt, die erkennbar von dem das Verfahren führenden Richter unterfertigt ist und folgenden Wortlaut aufweist:

"...

2. PK Einheben S 600,-, F 51-168/88"

Laut dem im Akt bei ON 14 befindlichen Rückschein war dem Beschwerdeführer unter anderem "F 51" am 5. August 1988 zugestellt worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes für Strafsachen Wien dem gegen den Zahlungsauftrag vom 25. August 1988 erhobenen Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers keine Folge. Er begründete dies im wesentlichen damit, daß am 22. Juli 1988 die Pauschalkosten in der Höhe von S 600,-- bestimmt worden seien. Die seitens des Zahlungspflichtigen gegen diesen "Beschluß" erhobene Beschwerde sei mit Beschluß des Landesgerichtes Wien vom 12. Oktober 1988 als unzulässig zurückgewiesen worden. In seinem Berichtigungsantrag bringe der Beschwerdeführer unter anderem vor, es sei ihm unklar, warum der Zahlungsauftrag Vorschreibungen von einmal S 650,-- und einmal S 900,-- beinhalte. Die Berichtigung eines Zahlungsauftrages gemäß § 7 GEG könne jedoch nur dann verlangt werden, wenn die Zahlungsfrist unrichtig angegeben sei oder wenn er der ihm zugrundeliegenden Entscheidung nicht entspreche. Der gegenständliche Zahlungsauftrag entspreche der oben angeführten Kostenentscheidung; der Beschwerdeführer verwechsle die Vorschreibung der Pauschalkosten mit jener der Eingabengebühr für die Privatanklage und den damit verbundenen Erhöhungsbeitrag. Hiezu werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1990, Zl. 89/16/0145, verwiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, zur Entrichtung der Pauschalkosten nicht herangezogen zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Mit Entscheidung vom 26. November 1991, Zl. 11 Os 138/91-5, sprach der Oberste Gerichtshof auf Grund einer von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes aus, durch die in Punkt 2 der Verfügung des Strafbezirksgerichtes vom 22. Juli 1988, GZ 1 U 514/88-14, vorgenommene Bestimmung eines Pauschalkostenbeitrages sei das Gesetz im § 381 Abs. 4, letzter Satz, StPO verletzt worden. Die genannte Verfügung werde im Umfang der Bestimmung eines Pauschalkostenbeitrages aufgehoben. Gemäß § 381 Abs. 4 letzter Satz StPO sei im Verfahren vor den Bezirksgerichten auf Grund einer Privatanklage ein Pauschalkostenbeitrag (§ 381 Abs. 1 Z. 1 StPO) nicht zu bestimmen, wenn wie hier keine Hauptverhandlung stattgefunden habe und auch keine Zeugen- oder Sachverständigengebühren aufgelaufen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird das Strafverfahren auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis beendigt, so sind gemäß § 390 Abs. 1 StPO die Kosten in der Regel vom Bunde zu tragen. Soweit aber das Strafverfahren auf Begehren eines Privatanklägers oder gemäß § 48 lediglich auf Antrag des Privatbeteiligten stattgefunden hat, ist diesen der Ersatz aller infolge ihres Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen.

Gemäß § 395a leg. cit. obliegen alle nach den Bestimmungen dieses Hauptstückes zu fassenden Beschlüsse außerhalb der Hauptverhandlung dem Vorsitzenden (bei Bezirksgerichten gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. dem Einzelrichter).

Gemäß § 7 Abs. 1 GEG 1962, BGBl. Nr. 288, idF. Art. II Z. 9 der Novelle BGBl. Nr. 501/1984 und Art. II Z. 2 der Novelle BGBl. Nr. 646/1987, kann der Zahlungspflichtige, wenn er sich durch den Inhalt des Zahlungsauftrages beschwert erachtet, binnen 14 Tagen dessen Berichtigung verlangen. Der Berichtigungsantrag ist bei dem Gericht einzubringen, dessen Kostenbeamter den Zahlungsauftrag erlassen hat. In Ansehung von Beträgen, die in Durchführung einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes in den Zahlungsauftrag aufgenommen wurden, gilt dies jedoch nur dann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder wenn der Zahlungsauftrag der ihm zugrundeliegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht.

Der Beschwerdeführer meint, die in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 501/1984 noch enthaltene Beschränkung jener Gründe, aus welchen die Berichtigung eines Zahlungsauftrages verlangt werden könne, sei in der Fassung BGBl. Nr. 646/1987 nicht enthalten. Er übersieht hiebei, daß durch Art. II Z. 2 der Novelle BGBl. Nr. 646/1987 nur die beiden ersten Sätze des § 7 Abs. 1 GEG geändert wurden, der weitere Wortlaut dieses Absatzes jedoch unverändert blieb.

Wenn der Beschwerdeführer weiters vorbringt, Voraussetzung für eine Kostenersatzpflicht des Privatanklägers sei, daß ein Strafverfahren überhaupt stattgefunden habe, so ist dies im Sinne der oben erwähnten Entscheidung des OGH vom 26. November 1991, Zl. 11 Os 138/91-5, zwar zutreffend, doch hat der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren nicht darüber zu erkennen, ob und allenfalls in welcher Höhe den Beschwerdeführer eine Ersatzpflicht für die Kosten des Strafverfahrens trifft. Vielmehr erweist sich der angefochtene Bescheid bereits aus folgendem, vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten Grund als rechtswidrig:

Nach Lehre und Rechtsprechung ist gemäß § 389 Abs. 1 StPO, wenn der Angeklagte einer strafbaren Handlung schuldig erkannt wurde, in der Entscheidung zugleich die ALLGEMEINE Verpflichtung auszudrücken, daß er auch die Kosten des Strafverfahrens zu ersetzen habe. Welche Kosten den Verurteilten aber im einzelnen treffen, hat nach den Abs. 2 und 3 des § 389 StPO der Gerichtshof in einem gesonderten, nach § 392 StPO anfechtbaren Beschluß zu entscheiden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Februar 1975, Slg. Nr. 4793/F, mit weiteren Hinweisen, sowie die Erkenntnisse vom 16. November 1984, Zl. 84/17/0159, und vom 16. Oktober 1982, Zl. 92/17/0229). Dasselbe gilt auch für den hier gegebenen Fall, in welchem das Strafgericht (mit Beschluß vom 20. April 1988) dem Beschwerdeführer gemäß § 390 Abs. 1 StPO lediglich GRUNDSÄTZLICH den Ersatz der Verfahrenskosten aufgetragen hat. Erst nach Rechtskraft der grundsätzlichen Verpflichtung zum Kostenersatz ist in einem so gelagerten Fall, wenn die Voraussetzungen für eine Uneinbringlicherklärung der Kosten nach § 391 StPO nicht vorliegen, durch den Vorsitzenden bzw. Einzelrichter (§ 395a StPO) ein Kostenbestimmungsbeschluß zu fassen, in welchem unter anderem ziffernmäßig festzuhalten ist, welchen Pauschalkostenbeitrag der Zahlungspflichtige zu zahlen hat (vgl. Foregger-Kodek, Die österreichische Strafprozeßordnung, Kurzkommentar5, Seite 517).

Ein solcher BESCHLUß ist im gegenständlichen Strafverfahren entgegen der Auffassung der belangten Behörde NICHT ergangen. Die richterliche Verfügung vom 22. Juli 1988 vermag einen solchen Beschluß nicht zu ersetzen, zumal mit dieser Verfügung lediglich die Einhebung der mit S 600,-- bezifferten Pauschalkosten mittels einer ZAHLUNGSAUFFORDERUNG nach § 14 GEG 1962 idF. Art. II Z. 17 BGBl. Nr. 501/1984 angeordnet wurde (vgl. hiezu § 217 Abs. 1 Geo, wonach die Zahlungsaufforderung mittels GeoForm Nr. 51 zu erlassen ist). Da ein KostenbestimmungsBESCHLUß nicht ergangen ist, erweist sich auch der Hinweis der belangten Behörde auf § 7 dritter Satz GEG als verfehlt; dies ganz abgesehen davon, daß die Behauptung im angefochtenen Bescheid, eine seitens des Beschwerdeführers gegen den "Beschluß" vom 22. Juli 1988 erhobene Beschwerde sei mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. Oktober 1988 als unzulässig zurückgewiesen worden, aktenwidrig ist. Der Beschwerdeführer hat gegen die Zahlungsaufforderung laut Verfügung vom 22. Juli 1988 keineswegs Beschwerde erhoben und konnte dies rechtens auch gar nicht tun; mit dem Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. Oktober 1988 wurde in Wahrheit eine neuerliche Beschwerde des Beschwerdeführers gegen einen Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Beschwerdegericht vom 11. Mai 1988 als unzulässig zurückgewiesen.

Da die belangte Behörde die Rechtslage im aufgezeigten Sinn verkannte, war ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991170013.X00

Im RIS seit

05.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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